Kurt Georg Kiesinger, Regierungserklärung der Großen Koalition, 13. Dezember 1966

Zusammenfassung

In der westdeutschen Nachkriegsgeschichte stellte die erstmalige Begründung einer Großen Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene am 1. Dezember 1966 einen wichtigen Einschnitt dar. Der Regierungsantritt von Kurt Georg Kiesinger (CDU) als Kanzler und Willy Brandt (SPD) als Vizekanzler folgte auf das Scheitern von Ludwig Erhard (CDU) im Spätsommer 1966. Rückblickend markiert die Große Koalition daher eine Übergangsphase von den christdemokratisch dominierten Gründerjahren der Republik zum "sozialdemokratischen Jahrzehnt" (Ralf Dahrendorf) der 1970er Jahre. Inhaltlich unterstreicht Kiesingers erste Regierungserklärung die Janusköpfigkeit der Großen Koalition: Sie stand einerseits im Zeichen des mächtig sich Bahn brechenden Reformliberalismus der keynesianischen Globalsteuerung der 1960er Jahre. Andererseits war sie (rhetorisch) noch stark dem haushälterischen Sparen der Nachkriegszeit verpflichtet. Auch außenpolitisch setzte Kiesinger neue Akzente, ohne indes den deutschlandpolitischen Rubikon der Anerkennung der DDR als Staat zu überschreiten.