Einführung: Programm-Entwurf der KPD (1922) und Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war ein Produkt des Ersten Weltkrieges. Die SPD der Vorkriegsjahre spaltete sich nach 1914 angesichts der Grundsatzfrage, ob man der Beteiligung Deutschlands am Krieg zustimmen sollte oder nicht. Innerhalb der im Frühjahr 1917 gegründeten Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei ({{#set:Glossar=USPD}}[[Glossar:USPD|USPD]]) bildeten radikale Kriegsgegner um {{#set:Glossar=Liebknecht}}[[Glossar:Liebknecht|Karl Liebknecht]] und {{#set:Glossar=Luxemburg}}[[Glossar:Luxemburg|Rosa Luxemburg]] mit dem {{#set:Glossar=Spartakusbund}}[[Glossar:Spartakusbund|Spartakusbund]] eine kleine Avantgardegruppe, deren Ausrichtung auf die Sowjetunion und deren Forderung nach einer radikalen politischen und sozialen Umgestaltung Deutschlands schon die programmatischen Eckpfeiler der späteren KPD erkennen ließen. Anders als die alte SPD, der sie politische Korruption durch den bürgerlichen Staat vorwarfen, forderten die Kommunisten eine Rückbesinnung auf die "wahren" marxistischen Traditionen und eine kompromisslose Politik gegen die entstehende Weimarer Republik.
<div style="text-align:right;">von: Till Kössler</div>


Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges eröffnete nach Ansicht der Kommunisten nicht nur neue Chancen für eine revolutionäre gesellschaftliche Umgestaltung, sondern gab dieser Umgestaltung auch eine besondere Dringlichkeit. Nur durch eine {{#set:Glossar=proletarische Revolution}}[[Glossar:proletarische Revolution|proletarische Revolution]], so die Überzeugung der Kommunisten, könne sichergestellt werden, dass sich die Schrecken des Krieges nicht wiederholten. Der Erfolg der russischen Oktoberrevolution bestärkte die Kommunisten in ihrer Überzeugung, dass eine revolutionäre Situation unmittelbar bevorstand. Es kam nun im Wesentlichen auf die KPD an, den weltgeschichtlichen Moment zu nutzen. War eine Revolution im als rückständig betrachteten Russischen Reich möglich gewesen, musste sie dies nach marxistischem Verständnis erst recht im industrialisierten Deutschland sein.


Kriegserfahrung und Oktoberrevolution bildeten den erfahrungsgeschichtlichen Hintergrund der kompromisslosen Maximalpolitik der KPD bis zum Ende der Weimarer Republik. Die Kommunisten betrieben eine aktivistische, atemlose und verbalradikale Politik, die sich in immer neuen Mobilisierungsanstrengungen und Kampagnen verausgabte, aber kaum langfristige Orientierung aufwies. Da das kommunistische "Reich" unmittelbar bevorstand, wie der Programm-Entwurf von 1922 ausführte, galt es alle Kräfte für einen revolutionären Aufbruch einzuspannen.
Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war ein Produkt des Ersten Weltkrieges. Die SPD der Vorkriegsjahre spaltete sich nach 1914 angesichts der Grundsatzfrage, ob man der Beteiligung Deutschlands am Krieg zustimmen sollte oder nicht. Innerhalb der im Frühjahr 1917 gegründeten Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) bildeten radikale Kriegsgegner um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg mit dem Spartakusbund eine kleine Avantgardegruppe, deren Ausrichtung auf Sowjetrussland und deren Forderung nach einer radikalen politischen und sozialen Umgestaltung Deutschlands schon die programmatischen Eckpfeiler der späteren KPD erkennen ließen.  


Welche Politik die KPD einschlagen sollte, um diesen Aufbruch herbeizuführen, war Anfang der 20er Jahre jedoch innerparteilich höchst umstritten. Nachdem {{#set:Glossar=syndikalistisch}}[[Glossar:syndikalistisch|syndikalistische]] und rechtskommunistische Strömungen aus der Partei verdrängt worden waren, prägte ab 1921 der Konflikt zwischen der etablierten Parteiführung und einer neuen "linken" Opposition junger und radikaler Kommunisten die Parteigeschichte. Der Programm-Entwurf von 1922 kann in diesem schwelenden Konflikt als Versuch gelesen werden, einen einheitlichen Kurs und eine einheitliche Sprache in der Partei durchzusetzen. Seine geringe praktische Bedeutung – das Programm wurde nie verabschiedet – weist jedoch auf die Schwierigkeiten der politischen Homogenisierung der KPD hin.
Anders als die alte SPD, der sie politische Korruption durch den bürgerlichen Staat vorwarfen, forderten die Kommunisten eine Rückbesinnung auf die „wahren“ marxistischen Traditionen und eine kompromisslose Politik gegen die entstehende Weimarer Republik. Sie gründeten am 1. Januar 1919 mit der der KPD eine eigenständige Partei, die zunächst allerdings nur wenig politische Strahlkraft entfalten konnte. Erst zwei Jahre später, im Dezember 1920, gelang es der KPD nach dem Übertritt einer großen Zahl von Mandatsträgern und Mitgliedern der USPD, sich als wichtige politische Kraft der Weimarer Republik zu etablieren. Die USPD hatte sich auf ihrem Parteitag im Oktober 1920 angesichts ihrer Haltung zum Führungsanspruch der russischen Bolschewisten innerhalb der Kommunistischen Weltbewegung gespalten.  


Die Spaltung der sozialistischen Arbeiterbewegung wurde durch die Regierungsbeteiligung der SPD und die sozialen Unruhen der frühen 20er Jahre zementiert. Die KPD wandelte sich in diesen Jahren durch den Zusammenschluss mit der Mehrheit der USPD von einer kleinen Avantgardeorganisation zu einer Massenpartei mit besonderen Schwerpunkten in den Industrieregionen und Großstädten. Der Zustrom zur KPD erklärt sich nicht zuletzt aus der Enttäuschung vieler Industriearbeiter, die erwartet hatten, mit der neuen Republik würden soziale Partizipationsversprechen eingelöst. Im Frühjahr 1919, 1921 und im Oktober 1923 rief die KPD zu Aufständen auf, die jedoch jeweils schnell scheiterten und die Partei an den Rand der Auflösung brachten.
Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges eröffnete nach Ansicht der Kommunisten nicht nur neue Chancen für eine revolutionäre gesellschaftliche Umgestaltung, sondern gab dieser Umgestaltung auch eine besondere Dringlichkeit. Nur durch eine proletarische Revolution, so die Überzeugung der Kommunisten, könne sichergestellt werden, dass sich die Schrecken des Krieges nicht wiederholten. Der Erfolg der russischen Oktoberrevolution bestärkte die Kommunisten in ihrer Überzeugung, dass eine revolutionäre Situation unmittelbar bevorstand. Es kam nun im Wesentlichen auf die KPD an, den weltgeschichtlichen Moment zu nutzen. War eine Revolution im als rückständig betrachteten Russischen Reich möglich gewesen, musste sie dies nach marxistischem Verständnis erst recht im industrialisierten Deutschland sein.


