Volltext:Sowjetisch-französischer Beistandsvertrag
Vertrag über den gegenseitigen Beistand zwischen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Republik Frankreich, 2. Mai 1935
Das Zentrale Exekutivkomitee der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Präsident der Französischen Republik,
beseelt vom Wunsch, den Frieden in Europa zu festigen und seine Segnungen ihren Ländern zu sichern, möglichst umfassend und präzise jene Bestimmungen des Statuts des Völkerbundes in Anwendung zu bringen, die auf die Unterstützung der nationalen Sicherheit, der territorialen Integrität und der politischen Unabhängigkeit der Staaten ausgerichtet sind,
entschlossen, ihre Anstrengungen der Vorbereitung und dem Abschluß eines europaweiten Abkommens, das dieses Ziel verfolgt, zu widmen und bis dahin, soweit es von ihnen abhängt, für eine effektive Umsetzung der Bestimmungen des Statutes des Völkerbundes zu sorgen,
haben beschlossen, mit diesem Ziel einen Vertrag abzuschließen. Als ihre Bevollmächtigten haben sie ernannt:
Das Zentrale Exekutivkomitee der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken:
Herrn Vladimir Potemkin, Mitglied des Zentralen Exekutivkomitees, den Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken beim Präsidenten der Französischen Republik,
Der Präsident der Französischen Republik:
Herrn Pierre Laval, Senator, Außenminister.
Diese haben sich – nachdem sie die Beglaubigungsschreiben ausgetauscht und der Form und Ordnung entsprechend anerkannt haben – auf folgende Bestimmungen verständigt:
Im Fall, dass die UdSSR oder Frankreich zum Objekt einer Drohung oder der Gefahr eines Angriffs von Seiten irgendeines europäischen Staates werden, verpflichtet sich Frankreich bzw. die UdSSR, unverzüglich Konsultationsgespräche aufzunehmen, um Maßnahmen für die Einhaltung der Bestimmungen des Artikels 10 des Statuts des Völkerbundes zu treffen.
Im Fall, dass unter den Bedingungen, wie sie im Artikel 15 § 7 des Statutes des Völkerbundes vorgesehen sind, die UdSSR und Frankreich – trotz der aufrichtig friedlichen Absichten beider Länder – zum Objekt eines nichtprovozierten Angriffs von Seiten irgendeines europäischen Staates werden, werden sich Frankreich und die USSR gegenseitig unverzüglich Beistand und Unterstützung leisten.
Eingedenk dessen, dass laut Artikel 16 des Statuts des Völkerbundes jedes Mitglied des Völkerbundes, das wider den Verpflichtungen, wie sie in Artikel 12, 13 oder 15 des Statuts festgelegt sind, zu kriegerischen Mitteln greift, selbst als jemand betrachtet wird, der den Anschlag des Krieges gegenüber allen anderen Mitgliedern des Völkerbundes verübt, verpflichten sich die UdSSR und Frankreich für den Fall, dass einer von ihnen unter diesen Bedingungen und ungeachtet der aufrichtig friedlichen Absichten beider Länder zum Objekt eines unprovozierten Angriffs von Seiten irgend eines europäischen Staates wird, gegenseitig unverzüglich Beistand und Unterstützung zu leisten, wobei sie gemäß Artikel 16 des Statuts vorgehen werden.
Die gleiche Verpflichtung wurde für den Fall eingegangen, dass die UdSSR oder Frankreich zum Objekt eines Angriffs von Seiten irgendeines europäischen Staates unter den Bedingungen wird, die in den Paragraphen 1 und 3 des Artikels 17 des Völkerbundstatutes vorgesehen wurden.
Da die Verpflichtungen, die oben festgelegt wurden, den Pflichten der Hohen Vertragsschließenden Parteien als Mitgliedern des Völkerbundes entsprechen, ist nichts im vorliegenden Vertrag enthalten, was als Einschränkung für die Aufgabe des Letztgenannten zu verstehen wäre, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, den allgemeinen Frieden wirksam zu schützen, oder als eine Einschränkung der Pflichten, die sich für die Hohen Vertragsschließenden Parteien aus dem Statut des Völkerbundes ergeben.
Der vorliegende Vertrag, dessen russische und französische Fassungen die gleiche Verbindlichkeit besitzen, ist zu ratifizieren, und die Ratifikationsurkunden sind, sobald es möglich sein wird, in Moskau auszutauschen. Er ist im Sekretariat des Völkerbundes zu registrieren.
Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Im Falle, dass er von keiner der Hohen Vertragsschließenden Parteien mit einer Frist von mindestens einem Jahr vor Ablauf gekündigt wird, bleibt er ohne zeitliche Beschränkung in Kraft, wobei jeder Hohen Vertragsschließenden Partei die Möglichkeit zusteht, durch einen entsprechenden Antrag mit einjähriger Frist seine Wirkung zu beenden.
Die Bevollmächtigten beglaubigten mit ihren Unterschriften den vorliegenden Vertrag und versahen ihn mit ihren Siegeln.
Ausgefertigt in Paris, in zwei Exemplaren.
2. Mai 1935
V. Potemkin
Pierre Laval
Hier nach: AVP RF, f. 3a. Original. Übersetzung aus dem Russ. von L. Antipow.
Unterzeichungsprotokoll
Bei der Unterzeichnung des sowjetisch-französischen Vertrages über gegenseitigen Beistand dieses Datums unterschrieben die Bevollmächtigten folgendes Protokoll, das in die auszutauschenden Ratifikationsurkunden zum Vertrag aufgenommen wird.
Es gilt als verabredet, dass Artikel 3 die Verpflichtung jeder Vertragschließenden Partei zur Folge hat, der anderen unverzüglich Beistand zu gewähren, indem sie sich unverzüglich nach den Empfehlungen des Völkerbundrates richtet, sobald diese auf Grund Artikel 16 des Völkerbundsstatuts erlassen worden sind. Es gilt gleichfalls als verabredet, dass die beiden vertragschließenden Parteien gemeinsam vorstellig werden, um zu erreichen, dass der Völkerbundsrat seine Empfehlungen mit der ganzen Schnelligkeit, wie sie die Umstände erfordern, erlässt, und dass, wenn der Völkerbundsrat ungeachtet dessen aus irgendeinem Grund keinerlei Empfehlungen erlässt oder kein einstimmiger Beschluss zustande kommt, die Beistandspflicht deshalb nichtsdestoweniger zur Anwendung kommt. Es gilt als verabredet, dass die in dem vorliegenden Vertrag vorgesehenen Beistandsverpflichtungen sich nur auf den Fall beziehen, dass ein Angriff gegen das eigene Gebiet der einen oder der anderen der Vertragschließenden Parteien erfolgt.
Da es die gemeinsame Absicht beider Regierungen ist, durch den vorliegenden Vertrag keine Verpflichtungen zu verletzten, die Frankreich oder die Sowjetunion im Verhältnis zu dritten Staaten, auf Grund veröffentlichter Verträge, früher eingegangen sind, gilt als verabredet, daß die Bestimmungen des vorliegenden Vertrages keine Anwendung erfahren können, die mit den von einer der Vertragschließenden Parteien übernommenen Verpflichtungen unvereinbar wäre und die die Vertragschließende Partei Sanktionen internationalen Charakters aussetzen würde.
Da die beiden Regierungen den Abschluss eines Regionalabkommens für wünschenswert erachten, dessen Ziel die Organisierung der Sicherheit der Vertragschließenden Staaten ist und das möglicherweise Verpflichtungen des gegenseitigen Beistandes einschließt oder solche nach sich zieht, räumen sich beide Regierungen die Befugnis ein, mit ihrer gegenseitigen Zustimmung gegebenenfalls an solchen Abkommen in einer unmittelbaren oder mittelbaren Form, je nachdem, wie sie geeignet erscheint, teilzunehmen, wobei die Verpflichtungen dieser verschiedenen Abkommen an die Stelle der aus dem vorliegenden Vertrag folgenden Verpflichtungen treten.
