Veit Harlan, "Jud Süß", Terra Filmkunst 1940

Einleitung

Die Filmhandlung beginnt mit der Amtseinführung Karl Alexanders als Herzog von Württemberg im Jahre 1733. Wie sein großes Vorbild, der französische König Ludwig XIV., will auch Karl Alexander einen prachtvollen Hof führen. So fordert er von den Landständen die Übernahme der Kosten für eine Garde, eine Oper und ein Ballett. Doch die Gelder werden nicht bewilligt und so lässt der Herzog Joseph Süß Oppenheimer aus Frankfurt kommen, von dem er bereits Juwelen für seine Frau bezogen hat, und macht ihn zu seinem Finanzberater.

Als Gegenleistung stattet der Herzog Oppenheimer mit der Vollmacht aus, Zölle, Steuern und Brückengelder zu erheben. Die Bevölkerung Württembergs versucht, sich gegen die neuen Methoden der Beamten Oppenheimers und die zunehmende Teuerung im Lande zu wehren. Doch der Landesherr ignoriert die Bedenken und Ratschläge der Volksvertreter, er regiert vielmehr an den Ständen vorbei und lässt seinen Finanzminister ohne ihre Zustimmung agieren. Auf Oppenheimers Geheiß wird der Judenbann im Herzogtum aufgehoben, viele Juden kommen nun nach Württemberg, um Geschäfte zu machen. Der neue Finanzberater beabsichtigt sogar, Dorothea, die Tochter des Landschaftskonsulenten Sturm, zu heiraten. Die naive, junge Frau, zunächst fasziniert von der Eleganz und Weltläufigkeit des Fremden, ist jedoch mit dem Kanzleischreiber Faber verlobt. Um der Aufdringlichkeit Oppenheimers zu entgehen, heiraten die beiden jungen Leute eilig. Unter fadenscheinigen Gründen lässt der Finanzminister Faber verhaften und foltern. Dies führt erneut zur Unruhe innerhalb der Bevölkerung und der Landstände. Der Herzog entledigt sich der Opposition, indem er die Stände auflöst und damit die Verfassung bricht. Unterdessen bittet Dorothea um Freilassung ihres Mannes bei Oppenheimer, der dafür jedoch einen hohen Preis, nämlich Sex mit ihr, verlangt. Faber wird frei gelassen, kurz zuvor hat sich Dorothea als Folge der erzwungenen "Rassenschande" ertränkt. Karl Alexander lässt seinem Finanzminister weiterhin freie Hand zu einem Staatsstreich, der ihn zu einem absoluten Landesherrn machen soll. Um bei diesem bevorstehenden Putsch selbst nicht anwesend zu sein, fährt er nach Ludwigsburg, wo er an den Folgen eines Schlaganfalls stirbt. Noch in derselben Nacht wird Oppenheimer verhaftet, er wird wegen Hochverrats und Geschlechtsverkehrs mit einer Christin angeklagt und schließlich erhängt. Innerhalb eines Monats müssen alle Juden das Herzogtum verlassen.

Nachdem die staatlich verordneten Ausschreitungen gegenüber Juden ("Reichskristallnacht", 9. November 1938), ebenso wie das "Euthanasie-Programm" nicht die gewünschte Zustimmung der Deutschen erhalten hatten, bot sich der Krieg ab September 1939 zu "unauffälligeren" antisemitischen Maßnahmen an. Vom Kriegsalltag abgelenkt werden sollte die "Heimatfront" vor allem mit anspruchsloser Unterhaltungsmusik und heiteren Filmen. Tatsächlich waren die meisten der rund 1.200 Kinofilme der NS-Zeit harmlose Unterhaltungsfilme, frei von NS-Symbolen wie Hakenkreuz oder Hitlergruß. Auf den ersten Blick wirkten diese Liebes- und Abenteuerfilme sowie Verwechslungskomödien unpolitisch – und gerade darin lag die subtile NS-Propaganda.

Zu den wenigen Filmen mit eindeutig antisemitischen Inhalten zählt "Jud Süß". Mit dieser Verfilmung sollten das Judentum allgemein diskreditiert und die zeitgenössischen Zuschauer auf weitere Verfolgungen der Juden vorbereitet werden.

