Das Grundgesetz (Verfassung) der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, 31. Januar 1924

Zusammenfassung

Am 6. Juli 1923 verabschiedete die II. Sitzung des Zentralen Exekutivkomitees (CIK) der UdSSR die erste sowjetische Verfassung. Dieser staatsrechtliche Akt krönte alle bisherigen Bemühungen der bolschewistischen Partei- und Staatsführung in Moskau um die politische und wirtschaftliche Eingliederung der ehemaligen nationalen Regionen des Russischen Reiches in ihren Machtbereich. Zugleich stellte er einen weiteren Schritt in der Revision der nationalstaatlichen Emanzipationsprozesse dar, die in den Jahren der Revolution und des Bürgerkrieges Platz gegriffen hatten. Die Verfassung von 1923/24 legte die Prinzipien und Strukturen des territorialstaatlichen und politischen Aufbaus der Sowjetunion sowie die Kompetenzen der zentralen Machtorgane und der einzelnen Unionsrepubliken fest. Obwohl sie ihrer Verpflichtung auf das Prinzip des föderativen Aufbaus Nachdruck verlieh, sprach die verfassungspolitische Praxis des folgenden Jahrzehnts dafür, daß in der UdSSR eine Zentralisierung der politischen Strukturen und Entscheidungsprozesse stattfand und die RSFSR die Führungsrolle gegenüber anderen Unionsrepubliken übernahm. Die Verfassung von 1924 wurde erst durch die neue "Stalin-Verfassung" vom 5. Dezember 1936 ersetzt.