Regierungserklärung Grotewohls zur Note der Sowjetregierung an die Westmächte über den Friedensvertrag mit Deutschland vor der DDR-Volkskammer, 14. März 1952

Regierungserklärung zur Note der Sowjetregierung an die Westmächte über den Friedensvertrag mit Deutschland, 14. März 1952

Das Präsidium der Volkskammer hat Sie, als die gewählten Vertreter des Volkes, zusammengerufen, um in einer neuen Situation zu den Schicksalsfragen der deutschen Nation und zu den Fragen der Sicherung des Friedens in Europa Stellung zu nehmen. Die am Dienstag veröffentlichte GlossarNote der Sowjetregierung an die Westmächte und der gleichzeitig unterbreitete Entwurf der Sowjetregierung für einen Friedensvertrag mit Deutschland hat die Lage in internationalem Maßstabe, wie auch für das deutsche Volk, grundlegend geändert.

Während die Aufrüstungskonferenzen und Aufrüstungsmaßnahmen der Westmächte die unruhvolle Spannung in der Welt immer mehr steigern, während die regierenden Kreise in Westdeutschland gegen den eindeutig geäußerten Willen des deutschen Volkes unbeirrt ihre verbrecherischen Kriegspläne weiterverfolgen und damit Deutschland in den Herd eines Bruderkrieges verwandeln wollen, kommt aus Moskau der klar formulierte Vorschlag der friedlichen Lösung des Deutschlandproblems und der Sicherung des europäischen Friedens, ein Vorschlag, der bei gutem Willen sofort eine Lösung der dringenden Probleme Europas möglich macht.

Mit diesen Vorschlägen der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist der Kampf um den Abschluß eines Friedensvertrages und damit im Zusammenhang der Kampf um die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands in ein höheres Stadium eingetreten.

Wenn die Inspiratoren eines neuen Weltkrieges, die zugleich die Feinde der deutschen Einheit sind, trotz besseren Wissens immer wieder die Ausrede vorbrachten, die Sowjetregierung habe sich zu den Fragen des Friedensvertrages und der deutschen Einheit bisher nicht geäußert, so hat mit der jüngsten Note der Sowjetregierung diese Ausrede auch den letzten Schein einer Begründung verloren. Die Sowjetregierung hat ihre früheren zustimmenden Erklärungen in ihrer Note vom 10. März so eindeutig unterstrichen, daß nunmehr weder die Westmächte noch Bonn einer klaren Antwort ausweichen können.

In den ersten Kommentaren der westlichen Regierungskreise wie auch der amerikahörigen Presse wird die Note und der Entwurf der Sowjetregierung als ein "Manöver" bezeichnet, das den Zweck befolgt, die Eingliederung Westdeutschlands in die Glossar"europäische Integration", den GlossarGeneralvertrag und die Errichtung einer faschistischen Wehrmacht in Westdeutschland zu verhindern.

Aber das ist doch kein Manöver, sondern der offen und ehrlich geäußerte Wille der Sowjetregierung. In dem Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland heißt es doch ausdrücklich:

"Die Notwendigkeit, den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland zu beschleunigen, wird dadurch diktiert, daß die Gefahr einer Wiederherstellung des deutschen Militarismus, der zwei Weltkriege entfesselt hat, nicht beseitigt ist, weil die entsprechenden Beschlüsse der GlossarPotsdamer Konferenz immer noch nicht durchgeführt sind. Ein Friedensvertrag mit Deutschland soll gewährleisten, daß ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus und einer deutschen Aggression unmöglich wird."1

Es geht der Sowjetregierung in der Tat darum, ein Wiederaufleben des deutschen Militarismus und einer deutschen Aggression unmöglich zu machen. Es geht ihr darum, eine friedliche Lösung der Deutschlandfrage herbeizuführen und damit den Frieden in Europa zu festigen und zu sichern.

In diesem Bestreben kann sich die Sowjetregierung der vorbehaltlosen und energischen Unterstützung aller friedliebenden Deutschen und darüber hinaus aller friedfertigen Menschen in Europa sicher sein! Denn die friedliche Lösung der deutschen Frage bedeutet die Sicherung des Friedens in Europa.

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat bereits in ihrem Briefe vom 13. Februar 1952, in dem sie die Initiative zum beschleunigten Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland ergriff, darauf hingewiesen, daß der Friedensvertrag "die friedliche Entwicklung des deutschen Staates ermöglichen und im Einklang mit den nationalen Interessen des deutschen Volkes den Frieden in Europa erhalten und sichern"2 würde. Leider hat die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik auf ihre Bitte zum beschleunigten Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland von den Westmächten eine Antwort noch nicht erhalten. Auch die Bonner Regierung hat sich diesem Appell bis jetzt nicht angeschlossen. Das ablehnende Schweigen auf diesen Appell ist von den Massen des deutschen Volkes mit Recht als das Eingeständnis dafür empfunden worden, daß die Westmächte und die Bonner Regierung den Abschluß eines Friedensvertrages zu verhindern suchen, um durch den Abschluß des Generalvertrages ihre Aggressionspläne zur Bedrohung des europäischen Friedens voranzutreiben.

Mit größter Dankbarkeit und Genugtuung haben die deutschen Patrioten und die friedliebenden Menschen in allen europäischen Ländern daher von der zustimmenden Antwort der Sowjetregierung vom 20. Februar auf den Brief der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik Kenntnis genommen, in dem die Sowjetregierung wiederum betont, "daß der Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland für die Festigung des Friedens in Europa die größte Bedeutung hat"3.