Die KPD gab sich die Struktur einer zentralistisch organisierten {{#set:Glossar=Kaderpartei}}[[Glossar:Kaderpartei|Kaderpartei]] nach dem Vorbild der {{#set:Glossar=KPdSU}}[[Glossar:KPdSU|KPdSU]]. Innerparteiliche Demokratie spielte in ihr nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie folgte damit der leninistischen Überzeugung, dass eine Revolution nur durch eine disziplinierte und nach dem Prinzip militärischer Einheiten geformte Kraft herbeigeführt werden könne. Allerdings war das Modell der Kaderpartei in der politischen Realität lange Zeit mehr Leitbild als Wirklichkeit. Die Zugriffsmöglichkeiten der Parteileitungen auf die Mitglieder an der Basis, die oft ganz eigene Vorstellungen von kommunistischer Politik hatten, blieben begrenzt und verschiedene Parteiflügel lieferten sich erbitterte Auseinandersetzungen um die Führung der Bewegung.
Kriegserfahrung und Oktoberrevolution bildeten den erfahrungsgeschichtlichen Hintergrund für die kompromisslose Maximalpolitik der KPD bis zum Ende der Weimarer Republik. Die Kommunisten betrieben eine aktivistische, atemlose und verbalradikale Politik, die sich in immer neuen Mobilisierungsanstrengungen und Kampagnen verausgabte, aber kaum eine langfristige Orientierung aufwies. Da das kommunistische „Reich“ unmittelbar bevorstand, wie der Programm-Entwurf von 1922 ausführte, galt es alle Kräfte für einen revolutionären Aufbruch einzuspannen.


Die Politik der KPD war durch ein streng dualistisches Weltbild gekennzeichnet, das Politik in moralischen Kategorien als Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse verstand und keinen Platz für Kompromisse und Verhandlungen ließ. Obwohl es auf der Ebene der Länder und Kommunen teilweise zu parlamentarischen Bündnissen mit der SPD kam, lehnte die KPD parlamentarische Arbeit im Grundsatz ab. Sie wollte keine "Koalitionspartei" oder "Ministerpartei" werden. Ihre Politik war stattdessen auf eine ständige Mobilisierung der abhängig beschäftigten Bevölkerung ausgerichtet, wobei die Industriebetriebe im Zentrum der Werbekampagnen standen. Streiks und Auseinandersetzungen auf der lokalen Ebene sollten den repressiven Charakter des Weimarer Staates offen legen, eine Solidarisierung der Bevölkerung bewirken und den Einfluss der KPD immer weiter steigern. Um eine breite Mobilisierung der Bevölkerung zu erreichen, baute die KPD im Verlauf der 20er Jahre auch ein umfangreiches Netz von {{#set:Glossar=Vorfeldorganisationen}}[[Glossar:Vorfeldorganisationen|Vorfeldorganisationen]] auf, die eine zielgruppenspezifische Werbung betreiben sollten. Insgesamt gelang es der KPD zwar immer wieder, mit diesen Anhänger zu rekrutieren, doch scheiterte sie in dem Versuch, Sympathisanten über ein engeres Kernmilieu hinaus langfristig zu integrieren und zu mobilisieren. Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse wiesen bis zum Ende der Weimarer Republik große Schwankungen auf.
Mit welcher Politik die KPD diesen Aufbruch herbeiführen sollte, war Anfang der 1920er Jahre innerparteilich jedoch höchst umstritten. Nachdem syndikalistische und rechtskommunistische Strömungen aus der Partei verdrängt worden waren, prägte ab 1921 der Konflikt zwischen der etablierten Parteiführung und einer neuen „linken“ Opposition aus jungen und radikalen Kommunisten die Parteigeschichte. Der Programmentwurf von 1922 kann in diesem schwelenden Konflikt als Versuch gelesen werden, einen einheitlichen Kurs und eine einheitliche Sprache in der Partei durchzusetzen. Seine geringe praktische Bedeutung – das Programm wurde nie verabschiedet – weist jedoch auf die Schwierigkeiten der politischen Homogenisierung der KPD hin.


Auf das Scheitern der verschiedenen Aufstandsversuche in den Jahren zwischen 1919 und 1923 folgte eine Phase der Stagnation und heftiger Fraktionskämpfe, die den Ausschluss ganzer Parteiflügel nach sich zogen. Erst mit Beginn der Weltwirtschaftskrise setzte ein neuer und rasanter Aufschwung der KPD ein, der bis 1932 anhielt. In diesem Jahr zählte die Partei etwa 320.000 Mitglieder und erreichte bei den Reichstagswahlen im November 16,9 Prozent der Stimmen.
Die Spaltung der sozialistischen Arbeiterbewegung wurde durch die Regierungsbeteiligung der SPD und die sozialen Unruhen der frühen 1920er Jahre zementiert. Die KPD wandelte sich in diesen Jahren durch den Zusammenschluss mit der Mehrheit der USPD am 4. Dezember 1920 von einer kleinen Avantgardeorganisation zu einer Massenpartei mit besonderen Schwerpunkten in den Industrieregionen und Großstädten. Der Zustrom zur KPD erklärt sich nicht zuletzt aus der Enttäuschung vieler Industriearbeiter, die erwartet hatten, mit der neuen Republik würden soziale Partizipationsversprechen eingelöst. Im Frühjahr 1919, 1921 und im Oktober 1923 rief die KPD zu Aufständen auf, die jedoch jeweils schnell scheiterten und die Partei an den Rand der Auflösung brachten.


Der politische Aufschwung wurde von einer "ultralinken" Wendung der kommunistischen Politik begleitet. Mit der Wirtschaftskrise schien eine revolutionäre Situation wieder in greifbare Nähe zu rücken. Die Radikalisierung kommunistischer Politik wurde wesentlich von der Moskauer Kominternzentrale forciert und gestaltet. Die KPD hatte sich von Anfang an als Teil einer übernationalen, weltumfassenden Bewegung definiert (siehe den Punkt "Internationale Aufgaben" im Programm-Entwurf von 1922), die in der Kommunistischen Internationalen mit Sitz in Moskau ihr höchstes Führungsgremium hatte. Ein Einfluss der sowjetischen Führung, welche die Komintern bald vollständig dominierte, auf die deutsche Partei bestand seit 1919, doch erreichte der Moskauer Zugriff seit Mitte der 20er Jahre eine neue Qualität. Die Komintern bestimmte nun die Politik der KPD und die personale Zusammensetzung ihrer Führungsorgane fast vollständig. Der Moskauer Machtanspruch verschärfte die Spannungen zwischen unterschiedlichen Flügeln der Partei, aber auch zwischen Parteiführung und den einzelnen Mitgliedergruppen, was von der allgegenwärtigen Rhetorik der Geschlossenheit in den programmatischen Äußerungen der KPD nur mühsam verdeckt werden konnte. Als hierarchisch strukturierte Kaderpartei konnte die KPD jedoch Fraktionskämpfe nicht dauerhaft dulden und die Moskautreue Parteileitung schloss von der Parteilinie abweichende Funktionärsgruppen sukzessive aus der Partei aus.
Die KPD gab sich die Struktur einer zentralistisch organisierten Kaderpartei nach dem Vorbild der KPR (B). Innerparteiliche Demokratie spielte in ihr nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie folgte der leninistischen Überzeugung, dass eine Revolution nur durch eine disziplinierte und nach dem Prinzip militärischer Einheiten geformte Kraft herbeigeführt werden könne. Allerdings war das Modell der Kaderpartei in der politischen Realität lange Zeit mehr Leitbild als Wirklichkeit. Die Zugriffsmöglichkeiten der Parteileitungen auf die Mitglieder an der Basis, die oft ganz eigene Vorstellungen von kommunistischer Politik hatten, blieben begrenzt und verschiedene Parteiflügel lieferten sich erbitterte Auseinandersetzungen um die Führung der Bewegung.