Beide Regierungen stellen fest, dass die Verhandlungen, die zur Unterzeichnung des vorliegenden Vertrages geführt haben, anfänglich aufgenommen wurden, um ein Sicherheitsabkommen zu vervollständigen, das die Staaten Nordosteuropas, nämlich die UdSSR, Deutschland, die Tschechoslowakei, Polen und die der Sowjetunion benachbarten baltischen Staaten umfasst; neben diesem Abkommen sollte ein Beistandsvertrag zwischen der Sowjetunion, Frankreich und Deutschland abgeschlossen werden, durch den sich jeder dieser drei Staaten verpflichten sollte, demjenigen unter ihnen Beistand zu gewähren, der Gegenstand eines Angriffes von Seiten eines dieser drei Staaten wäre. Obgleich die Umstände bisher den Abschluss dieser Abkommen, die beide Seiten weiterhin als wünschenswert erachten, noch nicht gestattet haben, sind die in den französisch-sowjetrussischen Beistandsabkommen enthaltenen Verpflichtungen nichtsdestoweniger so zu verstehen, dass sie nur in den Grenzen angewandt werden sollen, die in dem früher geplanten Dreier-Abkommen vorgesehen waren. Unabhängig von den in dem vorliegenden Abkommen folgenden Verpflichtungen wird gleichzeitig daran erinnert, dass gemäß dem am 29. November 1932 unterzeichneten französisch-sowjetischen Nichtangriffspakt und ohne Beeinträchtigung der Universalität der Verpflichtungen dieses Paktes im Falle, dass eine der beiden Seiten Gegenstand eines Angriffes von Seiten einer oder mehrerer dritter europäischer in dem oben erwähnten Dreier-Abkommen nichtgenannter Mächte werden würde, die andere Vertragschließende Partei sich während der Dauer des Konfliktes jeder mittelbaren oder unmittelbaren Hilfe oder Beistandsleistung an den Angreifer oder die Angreifer zu enthalten hat, wobei im Übrigen beide Seiten erklären, dass sie durch keinerlei Beistandsabkommen gebunden sind, das im Gegensatz zu dieser Verpflichtung stünde.
Ausgefertigt in Paris, in zwei Exemplaren,
2. Mai 1935
V. Potemkin
Pierre Laval
Hier nach: AVP RF, f. 3a. Original. Rev. Übersetzung hier nach: Keesings Archiv der Gegegenwart,1935, S. 2023f.
Договор о взаимной помощи между Союзом Советских Социалистических республик и Французской Республикой, 2 мая 1935 г.
Центральный Исполнительный Комитет Союза Советских Социалистических Республик и Президент Французской Республики
воодушевленные желанием укрепить мир в Европе и гарантировать его блага для своих стран, обеспечив более полным образом точное применение постановлений статута Лиги Наций, направленных к поддержанию национальной безопасности, территориальной целостности и политической независимости государств,
решив посвятить свои усилия подготовке и заключению европейского соглашения, преследующего эту цель и, впредь до этого, способствовать, насколько от них зависит, эффективному применению постановлений статута Лиги Наций,
решили заключить договор с этой целью и назначили своими уполномоченными:
Центральный Исполнительный Комитет Союза Советских Социалистических Республик:
г. Владимира Потемкина, Члена Центрального Исполнительного Комитета, Чрезвычайного и Полномочного Посла Союза Советских Социалистических Республик при Президенте Французской Республики,
Президент Французской Республики:
г. Пьера Лаваль, Сенатора, Министра Иностранных Дел,
которые, после обмена своими полномочиями, признанными находящимися в должной форме и надлежащем порядке, условились о следующих постановлениях:
В случае, если СССР или Франция явились бы предметом угрозы или опасности нападения со стороны какого-либо европейского государства, Франция и соответственно СССР обязуются приступить обоюдно к немедленной консультации в целях принятия мер для соблюдения постановлений статьи 10 статута Лиги Наций.
В случае, если в условиях, предусмотренных в статье 15, параграф 7, статута Лиги Наций, СССР или Франция явились бы, несмотря на искренне мирные намерения обеих стран, предметом невызванного нападения со стороны какого-либо европейского государства, Франция и взаимно СССР окажут друг другу немедленно помощь и поддержку.
Принимая во внимание, что согласно статье 16 статута Лиги Наций, каждый член Лиги, прибегающий к войне вопреки обязательствам, принятым в статьях 12, 13 или 15 статута, тем самым рассматривается, как совершивший акт войны против всех других членов Лиги, СССР и взаимно Франция обязуются, в случае, если один из них явится, в этих условиях и несмотря на искренне мирные намерения обеих стран, предметом невызванного нападения со стороны какого-либо европейского государства, оказать друг другу немедленно помощь и поддержку, действуя применительно к статье 16 устава.
То же обязательство принято на случай, если СССР или Франция явится предметом нападения со стороны европейского государства в условиях, предусмотренных в параграфах 1 и 3 статьи 17 Лиги Наций.
Так как обязательства, установленные выше, соответствуют обязанностям Высоких Договаривающихся Сторон, как Членов Лиги наций, то ничто в настоящем Договоре не будет толковаться как ограничение задачи этой последней принимать меры, способные эффективно ограждать всеобщий мир, или как ограничение обязанностей, вытекающих для Высоких договаривающихся Сторон из статута Лиги Наций.