In dem gleichen Antwortschreiben hatte die Sowjetregierung zugesichert, sie will

"ihrerseits alles, was möglich ist, tun, um den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland und die Wiederherstellung der Einheit des deutschen Staates zu beschleunigen"4.

Es sind noch keine drei Wochen verstrichen, und schon hat die Sowjetregierung ihr Versprechen erfüllt und mit ihrem Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland den entscheidenden Schritt zur praktischen Verwirklichung der Ziele getan, die in dem Brief der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik vom 13. Februar gesteckt wurden.

Die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken erklärt in ihrer Note an die drei Westmächte, daß sie

"das Schreiben der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik mit der an die vier Mächte gerichteten Bitte um Beschleunigung des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland unterstützt"5.

Sie kleidet diese Unterstützung in den konkreten Vorschlag an die Großmächte, unverzüglich die Frage eines Friedensvertrages mit Deutschland zu erwägen, damit in nächster Zeit ein vereinbarter Friedensvertragsentwurf vorbereitet und einer entsprechenden internationalen Konferenz unter Beteiligung aller interessierten Staaten zur Prüfung vorgelegt wird. Gleichzeitig erklärt es die Sowjetregierung für selbstverständlich, daß ein solcher Friedensvertrag unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung, ausgearbeitet werden soll.

Damit hat der Kampf der deutschen Patrioten um den beschleunigten Abschluß eines Friedensvertrages und die Wiederherstellung der Einheit des deutschen Staates eine so tatkräftige und wirksame Unterstützung erfahren, wie sie die kühnsten Erwartungen nicht zu erhoffen wagten. Wiederum hat sich das Sowjetvolk in historischer Stunde als der gute und treue Freund des deutschen Volkes erwiesen. Ich spreche im Namen aller deutschen Patrioten, die sich nach Frieden und Einheit für ihr Vaterland sehnen, wenn ich von dieser Stelle aus dem Sowjetvolk und der Sowjetregierung für diese große Hilfe unseren tief empfundenen Dank ausspreche.

Die selbstlose Freundschaft der Sowjetunion zum deutschen Volke findet besonders in der Tatsache ihren Ausdruck, daß das deutsche Volk in der Note der Sowjetregierung und in ihrem Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland als gleichberechtigter Partner behandelt wird. Nach dem ersten Weltkriege wurde dem deutschen Volke der GlossarVersailler Vertrag, an dessen Ausarbeitung kein Deutscher beteiligt war, diktiert. Nach dem zweiten Weltkrieg haben die imperialistischen Westmächte den Generalvertrag und die Zusatzabkommen im Dunkel der Geheimdiplomatie ausgebrütet und versuchen, diese verderbenbringenden Pläne der westdeutschen Bevölkerung aufzuzwingen, ohne daß bevollmächtigte Vertreter des deutschen Volkes seine Interessen wahrnehmen können. Da wo sie es konnten, geschah es lediglich in der Weise, daß an den Formalien dieses zum Vernichtungskriege führenden Vertragswerkes Kritik geübt wurde. Die wirklichen Zusammenhänge wurden der westdeutschen Bevölkerung nur von der Kommunistischen Partei Deutschlands aufgedeckt.

Die Note der Sowjetregierung betont ausdrücklich, daß die Ausarbeitung des Friedensvertrages unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung, erfolgen soll. In dieser Forderung findet die Achtung des Sowjetvolkes vor dem deutschen Volke ihren Ausdruck, die GlossarStalin bereits zu einer Zeit erklärt hat, als die Westmächte Pläne zur Vernichtung Deutschlands verfolgten. Auch hieran ermessen wir, wer unser wirklicher Freund ist.

In den Erklärungen und Kommentaren zu der Note und dem Entwurf der Sowjetregierung wurde von westlicher Seite auch die Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck gebracht, daß der sowjetische Vorschlag auf der Grundlage des GlossarPotsdamer Abkommens beruht. Auch in diesen Kommentaren zeigt sich nur der Wille, den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland hinauszuschieben und die Spaltung Deutschlands aufrechtzuerhalten. Denn es gibt keine andere völkerrechtsgültige Grundlage für die Regelung der deutschen Frage als das Potsdamer Abkommen, das neben der Unterschrift von Stalin die Unterschriften von GlossarTruman und GlossarAttlee trägt und an dessen Ausarbeitung auch der derzeitige Premierminister GlossarWinston Churchill mitgearbeitet hat. Alle einseitigen separaten Abkommen, die von GlossarAdenauer im Namen der Bundesregierung unterzeichnet oder auch vom Bundestag bestätigt wurden, wie beispielsweise der GlossarSchumanplan, besitzen für Gesamtdeutschland keinerlei völkerrechtliche Gültigkeit. Sie werden vom deutschen Volke niemals anerkannt werden! Der Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland und die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands kann keine andere Rechtsgrundlage haben als das Potsdamer Abkommen.

Die von der Sowjetregierung vorgeschlagenen "Grundlagen des Friedensvertrages mit Deutschland" stellen den konkreten Weg dar, auf dem rasch eine friedliche Lösung der deutschen Frage herbeigeführt werden kann. Sie bieten die Möglichkeit, den seit sieben Jahren andauernden unnormalen Zustand zu beenden, daß Deutschland noch immer keinen Friedensvertrag hat. Sie ermöglichen es, die Spaltung Deutschlands zu überwinden und das deutsche Volk aus seiner unhaltbaren Lage als nicht gleichberechtigte Nation herauszuführen. Gleichzeitig entsprechen die von der Sowjetregierung vorgeschlagenen Grundlagen eines Friedensvertrages den elementarsten Lebensinteressen der überwältigenden Mehrheit des deutschen Volkes selbst. Sie bieten dem deutschen Volke die Möglichkeit, den Weg des friedlichen Aufstieges zu Wohlstand und Glück zu beschreiten.