Die Radikalisierung der kommunistischen Politik war jedoch nicht nur den Vorgaben aus Moskau geschuldet, sondern besaß in den persönlichen Erfahrungen vieler Kommunisten auch eine lebensweltliche Basis, ohne die der neue Kurs nicht hätte durchgesetzt werden können. Infolge großflächiger Rationalisierungsmaßnahmen in der Industrie, aber auch aufgrund politisch motivierter Entlassungen von Kommunisten stieg der Anteil der Arbeitslosen unter den Parteimitgliedern Ende der 20er Jahre deutlich an. Der persönliche Ausschluss aus der Arbeitswelt verlieh der antikapitalistischen Politik der KPD eine besondere Überzeugungskraft. Neben die Betriebe als Handlungsort der Kommunisten trat in den Großstädten nun verstärkt die Straße als Aktionsraum. Durch eine Symbolpolitik der Umzüge, Demonstrationen und Massenversammlungen versuchte die KPD ihren Anspruch als maßgebliche politische Kraft zu untermauern und eine umfassende Mobilisierung ihrer Anhängerschaft zu erreichen.
Die Politik der KPD war von einem streng dualistischen Weltbild geprägt, das Politik in moralischen Kategorien als Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse verstand und keinen Platz für Kompromisse und Verhandlungen ließ. Obwohl es auf Landes- und Kommunalebene teilweise zu parlamentarischen Bündnissen mit der SPD kam, lehnte die KPD parlamentarische Arbeit im Grundsatz ab. Sie wollte keine „Koalitionspartei“ oder „Ministerpartei“ werden. Ihre Politik war stattdessen auf eine ständige Mobilisierung der lohnabhängigen Bevölkerung ausgerichtet, wobei die Industriebetriebe im Zentrum der Werbekampagnen standen. Streiks und Auseinandersetzungen auf lokaler Ebene sollten den repressiven Charakter des Weimarer Staates offenlegen, eine Solidarisierung der Bevölkerung bewirken und den Einfluss der KPD immer weiter steigern. Um eine breite Mobilisierung der Bevölkerung zu erreichen, baute die KPD im Verlauf der 1920er Jahre auch ein umfangreiches Netz von Vorfeldorganisationen auf, die eine zielgruppenspezifische Werbung betreiben sollten. Insgesamt gelang es der KPD auf diese Weise zwar immer wieder, neue Anhänger zu rekrutieren, doch scheiterte sie an dem Versuch, Sympathisanten über ein engeres Kernmilieu hinaus langfristig zu integrieren und zu mobilisieren. Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse wiesen bis zum Ende der Weimarer Republik große Schwankungen auf.


Die vom engsten Führungskreis der KPD erarbeitete Programmerklärung von August 1930 war ein prominenter Ausdruck der neuen Politik. Die Erklärung versammelt die wichtigsten politischen Positionen der KPD in der Endphase der Weimarer Republik und gibt Auskunft über die strategischen Ziele der Partei. Der neue "ultralinke" Kurs zeichnete sich insbesondere durch eine scharfe Konfrontation mit der SPD aus. Mit dem Scheitern der revolutionären Unternehmungen war in der KPD die Frustration über die fehlgeschlagenen Bemühungen, die sozialdemokratische Anhängerschaft für sich zu gewinnen, gewachsen. Die SPD war die Hauptkonkurrentin der KPD und das Verhältnis zur größeren Arbeiterpartei ein Kernproblem des deutschen Kommunismus. Einer scharfen rhetorischen Abgrenzung von der sozialdemokratischen Politik hatten zunächst immer wieder Bemühungen um ein Bündnis mit der sozialdemokratischen Führung gegenübergestanden. Ende der 20er Jahre trat jedoch die Konfrontationspolitik eindeutig in den Vordergrund. Nach der offiziellen Doktrin der Komintern mussten die Sozialdemokraten als "Sozialfaschisten" ebenso heftig bekämpft werden wie die {{#set:Glossar=NSDAP}}[[Glossar:NSDAP|NSDAP]]. Auch Zweckbündnisse in Einzelfragen wurden abgelehnt.
Auf das Scheitern der verschiedenen Aufstandsversuche in den Jahren zwischen 1919 und 1923 folgte eine Phase der Stagnation und heftiger Fraktionskämpfe, die zum Ausschluss ganzer Parteiflügel führten. Erst mit Beginn der Weltwirtschaftskrise setzte ein neuer und rasanter Aufschwung der KPD ein, der bis 1932 anhielt. In diesem Jahr zählte die Partei etwa 320&nbsp;000 Mitglieder und erreichte bei den Reichstagswahlen im November 16,9 Prozent der Stimmen.


Die Auseinandersetzung mit dem zumeist nicht näher bestimmten Faschismus war Bestandteil kommunistischer Rhetorik seit Anfang der 20er Jahre, und Antifaschismus ein wesentlicher Teil des kommunistischen Selbstverständnisses. Doch mit dem Aufstieg der NSDAP wurde die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus seit 1929 zum alles beherrschenden Thema kommunistischer Verlautbarungen. Die Programmerklärung von 1930 verdeutlicht in diesem Zusammenhang die Bemühungen der kommunistischen Führung, eine adäquate politische Strategie gegenüber den Nationalsozialisten zu entwickeln. Deren schwer zu leugnende Mobilisierungserfolge auch in der Arbeiterschaft erforderten eine intensive Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Politik, die allerdings durch eine unzulängliche Definition des {{#set:Glossar=Faschismus}}[[Glossar:Faschismus|Faschismus]] als Instrument des Großkapitals erheblich behindert wurde. Zudem befand sich die KPD in einer defensiven Position, musste sie sich doch gegen massive Vorwürfe nationaler Unzuverlässigkeit seitens der anderen Parteien wehren. Die Betonung der eigenen nationalen Positionen – in der Programmerklärung von 1930 war ja bereits im Programmtitel von "nationaler Befreiung" die Rede – stellten vor diesem Hintergrund Versuche dar, auf diesem für die KPD äußerst sensiblen Politikfeld in die Offensive zu gelangen. Die nationale Rhetorik war allerdings nicht nur taktischer Natur, sondern entsprach auch einem tiefsitzenden Misstrauen gegenüber den "imperialistischen" Mächten im Westen.
Der politische Aufschwung wurde von einer „ultralinken“ Wende der kommunistischen Politik begleitet. Mit der Wirtschaftskrise schien eine revolutionäre Situation wieder in greifbare Nähe zu rücken. Die Radikalisierung kommunistischer Politik wurde wesentlich von der Moskauer Kominternzentrale forciert und gestaltet. Die KPD hatte sich von Anfang an als Teil einer übernationalen, weltumfassenden Bewegung definiert (siehe den Punkt „Internationale Aufgaben“ im Programm-Entwurf von 1922), die in der Kommunistischen Internationalen mit Sitz in Moskau ihr höchstes Führungsgremium hatte. Ein Einfluss der sowjetischen Führung, welche die Komintern bald vollständig dominierte, auf die deutsche Partei bestand seit 1919, aber seit Mitte der 1920er Jahre erreichte der Moskauer Zugriff eine neue Qualität. Die Komintern bestimmte nun fast vollständig die Politik der KPD und die personale Zusammensetzung ihrer Führungsorgane. Der Moskauer Machtanspruch verschärfte die Spannungen zwischen unterschiedlichen Parteiflügeln, aber auch zwischen Parteiführung und den einzelnen Mitgliedergruppen, was von der allgegenwärtigen Rhetorik der Geschlossenheit in den programmatischen Äußerungen der KPD nur mühsam verdeckt werden konnte. Als hierarchisch strukturierte Kaderpartei konnte die KPD jedoch Fraktionskämpfe nicht dauerhaft dulden und die Moskautreue Parteileitung schloss von der Parteilinie abweichende Funktionärsgruppen sukzessive aus der Partei aus.