Der Regisseur Veit Harlan setzte die Vorgaben der NS-Propaganda wunschgemäß um, indem er die Figur des Juden verzerrt und sie als gewaltbereiten Steuereintreiber und damit als "typisch jüdisch" darstellte.

Die NS-Filmkritik suggerierte, dass sich der Film eng an die historische Wahrheit halte und sich auf sichere Quellen stütze. Doch das Gegenteil ist der Fall, die Realität ist stark verfremdet. Harlan hat stets bestritten, Lion Feuchtwangers gleichnamigen Roman (1925) gekannt zu haben, so dass als Vorlage Hauffs Novelle, die historischen Quellen, vor allem aber jede Menge Fantasie zu zitieren sind.

Propagandaminister Joseph Goebbels gab "Jud Süß" 1939 als reich ausgestatteten Film in historischen Kostümen in Auftrag. Er beaufsichtigte persönlich die Produktion, war mehrfach Gast bei den Aufnahmen und forcierte einen raschen Dreh, da für ihn dieser Film "eine staatspolitisch hochwichtige Aufgabe" war, die "vordringlich angepackt werden" müsse.1

Vor Drehbeginn war wochenlang unklar gewesen, welcher Darsteller die Hauptrolle übernehme. Der endgültige Hauptdarsteller Ferdinand Marian weigerte sich zunächst, die Rolle des "Jud Süß" zu übernehmen, musste sich aber nach eigenen Aussagen den Anordnungen Goebbels beugen. Marian wollte mit Blick auf künftige Rollen nicht den "bösen Juden" verkörpern und soll daher versucht haben, die Intention des Films zu unterlaufen, indem er der Hauptperson sympathische Züge verlieh. Tatsächlich bemängelte Goebbels, der sich wiederholt in die Dreharbeiten einmischte, die "schauspielerische Perfektion", vor allem die positive Darstellung der Hauptfigur durch Marian.

Nur rund 14 Wochen dauerten die Dreharbeiten, die am 15. März 1940 in Babelsberg aufgenommen und Ende Juni beendet wurden. Uraufgeführt wurde der Film ("Suss, l'ebreo") bei den Filmfestspielen in Venedig am 5. September 1940, die Premiere in Deutschland fand im Berliner Ufa-Palast am Zoo am 24. September statt.

Der 98 Minuten lange Film war "jugendfrei ab 14 Jahre" und "feiertagsfrei"; er erhielt die Prädikate "staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll" sowie "jugendwert".2Dies bedeutete, dass der Film von der Vergnügungssteuer befreit war und dass jeder Kinobesitzer zur Vorführung dieses Filmes verpflichtet war; eine Ablehnung hätte zum Ausschluss aus der Reichsfilmkammer geführt und damit Berufsverbot bedeutet.

Heinrich Himmler, der Reichsführer der SS, veröffentlichte am 30. September 1940 folgenden Erlass: "Ich ersuche Vorsorge zu treffen, daß die gesamte SS und Polizei im Laufe des Winters den Film "Jud Süß" zu sehen bekommt."3

Jeder Deutsche sollte diesen perfiden Hetzfilm sehen – und viele Deutsche sahen ihn auch. Abgesehen von Sondervorführungen für Soldaten oder für Angehörige von NS-Organisationen wie der Hitler-Jugend wurde, wie damals üblich, auch dieser "Unterhaltungsfilm" nach der Kriegs-Wochenschau gezeigt. Diese Wochenschauen dienten als Vermittler von Propaganda und waren noch wichtiger als die Spielfilme; sie suggerierten dem Zuschauer, dass er Augen- und Ohrenzeuge der Wirklichkeit war. Doch durch eine geschickte Auswahl der Berichte und durch die inszenierte Gestaltung der Aufnahmen und Kommentare hatten diese Wochenschauen, erst recht während des Krieges, oftmals wenig mit der Wirklichkeit gemein, sie stellten vielmehr eine idealisierte Nachrichtensendung aus nationalsozialistischer Sicht dar.

Dank der beliebten Schauspieler – jedoch ebenso mangels eines alternativen Freizeitangebotes und der Verbannung ausländischer Filme aus deutschen Kinos ab 1941 – wurde der Film zu einem Publikumsrenner. Bis Kriegsende sollen ihn rund 20 Millionen Menschen gesehen haben. "Jud Süß" war damit einer der erfolgreichsten Filme der NS-Zeit und spielte für die verstaatlichte Filmgesellschaft "Terra Filmkunst" rund 6,8 Millionen RM im Inland ein.