Die politischen Leitsätze fordern die Beseitigung der Spaltung und die Wiederherstellung des einheitlichen deutschen Staates, der die Möglichkeit hat, sich als unabhängiger, demokratischer und friedliebender Staat zu entwickeln.

Man kann keinen Friedensvertrag mit Deutschland abschließen, ohne die Einheit Deutschlands wieder hergestellt zu haben. Zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf friedlichem Wege ist das gegenseitige Verständnis unter den Deutschen selbst notwendig. Freie Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung sind der kürzeste Weg zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. Entwürfe von Wahlgesetzen zur Durchführung gesamtdeutscher demokratischer Wahlen sind schon vorhanden, und in vielen grundlegenden Fragen stimmen diese Entwürfe sogar überein. Es besteht also die reale Möglichkeit, die Einheit Deutschlands wiederherzustellen, freie demokratische Wahlen in ganz Deutschland durchzuführen und eine demokratische gesamtdeutsche Regierung zu bilden, die an der Vorbereitung und Unterzeichnung des Friedensvertrages teilnehmen könnte.

Der Entwurf der Grundlagen eines Friedensvertrages mit Deutschland, den die Sowjetregierung entworfen hat, sieht nicht nur die Beseitigung der zur Zeit bestehenden Spaltung Deutschlands vor, sondern auch die Festigung seiner staatlichen Einheit auf friedlichen und demokratischen Grundlagen. Dem deutschen Volk ist die Idee der Einheit und des Friedens unter den Völkern eine hohe Verpflichtung und eine teure Erkenntnis. Die friedliche Vereinigung Deutschlands, die nach dem Willen des deutschen Volkes durchgeführt und durch die Beschlüsse eines Friedensvertrages gefestigt würde, wäre ein mächtiger Schlag gegen die Pläne der Vorbereitung und Entfesselung eines Krieges in Europa und ein bedeutender Beitrag zur Sache der Sicherung eines festen und dauerhaften Friedens unter den Völkern.

Diese Grundlage entspricht den Forderungen der deutschen Patrioten, die seit Jahren um die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage kämpfen und drückt das elementarste Lebensinteresse des deutschen Volkes aus.

Auch die Forderung auf Abzug sämtlicher Streitkräfte der Besatzungsmächte aus Deutschland innerhalb eines Jahres und auf Liquidierung aller ausländischen Militärstützpunkte auf deutschem Territorium entspricht dem tiefen Sehnen des deutschen Volkes.

Wo findet sich ein Deutscher, der nicht aus vollem Herzen dieser Forderung zustimmen würde? Besonders die westdeutsche Bevölkerung, der immer größere Besatzungskosten aufgebürdet werden und die die entwürdigende Einmischung der Besatzungstruppen in die inneren deutschen Angelegenheiten immer drückender empfindet, wird diese Forderung des sowjetischen Vorschlages aufs wärmste begrüßen.

Die in dem Vorschlag der Sowjetregierung enthaltenen Forderungen auf die demokratische Gestaltung des einheitlichen Deutschlands entsprechen nicht nur den Bedingungen des Potsdamer Abkommens, sondern sind selbstverständliche Forderungen jedes demokratisch empfindenden Menschen und jedes demokratischen Staates. Wenn die Gegner des Friedens und der Einheit Deutschlands immer wieder die Lüge kolportieren, in der Deutschen Demokratischen Republik gäbe es keine demokratische Freiheit, nur der Westen habe Freiheit und Demokratie gepachtet, so genügt eine einfache Gegenüberstellung der Tatsachen, um den wahren Sachverhalt klarzustellen. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde dem Volke die Möglichkeit gegeben, über die lebenswichtige Frage der Remilitarisierung frei abzustimmen, während in Westdeutschland die Volksbefragung rechtswidrig verboten wurde.

In der Deutschen Demokratischen Republik ist eine Regierung, die vom Vertrauen aller Volkskreise getragen ist, während in Westdeutschland ein Kanzler unter Mißachtung des Volkes und des Parlaments schicksalsschwere Entscheidungen trifft, der seine Legitimation nur aus seiner eigenen Stimme ableitet. In der Deutschen Demokratischen Republik genießt jeder Bürger ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion, die allgemeinen und gleichen demokratischen Rechte und Freiheiten, nur Feinde der Demokratie und des Friedens, Agenten und Saboteure werden in ihrer Freiheit beschränkt. In Westdeutschland hingegen genießen faschistische Kriegsverbrecher und Antisemiten alle Freiheiten und können neue faschistische Parteien bilden, während Friedenskämpfer verfolgt und demokratische Organisationen unterdrückt werden.

Die geschichtliche Erfahrung zeigt, daß die aggressiven militaristischen und faschistischen Kräfte in Deutschland sich nur entwickeln und ihre verbrecherischen, räuberischen Pläne gegen die anderen Völker nur durchführen konnten auf dem Wege der Unterdrückung der demokratischen Freiheiten, auf dem Wege der Entfachung des nationalen und des Rassenhasses unter den Völkern, auf dem Wege der Errichtung einer Diktatur über die erdrückende Mehrheit des Volkes.