Mit den Erfolgen der Nationalsozialisten rückte schließlich auch die Frage, welche Rolle Gewalt in der kommunistischen Politik spielen sollte, wieder in den Vordergrund. Das Thema politische Gewalt war seit der Gründung der Partei ein Kernpunkt innerparteilicher Diskussionen. Das Verhältnis der Kommunisten zur Gewalt war insgesamt höchst ambivalent. Zwar verurteilte die Parteiführung wiederholt einzelne Gewalttaten von Kommunisten gegen politische Gegner und bemühte sich, sie zu verhindern, doch in ihren politischen Äußerungen finden sich durchgängig auch affirmative Bezüge zu Gewalt. Sie versuchte dabei strikt zu trennen zwischen einer nicht näher definierten revolutionären Gewalt und einer bürgerlichen Gewalt, die sie vollständig abgelehnte ("Die bürgerliche Gewalt ist reaktionär, die proletarische Gewalt ist revolutionär"). Insgesamt legen auch eine militante Rhetorik und die militärähnliche öffentliche Selbstdarstellung der Kommunisten, besonders des {{#set:Glossar=Roter Frontkaempferbund}}[[Glossar:Roter Frontkaempferbund|Roten Frontkämpferbundes]] als paramilitärischer Vorfeldorganisation, nahe, dass die KPD eine durchaus positive Haltung zur Gewalt einnahm. Eine aktive Gewaltpolitik verfolgte die KPD allerdings seit dem misslungenen Aufstandsversuch von 1923 nicht mehr.
Die Radikalisierung der kommunistischen Politik war jedoch nicht nur den Vorgaben aus Moskau geschuldet, sondern besaß in den persönlichen Erfahrungen vieler Kommunisten auch eine lebensweltliche Basis, ohne die der neue Kurs nicht hätte durchgesetzt werden können. Infolge großflächiger Rationalisierungsmaßnahmen in der Industrie, aber auch aufgrund politisch motivierter Entlassungen von Kommunisten stieg der Anteil der Arbeitslosen unter den Parteimitgliedern Ende der 1920er Jahre deutlich an. Der persönliche Ausschluss aus der Arbeitswelt verlieh der antikapitalistischen Politik der KPD eine besondere Überzeugungskraft. Neben die Betriebe als Handlungsort der Kommunisten trat in den Großstädten nun verstärkt die Straße als Aktionsraum. Durch eine Symbolpolitik der Umzüge, Demonstrationen und Massenversammlungen versuchte die KPD ihren Anspruch als maßgebliche politische Kraft zu untermauern und eine umfassende Mobilisierung ihrer Anhängerschaft zu erreichen.


Die beiden Quellentexte geben einen exemplarischen Einblick in die Vorstellungswelt und Politikentwürfe der KPD. Neben klassischen Topoi aus der politischen Rhetorik der deutschen Arbeiterbewegung kennzeichnet die Texte eine Sprache des Unbedingten, die eng auf die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegskrisen bezogen werden kann. Die Verbindung beider Sprachen und der damit verbundenen politischen Konzepte stellt ein wesentliches Merkmal des deutschen Kommunismus im 20. Jahrhundert dar.
Die vom engsten Führungskreis der KPD erarbeitete Programmerklärung von August 1930 war ein prominenter Ausdruck der neuen Politik. Sie fasste die wichtigsten politischen Positionen der KPD in der Endphase der Weimarer Republik zusammen und gibt Auskunft über die strategischen Ziele der Partei. Der neue „ultralinke“ Kurs zeichnete sich insbesondere durch eine scharfe Konfrontation mit der SPD aus. Mit dem Scheitern der revolutionären Unternehmungen war in der KPD die Frustration über die fehlgeschlagenen Bemühungen, die sozialdemokratische Anhängerschaft für sich zu gewinnen, gewachsen. Die SPD war die Hauptkonkurrentin der KPD und das Verhältnis zur größeren Arbeiterpartei war ein Kernproblem des deutschen Kommunismus. Einer scharfen rhetorischen Abgrenzung von der sozialdemokratischen Politik standen zunächst immer wieder Bemühungen um ein Bündnis mit der sozialdemokratischen Führung gegenüber. Ende der 1920er Jahre trat jedoch die Konfrontationspolitik eindeutig in den Vordergrund. Nach der offiziellen Doktrin der Komintern mussten die Sozialdemokraten als „Sozialfaschisten“ ebenso heftig bekämpft werden wie die NSDAP. Auch Zweckbündnisse in Einzelfragen wurden abgelehnt.


Die Auseinandersetzung mit dem zumeist nicht näher bestimmten Faschismus war seit Anfang der 1920er Jahre Bestandteil kommunistischer Rhetorik, und Antifaschismus ein wesentlicher Teil des kommunistischen Selbstverständnisses. Doch mit dem Aufstieg der NSDAP wurde die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ab 1929 zum alles beherrschenden Thema kommunistischer Verlautbarungen. Die Programmerklärung von 1930 verdeutlicht in diesem Zusammenhang die Bemühungen der kommunistischen Führung, eine adäquate politische Strategie gegenüber den Nationalsozialisten zu entwickeln. Deren schwer zu leugnende Mobilisierungserfolge auch in der Arbeiterschaft erforderten eine intensive Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Politik, die allerdings durch eine unzulängliche Definition des Faschismus als Instrument des Großkapitals erheblich behindert wurde. Zudem befand sich die KPD in einer defensiven Position, da sie sich gegen massive Vorwürfe nationaler Unzuverlässigkeit seitens der anderen Parteien wehren musste. Die Betonung der eigenen nationalen Positionen – in der Programmerklärung von 1930 war ja bereits im Programmtitel von „nationaler Befreiung“ die Rede – stellten vor diesem Hintergrund Versuche dar, auf diesem für die KPD äußerst sensiblen Politikfeld in die Offensive zu gelangen. Die nationale Rhetorik war allerdings nicht nur taktischer Natur, sondern entsprach auch einem tiefsitzenden Misstrauen gegenüber den „imperialistischen“ Mächten im Westen.


