Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ["Grundlagenvertrag"], 21. Dezember 1972

Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik

Die Hohen Vertragschließenden Seiten

eingedenk ihrer Verantwortung für die Erhaltung des Friedens,

in dem Bestreben, einen Beitrag zur Entspannung und Sicherheit in Europa zu leisten,

in dem Bewußtsein, daß die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und der Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigen Grenzen eine grundlegende Bedingung für den Frieden sind,

in der Erkenntnis, daß sich daher die beiden deutschen Staaten in ihren Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt zu enthalten haben,

ausgehend von den historischen Gegebenheiten und unbeschadet der unterschiedlichen Auffassungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Frage,

geleitet von dem Wunsch, zum Wohle der Menschen in den beiden deutschen Staaten die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zu schaffen,

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik entwickeln normale gutnachbarliche Beziehungen zueinander auf der Grundlage der Gleichberechtigung.

Artikel 2

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden sich von den Zielen und Prinzipien leiten lassen, die in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt sind, insbesondere der souveränen Gleichheit aller Staaten, der Achtung der Unabhängigkeit, Selbständigkeit und territorialen Integrität, dem Selbstbestimmungsrecht, der Wahrung der Menschenrechte und der Nichtdiskriminierung.

Artikel 3

Entsprechend der Charta der Vereinten Nationen werden die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik ihre Streitfragen ausschließlich mit friedlichen Mitteln lösen und sich der Drohung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt enthalten.

Sie bekräftigen die Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenze jetzt und in der Zukunft und verpflichten sich zur uneingeschränkten Achtung ihrer territorialen Integrität.

Artikel 4

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik gehen davon aus, daß keiner der beiden Staaten den anderen international vertreten oder in seinem Namen handeln kann.

Artikel 5

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden friedliche Beziehungen zwischen den europäischen Staaten fördern und zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa beitragen. Sie unterstützen die Bemühungen um eine Verminderung der Streitkräfte und Rüstungen in Europa, ohne daß dadurch Nachteile für die Sicherheit der Beteiligten entstehen dürfen.

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden mit dem Ziel einer allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter wirksamer internationaler Kontrolle der internationalen Sicherheit dienende Bemühungen um Rüstungsbegrenzung und Abrüstung, insbesondere auf dem Gebiet der Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen, unterstützen.

Artikel 6

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik gehen von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt. Sie respektieren die Unabhängigkeit und Selbständigkeit jedes der beiden Staaten in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten.

Artikel 7

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik erklären ihre Bereitschaft, im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen praktische und humanitäre Fragen zu regeln. Sie werden Abkommen schließen, um auf der Grundlage dieses Vertrages und zum beiderseitigen Vorteil die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Wissenschaft und Technik, des Verkehrs, des Rechtsverkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, des Gesundheitswesen, der Kultur, des Sports, des Umweltschutzes und auf anderen Gebieten zu entwickeln und zu fördern. Einzelheiten sind in dem Zusatzprotokoll geregelt.

Artikel 8

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden Glossarständige Vertretungen austauschen. Sie werden am Sitz der jeweiligen Regierung errichtet.

Die praktischen Fragen, die mit der Einrichtung der Vertretungen zusammenhängen, werden zusätzlich geregelt.

Artikel 9

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik stimmen darin überein, daß durch diesen Vertrag die von ihnen früher abgeschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen und mehrseitigen internationalen Verträge und Vereinbarungen nicht berührt werden.

Artikel 10

Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation und tritt am Tage nach dem Austausch entsprechender Noten in Kraft.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten der Hohen Vertragschließenden Seiten diesen Vertrag unterzeichnet.

GESCHEHEN in Berlin am 21. Dezember 1972 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Bundesrepublik Deutschland GlossarEgon Bahr

Für die Deutsche Demokratische Republik GlossarMichael Kohl

Brief der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zur deutschen Einheit an die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, 21. Dezember 1972

Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler

Bonn, den 21. Dezember 1972

An den

Staatssekretär beim Ministerrat

der Deutschen Demokratischen Republik

Herrn Dr. Michael Kohl

Berlin

Sehr geehrter Herr Kohl!

Im Zusammenhang mit der heutigen Unterzeichnung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik beehrt sich die Regierung der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Bahr

Zusatzprotokoll zum Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik

I

Zu Artikel 3:

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik kommen überein, eine Kommission aus Beauftragten der Regierungen beider Staaten zu bilden. Sie wird die Markierung der zwischen den beiden Staaten bestehenden Grenze überprüfen und, soweit erforderlich, erneuern oder ergänzen sowie die erforderlichen Dokumentationen über den Grenzverlauf erarbeiten. Gleichermaßen wird sie zur Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme, zum Beispiel der Wasserwirtschaft, der Energieversorgung und der Schadensbekämpfung, beitragen.

Die Kommission nimmt nach Unterzeichnung des Vertrages ihre Arbeit auf.

II

Zu Artikel 7:

1. Der Handel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik wird auf der Grundlage der bestehenden Abkommen entwickelt.

Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden langfristige Vereinbarungen mit dem Ziel abschließen, eine kontinuierliche Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zu fördern, überholte Regelungen anzupassen und die Struktur des Handels zu verbessern.

2. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik bekunden ihren Willen, zum beiderseitigen Nutzen die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik zu entwickeln und die hierzu erforderlichen Verträge abzuschließen.

3. Die mit dem Vertrag vom 26. Mai 1972 begonnene Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Verkehrs wird erweitert und vertieft.

4. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik erklären ihre Bereitschaft, im Interesse der Rechtsuchenden den Rechtsverkehr, insbesondere in den Bereichen des Zivil- und des Strafrechts, vertraglich so einfach und zweckmäßig wie möglich zu regeln.

5. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik stimmen überein, auf der Grundlage der Satzung des Weltpostvereins und des Internationalen Fernmeldevertrages ein Post- und Fernmeldeabkommen abzuschließen. Sie werden dieses Abkommen dem Weltpostverein (UPU) und der Internationalen Fernmelde-Union (UIT) notifizieren.

In dieses Abkommen werden die bestehenden Vereinbarungen und die für beide Seiten vorteilhaften Verfahren übernommen werden.

6. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik erklären ihr Interesse an einer Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Sie stimmen überein, daß in dem entsprechenden Vertrag auch der Austausch von Medikamenten sowie die Behandlung in Spezialkliniken und Kuranstalten im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten geregelt werden.

7. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik beabsichtigen, die kulturelle Zusammenarbeit zu entwickeln. Zu diesem Zweck werden sie Verhandlungen über den Abschluß von Regierungsabkommen aufnehmen.

8. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik bekräftigen ihre Bereitschaft, nach Unterzeichnung des Vertrages die zuständigen Sportorganisationen bei den Absprachen zur Förderung der Sportbeziehungen zu unterstützen.

9. Auf dem Gebiet des Umweltschutzes sollen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik Vereinbarungen geschlossen werden, um zur Abwendung von Schäden und Gefahren für die jeweils andere Seite beizutragen.

10. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden Verhandlungen mit dem Ziel führen, den gegenseitigen Bezug von Büchern, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehproduktionen zu erweitern.

11. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden im Interesse der beteiligten Menschen Verhandlungen zur Regelung des nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs aufnehmen. Dabei werden sie im gegenseitigen Interesse vorrangig für den kurzfristigen Abschluß von Vereinbarungen unter sozialen Gesichtspunkten Sorge tragen.

Protokollvermerk zum Vertrag

Wegen der unterschiedlichen Rechtspositionen zu Vermögensfragen konnten diese durch den Vertrag nicht geregelt werden.

Vorbehalt zu Staatsangehörigkeitsfragen durch die Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland erklärt: "Staatsangehörigkeitsfragen sind durch den Vertrag nicht geregelt worden."

Briefwechsel zur Familienzusammenführung, zu Reiseerleichterungen und Verbesserungen des nichtkommerziellen Warenverkehrs, 21. Dezember 1972

Staatssekretär beim Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik

Berlin, den 21. Dezember 1972

Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler

Herrn Egon Bahr

Bonn

Bundeskanzleramt der Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrter Herr Bahr!

Anläßlich der heute erfolgten Unterzeichnung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland habe ich die Ehre, Ihnen folgendes mitzuteilen:

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wird im Zuge der Normalisierung der Beziehungen nach Inkrafttreten des Vertrages Schritte zur Regelung von Fragen auf folgenden Gebieten unternehmen:

1. Lösung von Problemen, die sich aus der Trennung von Familien ergeben.

2. In Fortführung des Briefwechsels vom 26. Mai 1972 Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des grenzüberschreitenden Reise- und Besucherverkehrs einschließlich des Tourismus.

3. Verbesserung des nichtkommerziellen Warenverkehrs zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland:

- Weitere Erleichterungen des grenzüberschreitenden Geschenkpaket- und -päckchenverkehrs;

- weitere Erleichterung des Mitführens nichtkommerzieller Güter im grenzüberschreitenden Reise- und Besucherverkehr;

- entsprechende Überprüfung der bestehenden Ein- und Ausfuhrbestimmungen;

- Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für Umzugs- und Erbschaftsgut.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Kohl

Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler

Bonn, den 21, Dezember 1972

An den

Staatssekretär

beim Ministerrat der

Deutschen Demokratischen Republik

Herrn Dr. Michael Kohl

Berlin

Sehr geehrter Herr Kohl!

Ich habe die Ehre, den Empfang Ihres Schreibens vom heutigen Tage zu bestätigen, das folgenden Wortlaut hat:

"Anläßlich der heute erfolgten Unterzeichnung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland habe ich die Ehre, Ihnen folgendes mitzuteilen:

Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik wird im Zuge der Normalisierung der Beziehungen nach Inkrafttreten des Vertrages Schritte zur Regelung von Fragen auf folgenden Gebieten unternehmen:

1. Lösung von Problemen, die sich aus der Trennung von Familien ergeben.

2. In Fortführung des Briefwechsels vom 26. Mai 1972 Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des grenzüberschreitenden Reise- und Besucherverkehrs einschließlich des Tourismus.

