Erklärung des Generalfeldmarschalls von Hindenburg vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß ["Dolchstoßlegende"], 18. November 1919

Zusammenfassung

Die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg, der Zusammenbruch der bestehenden Ordnung sowie die Bedingungen des Versailler Friedensvertrages und die damit verbundene Beschuldigung, die Kriegskatastrophe entfesselt zu haben, waren eine schwere Hypothek für die erste deutsche Demokratie. Kein Wunder, daß man nach einer für alle sozialen Gruppen akzeptablen Erklärung des Geschehens suchte. Das Erklärungsmuster, welches bereits gegen Ende des Krieges entworfen worden war, erhielt durch die Erklärung des Generalfeldmarschalls Hindenburg in der öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses am 18. November 1919 seinen quasi-offiziellen Segen. Der berühmte Feldherr des Ersten Weltkrieges sprach die deutschen Militärs von der Verantwortung für den Kriegsausbruch und von der Schmach der Niederlage frei, indem er behauptete, Politiker im Hinterland, Parteifunktionäre und Revolutionäre hätten der Armee einen verräterischen Dolchstoß in den Rücken versetzt und auf diese Weise das deutsche Volk um den verdienten Sieg gebracht. Von 1919 bis 1933 trug die Dolchstoßlegende zur Destabilisierung der politischen Lage in der Weimarer Republik bei und wurde von politischen Kräften unterschiedlicher Couleur erfolgreich als Kampfmittel gegen die neue Staatsform und ihre Vertreter eingesetzt.