Till Kössler
Mit den Erfolgen der Nationalsozialisten rückte schließlich auch die Frage nach der Rolle der Gewalt in der kommunistischen Politik wieder in den Vordergrund. Das Thema politische Gewalt war seit der Gründung der Partei ein Kernpunkt innerparteilicher Diskussionen. Das Verhältnis der Kommunisten zur Gewalt war insgesamt höchst ambivalent. Zwar verurteilte die Parteiführung wiederholt einzelne Gewalttaten von Kommunisten gegen politische Gegner und bemühte sich, sie zu verhindern, doch finden sich in ihren politischen Äußerungen durchgängig auch affirmative Bezüge zu Gewalt. Sie versuchte dabei strikt zu unterscheiden zwischen einer nicht näher definierten revolutionären Gewalt und einer bürgerlichen Gewalt, die sie vollständig abgelehnte („Die bürgerliche Gewalt ist reaktionär, die proletarische Gewalt ist revolutionär“). Insgesamt legen auch eine militante Rhetorik und die militärähnliche öffentliche Selbstdarstellung der Kommunisten, besonders des Roten Frontkämpferbundes als paramilitärischer Vorfeldorganisation, nahe, dass die KPD eine durchaus positive Haltung zur Gewalt einnahm. Eine aktive Gewaltpolitik verfolgte die KPD allerdings seit dem misslungenen Aufstandsversuch von 1923 nicht mehr.


Die beiden Quellentexte geben einen exemplarischen Einblick in die Vorstellungswelt und die politischen Ideen der KPD. Neben klassischen Topoi aus der politischen Rhetorik der deutschen Arbeiterbewegung sind die Texte durch eine Sprache des Unbedingten gekennzeichnet, die eng auf die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegskrisen bezogen werden kann. Die Verbindung beider Sprachen und der mit ihnen verbundenen politischen Konzepte stellt ein wesentliches Merkmal des deutschen Kommunismus im 20. Jahrhundert dar.
   
   
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Из проекта программы КПГ от 1922г. и объяснение программы по национальному и социальному освобождению немецкого народа. Прокламация ЦК КПГ от 24 августа 1930г.
[Русская версия отсутствует]  
 
Коммунистическая Партия Германии (КПГ) была продуктом Первой мировой войны. СДПГ предвоенных лет расходилась во мнениях после 1914г. ввиду принципиального вопроса, нужно ли было соглашаться с участием Германии в войне или нет. В пределах основанной весной 1917г. Независимой Социал-Демократической Партии ({{#set:Glossar=НСДП}}[[Glossar:НСДП|НСДП]]) радикальные противники войны как {{#set:Glossar=Либкнехт}}[[Glossar:Либкнехт|Карл Либкнехт]] и {{#set:Glossar=Люксембург}}[[Glossar:Люксембург|Роза Люксембург]] с {{#set:Glossar=союз Спартак}}[[Glossar:союз Спартак|союзом Спартака]] образовывали маленькую группу авангарда, направление на Советский Союз и требование радикального политического и социального преобразования Германии которой показывали уже программные опоры поздней КПГ. Иначе чем старая СДПГ, которую они упрекали в политической корупции гражданским государством, коммунисты требовали обратного сознания на "верные" марксистские традиции и бескомпромиссную политику против возникающей Веймарской республики.
 
Катастрофа Первой мировой войны открывала по мнению коммунистов не только новые шансы для революционного общественного преобразования, а также давала особенную срочность этому преобразованию. Только {{#set:Glossar=пролетарская Революция}}[[Glossar:пролетарская Революция|пролетарской революцией]], согласно убеждению коммунистов, возможно было бы обеспечить, чтобы ужасы войны больше не повторились. Успех русской октябрьской революции подтверждал коммунистов в их убеждении, что революционная ситуация непосредственно предстояла. Теперь это зависело в существенном от КПГ использовать всемирно-исторический момент.
 
Если революция была возможна в как отстало рассматреваемой Русской империи, то она должна тем более, в марксистском понимании, иметь место в индустриализируемой Германии.
 
Опыт войны и октябрьская революция образовывали фон исторического опыта бескомпромиссной максимальной политики КПГ до конца Веймарской республики. Коммунисты занимались активистской, запыхавшейся и вербально-радикальной политикой, которая всё больше разорялась в новых усилиях мобилизации и кампаниях, но едва ли предоставляла долгосрочную ориентацию. Так как коммунистическая "империя" непосредственно предстояла, как это предусматривал проект программы 1922г., нужно было привести все силы для революционного прорыва.
 
Какая политика КПГ должна была имееть успех, чтобы вызвать этот прорыв, однако оспаривался внутрипартийно в начале 20ых годов. После того, как {{#set:Glossar=синдикалистические}}[[Glossar:синдикалистические|синдикалистические]] и правые коммунистические течения были вытеснены из партии, конфликт между прочным партийным руководством и новой "левой" оппозицией молодых и радикальных коммунистов с 1921г. накладывало свой отпечаток на партийную историю. Проект программы 1922г. может читаться в этом тлеющем конфликте как попытка осуществить унифицированный курс и унифицированный язык в партии. Его несущественное практическое значение – программа никогда не принималось – указывает, тем не менее, на трудности политического однородности КПГ.
 
Расщепление социалистического рабочего движения цементировалось правительственным участием СДПГ и социальными беспорядками ранних 20ых годов. КПГ превращалась в течение этих лет с соединением большинства НСДП из маленькой организации авангарда в массовую партию с узловыми центрами в промышленных регионах и крупных городах. Приток к КПГ объясняется не в последнюю очередь разочарованием многих индустриальных рабочих, которые ожидали, что с новой республикой будут выполнены социальные обещания участия. Весной 1919г., 1921г. и в октябре 1923г. КПГ призывала к восстаниям, которые терпели неудачу и соответственно быстро приводили партию до края распада.
 
КПГ давала себе структуру централистской организованной {{#set:Glossar=кадровая партия}}[[Glossar:кадровая партия|кадровой партии]] по образцу {{#set:Glossar=КПСС}}[[Glossar:КПСС|КПСС]]. Внутрипартийная демократия играла в ней только очень подчиненную роль. Она следовала с этим лениниским убеждением, что революция могла бы вызываться только дисциплинированной и по принципу военных подрвзделений сформированной силой. Но модель кадровой партии в политической реальности долгое время была больше образцом чем реальностью. Возможности доступа партийных руководств к рядовым членам, которые имели часто собственные представления о коммунистической политике, оставались ограниченными и различные партийные крылья поставляли себя ожесточенным дискуссиям вокруг руководства движения.
 
Политика КПГ была обозначена строго дуалистским мировозрением, которое понимало политику в моральных категориях как дискуссию между добром и злом, и не оставляло никакого места для компромиссов и переговоров. Хотя дело на уровне земель и городов частично доходило до парламентских союзов с СДПГ, КПГ отказывалась в принципе от парламентской работы. Она не хотела быть "коалиционной партией" или "партией министров". Её политика была направлена на постоянную мобилизацию, зависимо от работающего населения, причем промышленные предприятия стояли в центре агитационных кампаний. Забастовки и дискуссии на локальном уровне должны были делать репрессивный характер Веймарского государства очевидным, вызывать солидарность населения и всё больше увеличивать влияние КПГ. Чтобы достигнуть широкой мобилизации населения, КПГ в течение 20ых годов строила также обширную сеть из {{#set:Glossar=организации предполья}}[[Glossar:организации предполья|организаций предполья]], которые должны были заниматься специфической агитации для целевых групп. В целом КПГ, снова и снова удавалось рекрутироваться с этими приверженцами, все же, она терпела неудачу в попытке долгосрочно интегрировать симпатизантов за пределы центрального круга и мобилизировать их. Число членов и результаты выборов указывали до конца Веймарской Республики на большие колебания.
 
