Frank Beyer, Spur der Steine, DEFA 1966

Zusammenfassung

Der DEFA-Spielfilm Spur der Steine erlebte im Jahr 1966 nur wenige Aufführungen – dann wurde er verboten. Die Hardliner in der SED befürchteten, der Film könne die Autorität der Partei untergraben. Zu widerspenstig und eigenwillig waren die Hauptpersonen und zu dogmatisch, herzlos und unfähig zeigten sich die Funktionäre. Doch das Verbot brachte nicht die gewünschte Wirkung: Die Zuschauer bemerkten selbstverständlich, dass einige Filme, über deren Dreharbeiten in der Presse berichtet worden war, nicht aufgeführt wurden. Die Berichte von den wenigen, die den Film Spur der Steine im Sommer 1966 gesehen hatten, verbreiteten sich in den folgenden 20 Jahren. Und im Herbst 1989 – fast als Symbol des Sieges über die Vorherrschaft der SED – wurde der Film wieder aufgeführt. Er gilt zu Recht bis heute als einer der Klassiker der DEFA. Nicht nur, weil er ein frecher, schwungvoller Film ist – sondern auch, weil er eine vielschichtige Analyse der real existierenden Probleme des sozialistischen Aufbaus ist. Der Film – und die zahlreichen im Bundesarchiv bewahrten Quellen zu seiner Entstehung – beweisen, dass die Strategie der SED, über Verbot, Kontrolle und Ausbürgerung die Bürger für den Sozialismus zu gewinnen und Proteste zu beherrschen, nicht erfolgreich gewesen ist. Spur der Steine veranschaulicht, wie vielfältig in der ostdeutschen Gesellschaft die Vorstellungen vom Aufbau eines anderen Deutschlands gewesen sind – und wie rigide die Parteispitze die eigenen engstirnigen Vorstellungen durchgesetzt hat. Dass sie dabei die Wirkung von Verboten maßlos überschätzt und die Strahlkraft des von ihr zum Propagandamedium herabgewürdigten Films unterschätzt hat – das macht Spur der Steine zu einem Schlüsseldokument zum Verständnis der Diktatur in der DDR. Er belegt aber auch, dass es keine einfachen Antworten gibt, wie Diktaturen funktionieren – oder nicht. Denn immer sind es Individuen, die kooperieren, verraten, reformieren oder sich widersetzen.