Es ist doch für uns alle klar, daß der Militarismus und der Revanchegeist, der in Westdeutschland sein Haupt erhebt, sich bereits jetzt schon wieder auf dem Wege des Angriffs auf die demokratischen Freiheiten des deutschen Volkes befindet. Die verfassungsfeindlichen Handlungen des Bonner Kanzlers Adenauer, der hinter dem Rücken des deutschen Volkes mit den Oberkommissaren Verhandlungen über den Abschluß eines versklavenden und kriegerischen Generalvertrages führt, die Verfolgungen der Anhänger des Friedens und der Demokratie in Westdeutschland zeugen von der Entwicklung zu einer offenen Militärdiktatur. Das zeigt uns aber auch, wie notwendig die Errichtung eines wirklich friedliebenden Deutschlands ist, in dem allen deutschen Bürgern demokratische Freiheiten und die Gleichberechtigung ohne Unterschied der Rassen, des Geschlechts oder der Religion gewährleistet sind und in dem die freie Tätigkeit der demokratischen Parteien und Organisationen sowie die Presse- und Verlagsfreiheit gesichert sein müssen.

Von selbst versteht sich, daß ferner Maßnahmen getroffen werden müssen, die die Tätigkeit von Organisationen, die der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind, ausschalten. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß die Existenz eines solchen friedliebenden und demokratischen Deutschlands den Interessen aller anderen Völker Europas und insbesondere den Interessen seiner Nachbarn, die mehr als einmal unter der räuberischen Aggression des deutschen Imperialismus zu leiden hatten, entspricht. Ich möchte dies insbesondere unterstreichen in bezug auf Frankreich, dessen Volk aus verständlichen Gründen besorgt ist und jeder Möglichkeit der Wiedergeburt Deutschlands als aggressive Kraft vorzubeugen wünscht. Der Weg zur Schaffung eines neuen, friedlichen Deutschlands ist der Weg der Demokratie und der Verhütung der Entwicklung des deutschen Militarismus.

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik begrüßt darum die in dem Entwurf der Sowjetregierung niedergelegten Grundlagen für die demokratische Gestaltung eines einheitlichen Deutschlands, die den Wünschen des deutschen Volkes entsprechen und in der Losung ihren Ausdruck finden:

Einheit in Frieden und Freiheit!

Ebenso begrüßt die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik den Vorschlag, Deutschland die Verpflichtung aufzuerlegen, keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hat.

Auch diese Forderung entspricht den Wünschen des deutschen Volkes, das gewillt ist, den alten Weg der Eroberungskriege zu verlassen und nichts sehnlicher will, als in friedlicher Arbeit die Wunden des Krieges zu heilen und Wohlstand und Glück zu erlangen.

Vom internationalen Rechtsstandpunkt und von unserem eigenen Standpunkt aus ist die Verpflichtung Deutschlands, keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat der Teilnehmer am Friedensvertrag richten, als natürlich und gerecht zu bezeichnen. Angesichts der bekannten Versuche aggressiver Kräfte, die Besetzung des westlichen Teiles Deutschlands auszunutzen zu einer Einbeziehung in die Vorbereitungen eines neuen Weltkrieges, hat das deutsche Volk allen Grund, einen solchen Beschluß zu fordern. Ein neuer Weltkrieg, das weiß nun bereits das gesamte deutsche Volk, bedeutet einen Bruderkrieg Deutscher gegen Deutsche und bedeutet die völlige Zerstörung Deutschlands. Der Sinn der sogenannten Integration Europas besteht ja gerade darin, dem deutschen Volke Koalitionen und Bündnisse aufzuzwingen, die das deutsche Volk in die Konflikte der ganzen Welt hineinzerren können. Wir müssen es laut und vernehmlich immer wieder sagen, das deutsche Volk wünscht nicht, in internationale Konflikte hineingezerrt zu werden, die den amerikanischen und anderen Kriegshetzern in Europa oder sonstwo in der Welt vorbereitet werden. Wir wollen außerhalb dieser Konflikte bleiben und damit gleichzeitig die Sache des Friedens in Europa verteidigen. Darum lehnt das deutsche Volk die Pläne der Einbeziehung Deutschlands in eine Koalition oder in Militärbündnisse ab, die sich gegen irgendeinen Staat richten.

Die in dem Entwurf der Sowjetregierung vorgeschlagene Regelung der territorialen Fragen auf der Grundlage der Potsdamer Beschlüsse stellt die einzige reale Lösung dieser Frage dar. Die Großmächte haben sich im Potsdamer Abkommen über die Grenzen Deutschlands geeinigt.

In enger Zusammenarbeit mit der Regierung Polens ist die GlossarOder-Neiße-Grenze zu einer wirklichen Friedensgrenze zwischen Deutschland und Polen geworden. Es wird keiner chauvinistischen Hetze mehr gelingen, das enge Freundschaftsbündnis zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk zu trüben. Im ureigensten Interesse des deutschen Volkes werden wir alles tun, um zu verhindern, daß diese von den vier Großmächten festgelegte Grenze der Anlaß zu einem dritten Weltkriege wird.

Andererseits erklärt die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, daß die Losreißung des Saargebietes von Deutschland mit keinem einzigen Wort Gegenstand des Potsdamer Abkommens ist, den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens widerspricht und daher keine Rechtskraft besitzt. Das bedeutet also, daß das Saargebiet ein untrennbarer Bestandteil Deutschlands ist und bleibt und allein unter die Hoheit der deutschen Regierung gestellt werden muß.