За неудачей различных попыток восстания в течение лет между 1919г. и 1923г. следовала фаза стагнации и сильной борьбы фракции, которая тянула за собой исключение всех партийных крыльев. Только с начала мирового экономического кризиса наступал новый и стремительный взлет КПГ, который оставался до 1932г. В этом году партия насчитывала примерно 320.000 членов и достигала при выборах Рейхстага в ноябре 16,9 % голосов.
 
Политический взлет сопровождался "ультралевой" переменой коммунистической политики. С экономическим кризисом революционная ситуация, кажется, двигалась снова в ощутимую близость. Радикализация коммунистической политики существенно форсировалась и оформлялась московским Коминтерном. КПГ определила себя с самого начала как часть международного, всемирного движения (смотри пункт "Международные задания" в проекте программы 1922г.), которая в Коммунистическом Интернационале с местонахождением в Москве имела её высшее руководство. Влияние советского руководства, которое скоро полностью доминировало Коминтерн, на немецкую партию существовало с 1919г., с середины 20ых годов Московский доступ достигал нового качества. Теперь Коминтерн определял почти полностью политику КПГ и персональный состав ее руководящих органов. Московское требование власти обостряло напряжения между разными крыльями партии, но также и между партийным руководством и отдельными членскими группами, что только с трудом могло скрываться вездесущей риторикой сплоченности в программных отзывах КПГ. Как иерархически структурируемая кадровая партия КПГ не могла долгосрочно терпеть борьбу фракции и подчинённое Москве руководство постепенно исключало от партийной линии отклоняющихся групп функционеров из партии. Радикализация коммунистической политики не только была обязанна указаниям из Москвы, но имела в личных опытах многих коммунистов также жизненной основой, без которой не смог бы осуществляться новый курс. Вследствие обширных мероприятий в области рационализации в индустрии, а также и на основе политически мотивированных увольнений коммунистов, участие безработных отчетливо возврастало среди членов партии в конце 20ых годов. Личное исключение из мира труда придавало особенную силу убеждениям антикапиталистической политике КПГ. Наряду с предприятиями как места действия коммунистов, в крупных городах улица все больше была местом для действий. Символической политикой шествий, демонстраций и массовых собраний КПГ пыталась обосновать её претензию быть важной политической силой и достигнуть обширной мобилизации своих приверженцев.
 
Выработанное тесным кругом руководства КПГ программное заявление от августа 1930г. было знаменитым выражением новой политики. Заявление собрало самые важные политические позиции КПГ в конечной фазе Веймарской республики и дало информацию о стратегических целях партии. Новый "ультралевый" курс отличался, в частности, острой конфронтацией с СДПГ. С неудачей революционных предприятий выросло в КПГ разочарование о неудавшихся усилиях завоевать социал-демократических приверженцев. СДПГ была основным конкурентом КПГ и отношение к большой рабочей партии представляло центральную проблему немецкого коммунизма. Острому риторическому ограничению от социал-демократической политики противостояли сначала всегда усилия для союза с социал-демократическим руководством. В конце 20ых годов политика конфронтации подходила однозначно на передний план. Согласно официальной доктрине Коминтерна социал-демократы должны были быть побороты как "социальные фашисты" так же сильно как {{#set:Glossar=НСДАП}}[[Glossar:НСДАП|НСДАП]]. Также обусловленные целью союзы в отдельных вопросах отклонялись. Дискуссия с в первое время не точно определенным фашизмом была составной частью коммунистической риторики с начала 20ых годов, и антифашизм существенной частью коммунистического самопонимания образа. Все же, с подъемом НСДАП полемика с национал-социализмом стала с 1929г. владеющей темой коммунистических деклараций. Программное заявление 1930г. поясняет в этой связи усилия коммунистического руководства разработать адекватную политическую стратегию по отношению к национал-социалистам. Их сложно отрицающиеся успехи мобилизации также в рабочем классе требовали интенсивного разбора с национал-социалистской политикой, которому значительно препятствовало недостаточное определение {{#set:Glossar=фашизм}}[[Glossar:фашизм|шизма]]ак инструмента большого капитала. Кроме того, КПГ находилась по оборонительной позиции, она должна была защищаться от массивных упреков национальной ненадежности со стороны других партий. Акцент собственных национальных позиций – в программном заявлении 1930г. в программном заголовке речь уже шла о "национальном освобождении" – представлял на этом плане попытки, на этом крайне чувствительном для КПГ поле политики попасть в наступление. Однако, национальная риторика была не только тактической природы, а соответствовала также глубоко сидящему недоверию по отношению к "империалистическим" властям на западе. С успехами национал-социалистов поднимался наконец вопрос, какую роль насилие должно было играть в коммунистической политике. Тема политического насилия была с основанием партии сутью внутрипартийных обсуждений. В целом отношение коммунистов к насилию было максимально противоречивым. Хотя партийное руководство осуждало отдельные акты насилия коммунистов против политических противников и старалось предотвращать их, все же, в своих политических отзывах также находились утвердительные отношения к насилию. При этом она пыталась разделять между не точно определенным революционным и гражданским насилием, которое она полностью отклоняла ("буржуазное насилие реакционно, пролетарское насилие революционно"). В целом военная риторика и подобное военному общественное представление коммунистов, особенно {{#set:Glossar=красный союз борьбы на фронте}}[[Glossar:красный союз борьбы на фронте|красного союза борьбы на фронте]] как полувоенная организация предверья дали понять, что КПГ занимала положительное отношение к насилию. Активная политика насилия КПГ больше конечно не преследовала по неудачной попытки восстания 1923г.
 
Оба текста источников дают образцовый взгляд на мир представления и проекты политики КПГ. Наряду с классическими топосами из политической риторики немецкого рабочего тексты движения характеризуют язык безусловности, который можно тесно связывать с опытами Первой мировой войны и послевоенных кризисов. Связь обоих языков и с ними связанных политических программ представляет отличительную черту немецкого коммунизма в 20ом столетии.
 
 
Тиль Кёсслер
 
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Version vom 11. Juli 2024, 09:54 Uhr


von: Till Kössler


Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) war ein Produkt des Ersten Weltkrieges. Die SPD der Vorkriegsjahre spaltete sich nach 1914 angesichts der Grundsatzfrage, ob man der Beteiligung Deutschlands am Krieg zustimmen sollte oder nicht. Innerhalb der im Frühjahr 1917 gegründeten Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) bildeten radikale Kriegsgegner um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg mit dem Spartakusbund eine kleine Avantgardegruppe, deren Ausrichtung auf Sowjetrussland und deren Forderung nach einer radikalen politischen und sozialen Umgestaltung Deutschlands schon die programmatischen Eckpfeiler der späteren KPD erkennen ließen.