Allerdings ist dieser enorm hohen Zuschauerzahl mit Vorbehalt zu begegnen, da viele Besucher "Jud Süß" nicht freiwillig bzw. mehrfach sahen. Zwar sah demnach ein Großteil der deutschen Bevölkerung den Propagandafilm "Jud Süß", doch die 20 Millionen Zuschauer sind kein Beleg dafür, dass das Publikum antisemitische Filme bevorzugte.

Die technische Qualität des Filmes ist hervorragend, seiner Zeit geradezu voraus; spektakulär und dramatisch inszeniert sind vor allem die Massenszenen, geschickt gearbeitet wird mit dem Schwarz-Weiß-Kontrast, Überblendungen und dem Einsatz der Musik. So hört der Zuschauer bereits im Vorspann jüdischen Kultgesang aus der Synagoge und zugleich die deutsche Volksweise "All' mein' Gedanken, die ich hab', die sind bei Dir", vorgetragen von der blonden Dorothea, der Idealgestalt der deutschen Frau. Mehrfach erklingt dieses anmutige Lied, dagegen sind Dissonanzen beim Auftritt von Juden zu hören. Mehrfach wird mit solchen Gegensätzen gearbeitet, selbst bei der Hauptfigur: Zu Beginn, noch in der Frankfurter Judengasse, erscheint "Jud Süß" im Kaftan, mit Schläfenlocken und jiddischem Akzent, um die Fremdartigkeit, das Anderssein des Juden sichtbar zu machen. Doch schnell verwandelt er sich in einen eleganten Kavalier, der mit der Kutsche nach Stuttgart fährt. Am Ende des Films ist das Spiel aus, Oppenheimer legt die Maske ab, ist enttarnt, zeigt sein scheinbar wahres Gesicht; vor der Hinrichtung hört man ihn wieder in seinem jiddischen Akzent das Sterbegebet sprechen.

Verantwortlich für die Filmmusik war Wolfgang Zeller, der die Musik zu zahlreichen NS-Unterhaltungsfilmen geschrieben hatte. Die schauspielerischen Leistungen sind beachtlich. Bemerkenswert ist die Rollenbesetzung von Werner Krauß, der zu den angesehensten Schauspielern Deutschlands gehörte und für sich im Scherz forderte, alle jüdischen Nebenrollen übernehmen zu wollen, angeblich in der Annahme, damit abgelehnt zu werden. Doch Goebbels, der in der Regel Doppelbesetzungen nicht zuließ, war von diesem Gedanken fasziniert, so sollte nämlich ein rassistisches Bild vom ewig gleichen niederträchtigen Wesen "des Juden" vermittelt werden.

Der prominenteste Schauspieler in diesem Film hieß Heinrich George, der zwar angeblich "kreuzunglücklich über seine Rolle als Herzog" war4und versucht haben soll, sich dieser mit Hinweis auf "andere Verpflichtungen" zu entziehen5, doch der dann ganz als Herzog von Württemberg aufging. Bewusst war er nicht als ebenbürtiger Gegenspieler zu "Jud Süß" konzipiert, sondern – um die Dominanz des Finanzberaters zu betonen – als widerlicher, gierig-genusssüchtiger und dekadenter Herrscher.

Neben ihm agierte Malte Jaeger als Kanzleischreiber Faber, der mit seiner Rolle den vorbildlichen Nationalsozialisten, den idealen Vertreter der Hitlerjugend, verkörperte. Eugen Klöpfer spielte als Landschaftskonsulent Sturm den geradlinigen, tugendhaften Bürger, der als Vorbild für die Bevölkerung steht. Und in der Rolle des Obristen von Röder war Albert Florath zu sehen, der – im Gegensatz zum herrschsüchtigen Herzog – eine ideale Führungspersönlichkeit darstellt.

Während Hilde von Stolz die Herzogin von Württemberg verkörperte, übernahm Harlans Frau, Kristina Söderbaum, die Rolle der Dorothea Sturm und damit die Rolle des Opfers. Blond und blauäugig verkörperte sie das Idealbild der "arischen Frau".