Mit besonderer Genugtuung begrüßt die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik die in dem sowjetischen Entwurf enthaltenen wirtschaftlichen Leitsätze. Der Grundsatz, der deutschen Friedenswirtschaft, dem Handel Deutschlands mit anderen Ländern und der deutschen Seeschiffahrt keinerlei Beschränkung aufzuerlegen und Deutschland freien Zutritt zum Weltmarkt zu gewähren, eröffnet dem deutschen Volke die große Perspektive eines friedlichen wirtschaftlichen Aufstieges in engster Zusammenarbeit mit allen anderen Völkern. Das große Beispiel des wirtschaftlichen Aufbaus in der Deutschen Demokratischen Republik, die erfolgreiche Verwirklichung unseres Fünfjahrplans, die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den volksdemokratischen Ländern zeigen die großen Möglichkeiten auf, die sich einem geeinten Deutschland im friedlichen Warenaustausch mit allen anderen Ländern bieten.

Uns allen sind die Pläne zur Herstellung einer unbegrenzten Herrschaft der einen oder anderen Mächtegruppe auf dem internationalen Markt bekannt. Diese Machtansprüche dienen lediglich dazu, den maximal möglichen Profit für die großen Finanzherren und Industriellen dieser Länder herauszuholen.

Diese Gruppierungen sind bestrebt, die Tatsache der militärischen Niederlage Hitlerdeutschlands zur Unterdrückung des deutschen Außenhandels und zur Verhinderung der Verbreitung der Friedensproduktion der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt auszunutzen. Hieraus entstehen auch die Pläne, Deutschland von den östlichen und südöstlichen Märkten, die immer die natürlichen Absatzgebiete Deutschlands waren, abzuschneiden und die Möglichkeit des freien Handels Westdeutschlands mit allen anderen Ländern auf gleichberechtigter Grundlage weitgehendst zu erschweren. Aber ein solcher Standpunkt ist unhaltbar. Deutschland nimmt seit langem einen wichtigen Platz im System der Weltwirtschaft ein.

Die Interessen der Volksmassen aller Länder erfordern, daß die billigere Friedensproduktion der deutschen Industrie in höchster Qualität wieder auf den Weltmärkten erscheint, um die durch ausländische Monopole künstlich hochgetriebenen Preise zu drücken und die Marktkonjunktur zu verbessern. Die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes, mit Ausnahme einer kleinen Clique Rüstungsindustrieller, lehnt die einseitige Orientierung der westdeutschen Industrie auf die Produktion von Halbfabrikaten für die Rüstung ab, da das Wettrüsten, in das jetzt Westdeutschland hineingezogen wird, unweigerlich zum Kriege führt. Da wir aber unsere Kräfte dem friedlichen Aufbau widmen wollen, verlangen wir, daß die Produktionskräfte Deutschlands, seine natürlichen Reichtümer und vor allen Dingen die Liebe zur Arbeit und die natürliche Begabung der deutschen Werktätigen, so verwendet werden, wie dies der Fünfjahrplan der Deutschen Demokratischen Republik zeigt.

Das deutsche Volk begrüßt darum aus ganzem Herzen den großzügigen Beschluß der Sowjetregierung, daß im Friedensvertrag Deutschland keinerlei Beschränkungen in der Entwicklung seiner Friedenswirtschaft auferlegt werden.

Mit besonderer Genugtuung nimmt die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik von dem Vorschlag Kenntnis, Deutschland zu gestatten, zur Verteidigung des Landes eigene nationale Streitkräfte zu besitzen. In diesem Vorschlag erblicken wir den Willen der Sowjetregierung, dem deutschen Volke die volle nationale Souveränität zurückzugeben, die nur gesichert sein kann, wenn Deutschland die Möglichkeit erhält, seine nationale Unabhängigkeit zu verteidigen.

Während die Adenauerregierung dabei ist, die deutsche Jugend für fremde Interessen in eine amerikanische Fremdenlegion zu pressen, während sie in Westdeutschland dabei ist, eine Armee aus deutschen Soldaten unter fremdem Kommando aufzubauen, bietet der Vorschlag der Sowjetregierung dem deutschen Volke die Möglichkeit, eine nationale deutsche Armee unter deutschem Kommando zu errichten. Dieser Vorschlag billigt dem deutschen Volke das für jede souveräne Nation selbstverständliche Recht zu, die Verteidigung seiner Heimat, seiner Freiheit und Unabhängigkeit in die Hände seiner Jugend zu legen.

Eine gesamtdeutsche demokratische Regierung des friedliebenden Deutschlands muß natürlicherweise ihre Aufgabe in der Verwirklichung des friedlichen wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaues zum Wohle des deutschen Volkes sehen. Diese Aufgabe entspricht völlig dem Streben unseres Volkes nach Frieden und nach einem gesicherten Aufbau im Innern des Landes. Aber kein wirklich souveräner und unabhängiger Staat kann sich von der Verpflichtung der Verteidigung der friedlichen Arbeit seines Volkes und der friedlichen staatlichen Grenzen lossagen. Obwohl sich bestimmte politische Kreise an die Unterstützung durch die ausländischen Bajonette klammern, kann nicht angenommen werden, daß der Aufenthalt ausländischer Truppen auf dem Gebiete Deutschlands ein ständiger sein wird. Wenn dem deutschen Volke aber Militärbündnisse und Koalitionen mit anderen Staaten nicht erlaubt sind, ergibt sich, daß eine eigene nationale Armee Deutschlands niemals mehr der Sache der Vorbereitung oder der Verwirklichung eines neuen Krieges dient, sondern ausschließlich der Verteidigung seiner Grenzen. Eine solche Möglichkeit geben die seit 1945 abgeschlossenen Friedensverträge allen Ländern, die am Kriege beteiligt waren.