Anders als die alte SPD, der sie politische Korruption durch den bürgerlichen Staat vorwarfen, forderten die Kommunisten eine Rückbesinnung auf die „wahren“ marxistischen Traditionen und eine kompromisslose Politik gegen die entstehende Weimarer Republik. Sie gründeten am 1. Januar 1919 mit der der KPD eine eigenständige Partei, die zunächst allerdings nur wenig politische Strahlkraft entfalten konnte. Erst zwei Jahre später, im Dezember 1920, gelang es der KPD nach dem Übertritt einer großen Zahl von Mandatsträgern und Mitgliedern der USPD, sich als wichtige politische Kraft der Weimarer Republik zu etablieren. Die USPD hatte sich auf ihrem Parteitag im Oktober 1920 angesichts ihrer Haltung zum Führungsanspruch der russischen Bolschewisten innerhalb der Kommunistischen Weltbewegung gespalten.

Die Katastrophe des Ersten Weltkrieges eröffnete nach Ansicht der Kommunisten nicht nur neue Chancen für eine revolutionäre gesellschaftliche Umgestaltung, sondern gab dieser Umgestaltung auch eine besondere Dringlichkeit. Nur durch eine proletarische Revolution, so die Überzeugung der Kommunisten, könne sichergestellt werden, dass sich die Schrecken des Krieges nicht wiederholten. Der Erfolg der russischen Oktoberrevolution bestärkte die Kommunisten in ihrer Überzeugung, dass eine revolutionäre Situation unmittelbar bevorstand. Es kam nun im Wesentlichen auf die KPD an, den weltgeschichtlichen Moment zu nutzen. War eine Revolution im als rückständig betrachteten Russischen Reich möglich gewesen, musste sie dies nach marxistischem Verständnis erst recht im industrialisierten Deutschland sein.

Kriegserfahrung und Oktoberrevolution bildeten den erfahrungsgeschichtlichen Hintergrund für die kompromisslose Maximalpolitik der KPD bis zum Ende der Weimarer Republik. Die Kommunisten betrieben eine aktivistische, atemlose und verbalradikale Politik, die sich in immer neuen Mobilisierungsanstrengungen und Kampagnen verausgabte, aber kaum eine langfristige Orientierung aufwies. Da das kommunistische „Reich“ unmittelbar bevorstand, wie der Programm-Entwurf von 1922 ausführte, galt es alle Kräfte für einen revolutionären Aufbruch einzuspannen.

Mit welcher Politik die KPD diesen Aufbruch herbeiführen sollte, war Anfang der 1920er Jahre innerparteilich jedoch höchst umstritten. Nachdem syndikalistische und rechtskommunistische Strömungen aus der Partei verdrängt worden waren, prägte ab 1921 der Konflikt zwischen der etablierten Parteiführung und einer neuen „linken“ Opposition aus jungen und radikalen Kommunisten die Parteigeschichte. Der Programmentwurf von 1922 kann in diesem schwelenden Konflikt als Versuch gelesen werden, einen einheitlichen Kurs und eine einheitliche Sprache in der Partei durchzusetzen. Seine geringe praktische Bedeutung – das Programm wurde nie verabschiedet – weist jedoch auf die Schwierigkeiten der politischen Homogenisierung der KPD hin.

Die Spaltung der sozialistischen Arbeiterbewegung wurde durch die Regierungsbeteiligung der SPD und die sozialen Unruhen der frühen 1920er Jahre zementiert. Die KPD wandelte sich in diesen Jahren durch den Zusammenschluss mit der Mehrheit der USPD am 4. Dezember 1920 von einer kleinen Avantgardeorganisation zu einer Massenpartei mit besonderen Schwerpunkten in den Industrieregionen und Großstädten. Der Zustrom zur KPD erklärt sich nicht zuletzt aus der Enttäuschung vieler Industriearbeiter, die erwartet hatten, mit der neuen Republik würden soziale Partizipationsversprechen eingelöst. Im Frühjahr 1919, 1921 und im Oktober 1923 rief die KPD zu Aufständen auf, die jedoch jeweils schnell scheiterten und die Partei an den Rand der Auflösung brachten.

Die KPD gab sich die Struktur einer zentralistisch organisierten Kaderpartei nach dem Vorbild der KPR (B). Innerparteiliche Demokratie spielte in ihr nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie folgte der leninistischen Überzeugung, dass eine Revolution nur durch eine disziplinierte und nach dem Prinzip militärischer Einheiten geformte Kraft herbeigeführt werden könne. Allerdings war das Modell der Kaderpartei in der politischen Realität lange Zeit mehr Leitbild als Wirklichkeit. Die Zugriffsmöglichkeiten der Parteileitungen auf die Mitglieder an der Basis, die oft ganz eigene Vorstellungen von kommunistischer Politik hatten, blieben begrenzt und verschiedene Parteiflügel lieferten sich erbitterte Auseinandersetzungen um die Führung der Bewegung.

Die Politik der KPD war von einem streng dualistischen Weltbild geprägt, das Politik in moralischen Kategorien als Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse verstand und keinen Platz für Kompromisse und Verhandlungen ließ. Obwohl es auf Landes- und Kommunalebene teilweise zu parlamentarischen Bündnissen mit der SPD kam, lehnte die KPD parlamentarische Arbeit im Grundsatz ab. Sie wollte keine „Koalitionspartei“ oder „Ministerpartei“ werden. Ihre Politik war stattdessen auf eine ständige Mobilisierung der lohnabhängigen Bevölkerung ausgerichtet, wobei die Industriebetriebe im Zentrum der Werbekampagnen standen. Streiks und Auseinandersetzungen auf lokaler Ebene sollten den repressiven Charakter des Weimarer Staates offenlegen, eine Solidarisierung der Bevölkerung bewirken und den Einfluss der KPD immer weiter steigern. Um eine breite Mobilisierung der Bevölkerung zu erreichen, baute die KPD im Verlauf der 1920er Jahre auch ein umfangreiches Netz von Vorfeldorganisationen auf, die eine zielgruppenspezifische Werbung betreiben sollten. Insgesamt gelang es der KPD auf diese Weise zwar immer wieder, neue Anhänger zu rekrutieren, doch scheiterte sie an dem Versuch, Sympathisanten über ein engeres Kernmilieu hinaus langfristig zu integrieren und zu mobilisieren. Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse wiesen bis zum Ende der Weimarer Republik große Schwankungen auf.

Auf das Scheitern der verschiedenen Aufstandsversuche in den Jahren zwischen 1919 und 1923 folgte eine Phase der Stagnation und heftiger Fraktionskämpfe, die zum Ausschluss ganzer Parteiflügel führten. Erst mit Beginn der Weltwirtschaftskrise setzte ein neuer und rasanter Aufschwung der KPD ein, der bis 1932 anhielt. In diesem Jahr zählte die Partei etwa 320 000 Mitglieder und erreichte bei den Reichstagswahlen im November 16,9 Prozent der Stimmen.