Die mitwirkenden Hauptdarsteller gehörten in jenen Jahren zu den Spitzenverdienern der NS-Unterhaltungsbranche. Sie galten als "prominente Filmkünstler", die überdurchschnittliche Honorare erhielten. So kassierten Kristina Söderbaum 20.000 RM, Ferdinand Marian 25.000 und Werner Krauß 30.000 RM; Heinrich George erhielt 50.000 RM.

Unerwähnt blieb das Schicksal einiger Darsteller: Als Statisten für "Jud Süß" dienten auch 120 Juden, die aus dem jüdischen Getto Warschau für die Filmaufnahmen in den Prager Studios, wo der Einzug der Juden nach Stuttgart und die Synagogenszene gedreht wurde, zwangsverpflichtet wurden.

Auch die Emotionalisierung (Hinrichtung des Schmieds, Folterung Fabers, Vergewaltigung) verfehlte nicht ihre propagandistische Wirkung. Bei allen technischen Raffinessen, die dank modernster Aufnahmegeräte möglich waren, darf jedoch nicht darüber hinweg gesehen werden, dass es sich bei "Jud Süß" um einen Propagandafilm mit perfider Intention handelt. Die Diffamierung Oppenheimers drückt sich wie bei Hauff in der direkten Anrede "der Jude" aus, doch werden im Vergleich zur Hauff-Novelle die antisemitischen Ressentiments stark überzeichnet. So stellt der Film den jüdischen Finanzberater als Bedrohung der "arischen" Gesellschaft dar, gestützt auf zahlreiche antisemitische Klischees. Erst mit seinem gewaltsamen Verschwinden scheint die Welt wieder in Ordnung: Die Regie lässt bei der Hinrichtungsszene Schnee fallen, damit verschwindet auch der den Juden zugewiesene Dreck unter einem unschuldigen Weiß, das den Neuanfang im Herzogtum symbolisieren soll. Die Schwarz-Weiß-Malerei erstreckt sich auch auf die Gegenüberstellung von vergnügungssüchtiger Aristokratie (Herzog Karl Alexander) und dem ehrbaren Bürgertum, das hier als Ideal der Volksgemeinschaft gesehen werden kann.

Die Vergewaltigung von Dorothea und ihr Suizid gehören zu den wichtigsten Tatsachenverdrehungen im Film, doch mit der "Rassenschande" als zentralem Motiv wird ein aktueller Bezug zur Wirklichkeit des Dritten Reiches hergestellt. Steht Oppenheimer in der Überlieferung für den Typ des Verführers, Frauenschänders und Kupplers, so nimmt er nun in der Verfilmung die Rolle des Rassenschänders ein, der sich an "arischen" Frauen vergeht und damit die Gesetze bricht. Er lässt den Kanzleischreiber so lange foltern, bis Dorothea dem Finanzrat gehorsam-widerwillig ins Bett folgt. Mit dieser anschaulichen Darstellung der "Rassenschande" wird nicht nur vor "den Juden" gewarnt, sondern auch vor der weiblichen Unzuverlässigkeit, schließlich ist Dorothea nicht ganz unschuldig an ihrem Schicksal; sie hatte sich ja zu Beginn der Filmhandlung von Oppenheimers elegantem Auftreten blenden lassen.

Mit Oppenheimers Hinrichtung und der anschließenden Ausweisung der Juden aus dem Herzogtum Württemberg mobilisiert der Film so anschaulich sexuelle Ängste und Aggressionen bei den Zuschauerinnen. Diese subtil inszenierte Geschichtsdeutung soll die Notwendigkeit der 1935 erlassenen "Nürnberger Rassegesetze" und deren Legitimität betonen. Der Landschaftskonsulent Sturm übernimmt hier eine wichtige Rolle als "Interpret". Zeigt er sich in der Filmmitte noch ungehalten gegenüber Oppenheimer, so steigert sich sein Antisemitismus zunehmend. Den Einzug der Juden in die Stadt Stuttgart kommentiert er folgendermaßen: "Wie die Heuschrecken kommen sie über unser Land!"