Es ist darum nicht einzusehen, warum das deutsche Volk in diesem Punkte unter ein Ausnahmerecht gestellt werden sollte.

An die militärischen Leitsätze des sowjetischen Entwurfes haben die westlichen Kommentatoren besonders vielseitige Betrachtungen geknüpft. Dabei brachten sie unter anderem zum Ausdruck, daß dieser Vorschlag der Sowjetregierung etwas grundsätzlich Neues darstelle. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Bereits in seiner Rede zum 25. Jahrestag der GlossarGroßen Sozialistischen Oktoberrevolution am 6. November 1942 hat Stalin erklärt:

"Eine solche Aufgabe wie die Vernichtung jeder organisierten militärischen Kraft in Deutschland haben wir nicht, denn jeder einigermaßen Gebildete wird verstehen, daß das in bezug auf Deutschland ebenso wie auch in bezug auf Rußland nicht nur unmöglich, sondern auch vom Standpunkt des Siegers unzweckmäßig ist. Aber die Hitlerarmee vernichten – das kann man und soll man."6

Der Vorschlag der Sowjetregierung entspricht also ihrer konsequenten, seit 1945 verfolgten Politik, dem deutschen Volke nach Ausrottung des Hitlerfaschismus seine volle nationale Souveränität zu sichern.

In die gleiche Richtung zielt auch der Vorschlag der Sowjetregierung an die Westmächte, das Ersuchen Deutschlands um die Aufnahme in die Organisation der Vereinten Nationen zu unterstützen. Damit bekundet die Sowjetregierung ihren Willen, dem einheitlichen, demokratischen und friedliebenden Deutschland zu helfen, in die Familie der friedliebenden Völker aufgenommen zu werden.

Die in der Note und dem Entwurf der Sowjetregierung für einen Friedensvertrag mit Deutschland enthaltenen Vorschläge stellen einen in der Geschichte beispiellosen Freundschaftsbeweis für das deutsche Volk dar, wie er nur von einem sozialistischen Staate erbracht werden kann. Es wird nun an uns, am deutschen Volke, liegen, uns dieses Freundschaftsbeweises würdig zu erweisen und alles in unseren Kräften liegende zu tun, um die uns gebotene Chance zu ergreifen und voll auszunutzen. Seit Jahren war die Möglichkeit zu einem Friedensvertrag und zur Einheit zu kommen, nicht so groß und so nahe wie heute. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Vorschläge der Sowjetregierung die Massen des deutschen Volkes tief aufwühlen und die Bewegung für Frieden und Einheit aufs höchste steigern werden. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik erachtet es daher für ihre Pflicht, sich die Vorschläge der Sowjetregierung zu eigen zu machen und ihre ganze Kraft einzusetzen, um diese Vorschläge zur Forderung der ganzen deutschen Nation zu machen.

Die Regierung schlägt darum der Volkskammer vor, sich an den Bundestag in Bonn mit der Aufforderung zu wenden, sich ebenfalls hinter die Vorschläge der Sowjetregierung zu stellen und der Forderung nach einem Friedensvertrag mit Deutschland beizutreten.

In dieser geschichtlichen Entscheidungsstunde kann sich kein verantwortungsbewußter Deutscher, am wenigsten aber ein Verantwortung tragender Politiker, der klaren Entscheidung entziehen. Es helfen keine Winkelzüge mehr, jetzt muß Farbe bekannt werden. Die Bundesregierung hatte auf den Brief der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik vom 13. Februar in einer Erklärung vom 22. Februar geantwortet:

"Der Weg der Bundesregierung in der gesamtdeutschen Frage ist klar vorgezeichnet. Er führt über gesamtdeutsche Wahlen, über die Nationalversammlung und über die gesamtdeutsche Regierung zur Friedenskonferenz."

Auch nach der Veröffentlichung des Vorschlages der Sowjetregierung erklärten Bonner Regierungskreise, daß erst gesamtdeutsche Wahlen und dann eine Friedenskonferenz stattfinden könne. Herr Adenauer hat die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik sogar verdächtigt, mit ihrem Brief vom 13. Februar die Forderung nach gesamtdeutschen Wahlen fallengelassen zu haben.

Dies erklären dieselben Leute, die seit Jahr und Tag jede Verständigung zwischen Vertretern Ost- und Westdeutschlands hintertrieben haben.

Die regierenden Kreise in Bonn waren es, die unsere wiederholten Vorschläge zur Abhaltung einer gesamtdeutschen Beratung abgelehnt haben.

Wenn die regierenden Kreise in Bonn nicht konstant – und ich sage böswillig – eine Beratung zwischen Deutschen aus Ost und West abgelehnt hätten, so hätte schon längst eine Verständigung unter den Deutschen selbst herbeigeführt werden können.

Nachdem beide Regierungen Entwürfe für ein gesamtdeutsches Wahlgesetz vorgelegt hatten, wäre längst eine Verständigung unter den Deutschen über ein gemeinsames Wahlgesetz möglich gewesen. Stattdessen hat die Bonner Regierung an ausländische Mächte appelliert, um auf diesem Wege gesamtdeutsche Wahlen zu verhindern.

Einzig und allein die Bonner Regierung trifft die Schuld daran, daß es bisher zu keiner Verständigung unter den Deutschen gekommen ist.

Es wird von interessierter Seite auch versucht, die Vorschläge der Sowjetregierung mit dem Hinweis auf die von der UNO eingesetzte Kommission zur Überprüfung der Möglichkeit freier Wahlen in ganz Deutschland abzutun.