Настоящий Договор, коего русский и французский тексты будут иметь одинаковую силу, будет ратификован и ратификационные грамоты будут обменены в Москве, как только это будет возможно. Он будет зарегистрирован в Секретариате Лиги Наций.
Он вступит в действие с момента обмена ратификациями и будет оставаться в силе в течение пяти лет. Если он не будет денонсирован одною из Высоких Договаривающихся Сторон с предупреждением по крайней мере за один год до истечения этого периода, то он остается в силе без ограничения срока, при чем каждая из Высоких Договаривающихся Сторон будет иметь возможность прекратить его действие путем заявления об этом с предупреждением за один год.
В удостоверение чего уполномоченные подписали настоящий Договор и приложили к нему свои печати.
Совершено в Париже, в двух экземплярах.
2 мая 1935 года.
V. Potemkiné
Pierre Laval
АВП РФ, ф. 3а. Подлинник.
Протокол подписания
В момент подписания советско-французского Договора о взаимной помощи от сего числа Уполномоченные подписали нижеследующий протокол, каковой будет включен в обмениваемые ратификационные грамоты договора.
Установлено, что следствием статьи 3 является обязательство каждой Договаривающейся Стороны оказать немедленную помощь другой, сообразуясь безотлагательно с рекомендациями Совета Лиги Наций, как только они будут вынесены в силу статьи 16 статута. Условлено также, что обе Договаривающиеся Стороны будут действовать согласно, дабы достичь того, чтобы Совет вынес свои рекомендации со всей скоростью, которой потребуют обстоятельства, и что если, несмотря на это, Совет не вынесет, по той или иной причине, никакой рекомендации, или если он не достигнет единогласия, то обязательство помощи тем не менее будет выполнено. Условлено также, что обязательства помощи, предусмотренные в настоящем Договоре, относятся лишь к случаю нападения, совершенного на собственную территорию той или другой Договаривающейся Стороны.
Так как общее намерение обоих правительств состоит в том, чтобы ни в чем не нарушать настоящим Договором обязательств, принятых ранее СССР и Францией по отношению к третьим государствам, в силу опубликованных договоров, то условлено, что постановления упомянутого Договора не могут иметь такого применения, которое, будучи несовместимым с договорными обязательствами, принятыми одной из Договаривающихся Сторон, подвергло бы эту последнюю санкциям международного характера.
Оба правительства, считая желательным заключение регионального соглашения, целью которого явилась бы организация безопасности договаривающихся государств и которое вместе с тем могло бы включить обязательства о взаимной помощи или сопровождаться таковыми, признают друг за другом возможность в соответствующем случае участвовать, с обоюдного согласия, в той форме, прямой или косвенной, которая представлялась бы подходящей, в подобных соглашениях, причем обязательства этих соглашений должны заменить собою те, которые вытекают из настоящего Договора.
Оба правительства констатируют, что переговоры, результатом которых явилось подписание настоящего Договора, были начаты первоначально в целях дополнения соглашения о безопасности, охватывающего страны северо-востока Европы, а именно: СССР, Германию, Чехословакию, Польшу и соседние с СССР Балтийские государства; наряду с этим соглашением должен был быть заключен договор о помощи между СССР, Францией и Германией, в котором каждое из этих трех государств должно было обязаться к оказанию поддержки тому из них, которое явилось бы предметом нападения со стороны одного из этих трех государств. Хотя обстоятельства до сих пор не позволили заключить эти соглашения, которые обе стороны продолжают считать желательными, но тем не менее обязательства, изложенные в советско-французском Договоре о помощи должны пониматься, как имеющие действовать лишь в тех пределах, которые имелись в виду в первоначально намечавшемся трехстороннем соглашении. Независимо от обязательств, вытекающих из настоящего договора, напоминается вместе с тем, что согласно советско-французскому пакту о ненападении от 29 Ноября 1932 года и при том без ущерба для универсальности обязательств этого пакта, в случае, если бы одна из Сторон подверглась бы нападению со стороны одной или нескольких третьих европейских держав, не предусмотренных в вышеназванном тройственном соглашении, другая Договаривающаяся Сторона должна будет воздерживаться в течение конфликта от прямой или косвенной помощи или поддержки нападающему или нападающим, причем каждая из Сторон заявляет, что она не связана никаким соглашением о помощи, которое находилось бы в противоречии с этим обязательством.
Совершено в Париже, в двух экземплярах,
2 мая 1935 года
В. Потемкин
Пьер Лаваль
AВП РФ, ф. 3а. Подлинник.