Sturm erteilt dem Fremdling Hausverbot, reißt das Fenster auf und ruft: "Frische Luft, endlich frische Luft!" Nachdem die Stimme des Henkers auf dem Marktplatz vor versammeltem Volk das Urteil spricht, verliest Sturm am Filmende vor dem Volk mit lauter Stimme eine Proklamation, in der es unmissverständlich heißt:

"Die Landstände verkünden durch meinen Mund den Willen des württembergischen Volkes: Alle Juden haben innerhalb dreier Tage Württemberg zu verlassen. Für ganz Württemberg gilt hiermit der Judenbann! Gegeben zu Stuttgart am 4. Februar 1738. Mögen unsere Nachfahren an diesem Gesetz ehern festhalten, auf daß ihnen viel Leid erspart bleibe an ihrem Gut und Leben und an dem Blut ihrer Kinder und Kindeskinder."

Kein Reichsgesetzblatt vermochte so wirkungsvoll Unrecht als Recht festzuschreiben wie dieser Film. Zu den antisemitischen "Nürnberger Gesetzen" gehörte auch das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre", das "Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes" verbot.

Wie der Sicherheitsdienst der SS in seinen "Meldungen aus dem Reich" berichtete, war die Wirkung des Filmes bei den Zuschauern ganz im Sinne der NS-Propaganda. Auch außerhalb der Reichsgrenzen wurden für die SS-Einheiten und Wachmannschaften Sondervorstellungen organisiert, ebenso fanden Vorführungen des Filmes in den von Deutschland besetzten Ländern statt. Eine weitaus fatalere Wirkung jedoch hatte die Vorführung des Films in den von der Wehrmacht besetzten Ostgebieten. Die nichtjüdische Bevölkerung sollte einerseits vor "dem Judentum" gewarnt werden, andererseits erst gar nicht auf den Gedanken kommen, Juden in irgendeiner Weise behilflich zu sein.

"Jud Süß" wurde zudem auch dem Wachpersonal von Gettos und Vernichtungslagern gezeigt, gezielt vor den Tötungen von Juden; so sollte der Hass gegenüber den Gefangenen zusätzlich geschürt und die Hemmschwelle des Mordens verringert werden.

Bis 1955 stand der Film auf der Verbotsliste der Alliierten, seither gestattet der Rechteinhaber, die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die Vorführung des Filmes in Deutschland nur mit einem erläuternden Kommentar. Diese Entscheidung ist umstritten, denn die demonstrative "Unsichtbarkeit" des Films kann einerseits als Leerstelle und Schlussstrichmentalität interpretiert werden, andererseits aber auch als Ausdruck der öffentlichen Ächtung des Antisemitismus. Da nur selten der komplette Film gezeigt wird, fehlt häufig die Grundlage zur Diskussion, denn zugenommen hat dagegen die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Neben einer Vielzahl von Veröffentlichungen sendete die ARD im Jahre 2001 das dokumentarische Fernsehspiel "Jud Süß – ein Film als Verbrechen?", in dem die Entstehungsgeschichte des Films differenziert betrachtet wurde. In der Sendung wurde das Gerichtsverfahren gegen Harlan in der Nachkriegszeit dargestellt. In dieser Retrospektive betrachteten sich der Regisseur wie auch die Darsteller des Films von 1940 als Opfer von Zwängen. Entgegen der WDR-Dokumentation "Harlan – im Schatten von Jud Süß" (2009) bringt diese Annahme überzeugend auch der 2010 auf der Berlinale uraufgeführte Film "Jud Süß – Film ohne Gewissen" des Regisseurs Oskar Roehler zum Ausdruck. In diesem Unterhaltungsfilm wird die Entstehung des Films von Veit Harlan aus der Perspektive des Hauptdarstellers Ferdinand Marian erzählt.

So lange jedenfalls der "Originalfilm" nur bedingt zugänglich ist, wird er auch künftig für Gesprächsstoff sorgen.

Jörg Koch

1 Fritz Hippler, Die Verstrickung, Düsseldorf 1981, S. 199. [1]

2 Joseph Wulf, Presse und Funk. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main / Berlin 1989, S. 397. [2]

3 Zit. nach Wulf, S. 405. [3]

4 Hippler, S. 199. [4]

5 S. Heinrich George, Komödiant seiner Zeit, aufgezeichnet von Peter Laregh, München 1992, S. 225. [5]