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik erklärt noch einmal mit Nachdruck, daß es einer solchen Kommission nicht bedarf, daß diese Kommission keinerlei Rechtsgrundlage besitzt und ihre Tätigkeit eine ungerechtfertigte Einmischung in die inneren Angelegenheiten des deutschen Volkes darstellen würde. Nach dem Potsdamer Abkommen sind nur die vier Großmächte befugt, Kontrollfunktionen auszuüben. Die Sowjetregierung stellt in ihrer Note an die Westmächte fest,

"daß die UdSSR, die USA, Großbritannien und Frankreich, die in Deutschland Kontrollfunktionen ausüben, auch die Frage der Bedingungen prüfen müssen, die die schleunigste Bildung einer gesamtdeutschen, den Willen des deutschen Volkes ausdrückenden Regierung fördern"7.

Ich erkläre hier im Namen der Regierung, daß alle unsere Vorschläge, insbesondere auch die im Appell der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. September 1951 unterbreiteten Vorschläge, voll und ganz aufrechterhalten bleiben. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ist jederzeit bereit, ihre Vertreter zu einer gesamtdeutschen Beratung zu entsenden und auf dieser Beratung alle Fragen zu erörtern, die zur schleunigsten Durchführung gesamtdeutscher Wahlen und damit zur Bildung einer gesamtdeutschen, den Willen des deutschen Volkes ausdrückenden Regierung führen.

Vor wenigen Tagen, kurz vor den Wahlen im Südweststaate, erklärte Adenauer, daß er die alliierten Hochkommissare der Westmächte gebeten habe festzustellen, welche Vorschläge hinter der Antwort der Sowjetregierung an die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Unterstützung der Bitte zum beschleunigten Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland seitens der Sowjetunion verborgen sind. Wenn Adenauer wirklich diese Frage klären will, dann hat er jetzt die beste Gelegenheit dazu. Die Note der Sowjetunion enthält die volle, klare und wahrhaftige Antwort über die Vorschläge und Absichten der Sowjetunion. Diese Vorschläge entsprechen den Lebensinteressen des deutschen Volkes und den Interessen aller anderen Völker Europas. Adenauer soll jetzt endlich sagen, ob er die Beschleunigung des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland wünscht, eines Friedensvertrages auf der Grundlage der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands als friedliebender demokratischer Staat, der Wiederherstellung der Souveränität dieses Staates und des Abzuges der Besatzungstruppen innerhalb eines Jahres nach Abschluß des Friedensvertrages.

Wenn Adenauer dies alles will, muß er seine Verhandlungen über den Generalvertrag einstellen. Es ist genug des Versteckspiels und der Ausklügelung von Fragen an die Adresse der Sowjetregierung und an die Adresse der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Alle Antworten sind klar und unmißverständlich gegeben, sowohl über die Wahlen und die Bildung einer gesamtdeutschen Regierung wie auch über den Friedensvertrag und die Wiederherstellung der Einheit und Souveränität Deutschlands. Wer in diesen Lebensfragen des deutschen Volkes noch ernst mitsprechen will, muß nun endlich seine Stellungnahme klar und bündig vor dem Volke darlegen. Es ist allgemein bekannt, daß Adenauer in einem deutschen Nationalstaat nur ein veraltetes Überbleibsel aus der Vergangenheit sieht. Seine "europäische Integration" ist nichts anderes als der Schritt zur Auflösung der deutschen Nation, einer Auflösung, in deren Prozeß er obendrein versucht, die westdeutsche Jugend als Kanonenfutter an die zusammengewürfelte Europaarmee des Amerikaners GlossarEisenhower zu verkaufen.

Man sagt, daß Adenauer von der Wiederherstellung einer Art GlossarHeiligen Römischen Reiches träumt und daß er als Katholik nicht abgeneigt sei, darum die Einheit Deutschlands preiszugeben. Das wäre ein gefährliches Beginnen. Bereits im 15. Jahrhundert machte das Heilige Römische Reich die Entstehung eines deutschen Nationalstaates unmöglich und führte unter verbrecherischer Verletzung der deutschen Interessen zur Verschleuderung der Kräfte der deutschen Nation in den italienischen Eroberungsfeldzügen. Das war einer der Gründe dafür, daß Deutschland Jahrhunderte in einem zersplitterten Zustand verblieb in einer Zeit, in der andere europäische Staaten ihre Geburt und Entwicklung zum Nationalstaat vollzogen. Deutschland aber lag, aus tausend Wunden blutend, durch innere Widersprüche zerfleischt, geschwächt am Boden und diente dem ausbeuterischen Spiel deutscher Kleinfürsten und Bischöfe.

Ist die Adenauersche Integration Europas im Grunde genommen in ihren Auswirkungen etwas anderes als das Heilige Römische Reich? Die "europäische Integration" ist nichts anderes als ein Bund der reaktionärsten Kräfte Westeuropas und Westdeutschlands, die sich von ihren eigenen Völkern gelöst haben, ein Bund, der auf die Verteidigung der Interessen der amerikanischen Millionäre und Milliardäre gerichtet ist, die die Finanziers dieser "europäischen Integration" sind und deren Ziel es ist, soviel Profit als möglich aus diesem westlichen Europa und in erster Linie aus Westdeutschland zu ziehen. Die Adenauersche Integration Europas stört die Vereinigung Deutschlands ebenso wie die italienischen Eroberungskriege im Mittelalter. Die Politik Adenauers und der Amerikaner ist eine Politik der Verewigung der Spaltung Deutschlands, eine Politik der Schwächung Deutschlands, eine Politik der Einbeziehung des deutschen Volkes in internationale blutige Abenteuer des amerikanischen Imperialismus. Diese Politik endet im Bruderkrieg und in der Zerstörung Deutschlands.