Der politische Aufschwung wurde von einer „ultralinken“ Wende der kommunistischen Politik begleitet. Mit der Wirtschaftskrise schien eine revolutionäre Situation wieder in greifbare Nähe zu rücken. Die Radikalisierung kommunistischer Politik wurde wesentlich von der Moskauer Kominternzentrale forciert und gestaltet. Die KPD hatte sich von Anfang an als Teil einer übernationalen, weltumfassenden Bewegung definiert (siehe den Punkt „Internationale Aufgaben“ im Programm-Entwurf von 1922), die in der Kommunistischen Internationalen mit Sitz in Moskau ihr höchstes Führungsgremium hatte. Ein Einfluss der sowjetischen Führung, welche die Komintern bald vollständig dominierte, auf die deutsche Partei bestand seit 1919, aber seit Mitte der 1920er Jahre erreichte der Moskauer Zugriff eine neue Qualität. Die Komintern bestimmte nun fast vollständig die Politik der KPD und die personale Zusammensetzung ihrer Führungsorgane. Der Moskauer Machtanspruch verschärfte die Spannungen zwischen unterschiedlichen Parteiflügeln, aber auch zwischen Parteiführung und den einzelnen Mitgliedergruppen, was von der allgegenwärtigen Rhetorik der Geschlossenheit in den programmatischen Äußerungen der KPD nur mühsam verdeckt werden konnte. Als hierarchisch strukturierte Kaderpartei konnte die KPD jedoch Fraktionskämpfe nicht dauerhaft dulden und die Moskautreue Parteileitung schloss von der Parteilinie abweichende Funktionärsgruppen sukzessive aus der Partei aus.

Die Radikalisierung der kommunistischen Politik war jedoch nicht nur den Vorgaben aus Moskau geschuldet, sondern besaß in den persönlichen Erfahrungen vieler Kommunisten auch eine lebensweltliche Basis, ohne die der neue Kurs nicht hätte durchgesetzt werden können. Infolge großflächiger Rationalisierungsmaßnahmen in der Industrie, aber auch aufgrund politisch motivierter Entlassungen von Kommunisten stieg der Anteil der Arbeitslosen unter den Parteimitgliedern Ende der 1920er Jahre deutlich an. Der persönliche Ausschluss aus der Arbeitswelt verlieh der antikapitalistischen Politik der KPD eine besondere Überzeugungskraft. Neben die Betriebe als Handlungsort der Kommunisten trat in den Großstädten nun verstärkt die Straße als Aktionsraum. Durch eine Symbolpolitik der Umzüge, Demonstrationen und Massenversammlungen versuchte die KPD ihren Anspruch als maßgebliche politische Kraft zu untermauern und eine umfassende Mobilisierung ihrer Anhängerschaft zu erreichen.

Die vom engsten Führungskreis der KPD erarbeitete Programmerklärung von August 1930 war ein prominenter Ausdruck der neuen Politik. Sie fasste die wichtigsten politischen Positionen der KPD in der Endphase der Weimarer Republik zusammen und gibt Auskunft über die strategischen Ziele der Partei. Der neue „ultralinke“ Kurs zeichnete sich insbesondere durch eine scharfe Konfrontation mit der SPD aus. Mit dem Scheitern der revolutionären Unternehmungen war in der KPD die Frustration über die fehlgeschlagenen Bemühungen, die sozialdemokratische Anhängerschaft für sich zu gewinnen, gewachsen. Die SPD war die Hauptkonkurrentin der KPD und das Verhältnis zur größeren Arbeiterpartei war ein Kernproblem des deutschen Kommunismus. Einer scharfen rhetorischen Abgrenzung von der sozialdemokratischen Politik standen zunächst immer wieder Bemühungen um ein Bündnis mit der sozialdemokratischen Führung gegenüber. Ende der 1920er Jahre trat jedoch die Konfrontationspolitik eindeutig in den Vordergrund. Nach der offiziellen Doktrin der Komintern mussten die Sozialdemokraten als „Sozialfaschisten“ ebenso heftig bekämpft werden wie die NSDAP. Auch Zweckbündnisse in Einzelfragen wurden abgelehnt.

Die Auseinandersetzung mit dem zumeist nicht näher bestimmten Faschismus war seit Anfang der 1920er Jahre Bestandteil kommunistischer Rhetorik, und Antifaschismus ein wesentlicher Teil des kommunistischen Selbstverständnisses. Doch mit dem Aufstieg der NSDAP wurde die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ab 1929 zum alles beherrschenden Thema kommunistischer Verlautbarungen. Die Programmerklärung von 1930 verdeutlicht in diesem Zusammenhang die Bemühungen der kommunistischen Führung, eine adäquate politische Strategie gegenüber den Nationalsozialisten zu entwickeln. Deren schwer zu leugnende Mobilisierungserfolge auch in der Arbeiterschaft erforderten eine intensive Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Politik, die allerdings durch eine unzulängliche Definition des Faschismus als Instrument des Großkapitals erheblich behindert wurde. Zudem befand sich die KPD in einer defensiven Position, da sie sich gegen massive Vorwürfe nationaler Unzuverlässigkeit seitens der anderen Parteien wehren musste. Die Betonung der eigenen nationalen Positionen – in der Programmerklärung von 1930 war ja bereits im Programmtitel von „nationaler Befreiung“ die Rede – stellten vor diesem Hintergrund Versuche dar, auf diesem für die KPD äußerst sensiblen Politikfeld in die Offensive zu gelangen. Die nationale Rhetorik war allerdings nicht nur taktischer Natur, sondern entsprach auch einem tiefsitzenden Misstrauen gegenüber den „imperialistischen“ Mächten im Westen.

Mit den Erfolgen der Nationalsozialisten rückte schließlich auch die Frage nach der Rolle der Gewalt in der kommunistischen Politik wieder in den Vordergrund. Das Thema politische Gewalt war seit der Gründung der Partei ein Kernpunkt innerparteilicher Diskussionen. Das Verhältnis der Kommunisten zur Gewalt war insgesamt höchst ambivalent. Zwar verurteilte die Parteiführung wiederholt einzelne Gewalttaten von Kommunisten gegen politische Gegner und bemühte sich, sie zu verhindern, doch finden sich in ihren politischen Äußerungen durchgängig auch affirmative Bezüge zu Gewalt. Sie versuchte dabei strikt zu unterscheiden zwischen einer nicht näher definierten revolutionären Gewalt und einer bürgerlichen Gewalt, die sie vollständig abgelehnte („Die bürgerliche Gewalt ist reaktionär, die proletarische Gewalt ist revolutionär“). Insgesamt legen auch eine militante Rhetorik und die militärähnliche öffentliche Selbstdarstellung der Kommunisten, besonders des Roten Frontkämpferbundes als paramilitärischer Vorfeldorganisation, nahe, dass die KPD eine durchaus positive Haltung zur Gewalt einnahm. Eine aktive Gewaltpolitik verfolgte die KPD allerdings seit dem misslungenen Aufstandsversuch von 1923 nicht mehr.

Die beiden Quellentexte geben einen exemplarischen Einblick in die Vorstellungswelt und die politischen Ideen der KPD. Neben klassischen Topoi aus der politischen Rhetorik der deutschen Arbeiterbewegung sind die Texte durch eine Sprache des Unbedingten gekennzeichnet, die eng auf die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegskrisen bezogen werden kann. Die Verbindung beider Sprachen und der mit ihnen verbundenen politischen Konzepte stellt ein wesentliches Merkmal des deutschen Kommunismus im 20. Jahrhundert dar.


[Русская версия отсутствует]