3. Verbesserung des nichtkommerziellen Warenverkehrs zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland:

- Weitere Erleichterungen des grenzüberschreitenden Geschenkpaket- und -päckchen Verkehrs;

- weitere Erleichterung des Mitführens nichtkommerzieller Güter im grenzüberschreitenden Reise- und Besucherverkehr;

- entsprechende Überprüfung der bestehenden Ein- und Ausfuhrbestimmungen;

- Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für Umzugs- und Erbschaftsgut."

Mit vorzüglicher Hochachtung

Bahr

Briefwechsel zur Öffnung weiterer Grenzübergangsstellen, 21. Dezember 1972

Staatssekretär beim Ministerrat

der Deutschen Demokratischen Republik

Berlin, den 21. Dezember 1972

Bundesminister für besondere Aufgaben

beim Bundeskanzler

Herrn Egon Bahr

Bonn

Bundeskanzleramt der Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrter Herr Bahr!

Ich beehre mich, Ihnen folgendes mitzuteilen:

Die Deutsche Demokratische Republik wird zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen folgende Straßengrenzübergangsstellen an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland für den Personenverkehr öffnen:

- Salzwedel

- Worbis

- Meiningen

- Eisfeld

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Kohl

Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler

Bonn, den 21. Dezember 1972

An den

Staatssekretär beim Ministerrat

der Deutschen Demokratischen Republik

Herrn Dr. Michael Kohl

Berlin

Sehr geehrter Herr Kohl!

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 21. Dezember 1972 beehre ich mich, Ihnen folgendes mitzuteilen:

Die Bundesrepublik Deutschland wird zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen folgende den von Ihnen mitgeteilten Straßengrenzübergangsstellen entsprechende Übergangsstellen für den Personenverkehr öffnen:

- Uelzen

- Duderstadt

- Bad Neustadt (Saale)

- Coburg

Mit vorzüglicher Hochachtung

Bahr

Briefwechsel mit dem Wortlaut der Noten der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik zu Artikel 9 des Vertrages, 21. Dezember 1972

Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler

Bonn, den 21. Dezember 1972

An den

Staatssekretär beim Ministerrat

der Deutschen Demokratischen Republik

Herrn Dr. Michael Kohl

Berlin

Sehr geehrter Herr Kohl!

Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, daß das Auswärtige Amt den Botschaftern der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland heute folgenden Text in einer Note übermitteln wird:

"Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik stellen unter Bezugnahme auf Artikel 9 des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen vom 21. Dezember 1972 fest, daß die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte und die entsprechenden diesbezüglichen vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken durch diesen Vertrag nicht berührt werden können."

Mit vorzüglicher Hochachtung

Bahr

Staatssekretär beim Ministerrat

der Deutschen Demokratischen Republik

Berlin, den 21. Dezember 1972

Bundesminister für besondere Aufgaben

beim Bundeskanzler

Herrn Egon Bahr

Bonn

Bundeskanzleramt der

Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrter Herr Bahr!

Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, daß das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten dem Botschafter der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Deutschen Demokratischen Republik heute folgenden Text in einer Note übermitteln wird:

"Die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik Deutschland stellen unter Bezugnahme auf Artikel 9 des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen vom 21. Dezember 1972 fest, daß die Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Mächte und die entsprechenden diesbezüglichen vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken durch diesen Vertrag nicht berührt werden können."

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Kohl

Erklärungen beider Seiten in bezug auf Berlin (West)

Es besteht Einvernehmen, daß die Ausdehnung von Abkommen und Regelungen, die im Zusatzprotokoll zu Artikel 7 vorgesehen sind, in Übereinstimmung mit dem Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 auf Berlin (West) im jeweiligen Fall vereinbart werden kann.

Die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik wird in Übereinstimmung mit dem Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 die Interessen von Berlin (West) vertreten.

Vereinbarungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und dem Senat bleiben unberührt.

Gesetz zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen, 6. Juni 1973

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel l

Dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Charta der Vereinten Nationen wird zugestimmt.

Die Charta der Vereinten Nationen und das Statut des Internationalen Gerichtshofs, das Bestandteil der Charta ist, werden in der gegenwärtig gültigen Fassung nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt, wobei die Rechte und Verantwortlichkeiten der alliierten Behörden, einschließlich derjenigen, die Angelegenheiten der Sicherheit und des Status betreffen, unberührt bleiben.

Artikel 3

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Der Tag, an dem die Charta der Vereinten Nationen für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 6. Juni 1973

Der Bundespräsident GlossarHeinemann

Der Bundeskanzler GlossarBrandt

Der Bundesminister des Auswärtigen GlossarScheel

Hier nach: Bundesgesetzblatt, 1973, Nr. 25, Teil II, S. 423-430.