Das deutsche Volk muß aus sich selbst heraus die Kraft finden zur Abkehr von dieser Politik; denn diese Politik stellt einen direkten Verrat an den Lebensinteressen des deutschen Volkes dar.

Nach internationalem Recht kann ein Krieg nur als ein vorübergehender Zustand gewertet werden. Was immer auch der Grund oder die Gründe für einen Krieg sein mögen, ein Krieg kann nicht ewig andauern. Der Friedensvertrag ist der übliche Schritt und der normale Abschluß eines Krieges.

Wo dieser Abschluß eines Friedensvertrages verweigert wird, bleibt nur die Unterwerfung und Versklavung des besiegten Landes. Wer darum dem Abschluß eines Friedensvertrages auszuweichen wünscht, wer ihn auf unbestimmte Frist vertagt oder wer sich an der Herbeiführung eines Paktsystems, wie im Westen Deutschlands, beteiligt, hilft dadurch mit an der Unterwerfung Deutschlands und an der Vernichtung des deutschen Staates.

Dieser Generalvertrag beraubt Deutschland seiner souveränen Rechte auf dem Gebiete der Außen- und Innenpolitik. Durch den Generalvertrag stellt die Bonner Regierung das Gebiet Westdeutschlands ausländischen Truppen zur vollen Verfügung. Der Generalvertrag ist ein Versuch der Annexion Westdeutschlands und der Umwandlung einer zeitlichen militärischen Besetzung in eine tatsächliche und unbegrenzte Unterwerfung.

Eine solche Politik steht zu den Lehren und Gesetzen der menschlichen Geschichte im strikten und unüberbrückbaren Gegensatz. Wir erklären aus diesen unseren geschichtlichen Erkenntnissen von der Tribüne dieses Hauses, daß die Unterwerfung des großen deutschen Volkes durch die imperialistischen Kräfte Amerikas, Englands und Frankreichs nicht zu verwirklichen ist. Wer seine Berechnungen auf den Ersatz des Friedensvertrages durch den Generalvertrag setzt, macht seine Rechnung ohne den Wirt, das heißt ohne das deutsche Volk. Schon entwickelt sich eine mächtige Volksbewegung für den Abschluß eines Friedensvertrages auf demokratischer und gerechter Grundlage. Diese Bewegung wird unüberwindbar werden, denn sie wird gespeist und entwickelt aus den Lebensbedürfnissen eines ganzen Volkes. Wer sich diesem Lebensstrom entgegenstellt, wird zur Seite geschwemmt. Wer mithilft, das deutsche Volk zu unterwerfen und zu versklaven, wer ihm den sklavischen Generalvertrag und den Krieg aufzwingen will, der wird das ganze deutsche Volk gegen sich haben und erbarmungslos beiseite geschoben werden.

Deutschland wird den Weg des Todes und der Vernichtung nicht gehen. Das deutsche Volk wird den Weg des Friedens, des demokratischen Aufbaus und eines neuen Wohlstandes gehen. In einem Drittel Deutschlands, in der Deutschen Demokratischen Republik, ist dieser Weg bereits erfolgreich beschritten.

Wir rufen die Arbeiter und Bauern, die Handwerker und die Angestellten, die Techniker, Wissenschaftler und Künstler der Deutschen Demokratischen Republik auf, alle Kräfte für die friedliche Aufbauarbeit unseres Fünfjahrplans einzusetzen. Festigung der demokratischen Ordnung, Erhöhung und Verbesserung der Produktion, Verbesserung der Landwirtschaft, Verbesserung der Staatsverwaltung, das sind die Mittel, um unseren Brüdern im Westen unseres Vaterlandes zu zeigen, daß es einen friedlichen Weg des Aufstiegs ohne Schuldknechtschaft durch imperialistische Staaten gibt.

Durch die Note der Sowjetregierung an die Westmächte und durch den Entwurf der Sowjetregierung für einen Friedensvertrag mit Deutschland ist die entscheidende Frage der deutschen Nation vor der ganzen Weltöffentlichkeit zur unmittelbaren Lösung auf die Tagesordnung gestellt worden. Sie kann ohne die aktive Teilnahme des deutschen Volkes nicht gelöst werden. Mögen die Männer und Frauen in allen deutschen Landen, möge die deutsche Jugend erkennen, welche große Chance dem deutschen Volke durch das hochherzige Angebot der Sowjetregierung gegeben ist.

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ruft alle Deutschen zu gemeinsamem Handeln: Unterlaßt nichts, tut alles, um den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland zu beschleunigen! Räumt alle Hindernisse aus dem Weg, damit das große Werk nicht an der deutschen Zwietracht scheitere!

Vorwärts zum raschen Abschluß eines Friedensvertrages!

Vorwärts zu einem einheitlichen, demokratischen, unabhängigen und friedliebenden Deutschland!

Hier nach: Grotewohl, O., Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufsätze, 6 Bde, Band III: Auswahl aus den Jahren 1952 und 1953, Berlin 1959, S. 74-94.

1 Neues Deutschland vom 11. März 1952. [1]

2 Neues Deutschland vom 14. Februar 1952. [2]

3 Neues Deutschland vom 21. Februar 1952. [3]

4 Ebenda. [4]

5 Neues Deutschland vom 12. März 1952. [5]

6 J. Stalin: Über den Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion, S. 84. [6]

7 Neues Deutschland vom 12. März 1952. [7]