Volltext: Resolution „Über die Zeitschriften Zvezda und Leningrad“
Beschluss des Orgbüros des CK der VKP(B) „Über die Zeitschriften ‚Zvezda‘ und ‚Leningrad‘“ vom 14. August 1946
Nr. 274. P- 1g-Über die Zeitschriften „Zvedza“ und „Leningrad“.
Das CK der VKP(b) bemerkt, dass die in Leningrad herausgegebenen literarisch-künstlerischen Zeitschriften „Zvezda“ und „Leningrad“ vollkommen unzufriedenstellend geleitet werden.
In der Zeitschrift „Zvezda“ erschienen in der letzten Zeit, neben bedeutenden und gelungenen Werken sowjetischer Schriftsteller, viele ideologisch unreife und schädliche Werke.
Ein grober Fehler der „Zvezda“ ist es, dem Schriftsteller Zoščenko, dessen Werke der sowjetischen Literatur fremd sind, ein literarisches Forum zu bieten. Der Redaktion der „Zvezda“ ist es bekannt, dass Zoščenko sich seit langem auf das Verfassen leerer, inhaltsloser und banaler Dinge spezialisiert hat, auf das Predigen verfaulter politischer Unreife, Banalitäten und Apolitismus, die darauf berechnet sind, unsere Jugend zu desorientieren und ihr Bewusstsein zu vergiften. Die letzte von den veröffentlichten Erzählungen Zoščenkos, „Abenteuer eines Affen“ („Zvezda“, Nr. 5-6, 1946), stellt eine geschmacklose Schmähschrift über den sowjetischen Alltag und den sowjetischen Menschen dar. Zoščenko beschreibt das sowjetische System und die sowjetischen Menschen in verzerrter karrikierender Form und schildert die sowjetischen Menschen verleumderisch als primitive, unkultivierte Dummköpfe mit kleinbürgerlichem Geschmack und Moral. Die boshafte flegelhafte Darstellung unserer Wirklichkeit durch Zoščenko wird von antisowjetischen Angriffen begleitet.
Die Bereitstellung der Seiten der „Zvezda“ für einen solchen Scherzkeks und Abschaum der Literatur wie Zoščenko ist um so unzulässiger, als das Antlitz Zoščenkos der Redaktion der „Zvezda“ gut bekannt war und sein würdeloses Verhalten in Kriegszeiten, als Zoščenko dem sowjetischen Volk in nichts in seinem Kampf gegen die deutschen Eroberer half und eine solch ekelhafte Sache wie „Vor dem Sonnenaufgang“ schrieb, deren Einschätzung wie auch die Einschätzung des ganzes literarischen „Schaffens“ von Zoščenko auf den Seiten der Zeitschrift „Bolschewik“ wiedergegeben wurde.
Die Zeitschrift „Zvezda“ popularisiert auch auf jede erdenkliche Weise die Werke der Schriftstellerin Achmatova, deren literarisches und gesellschaftspolitisches Antlitz schon längst der sowjetischen Öffentlichkeit bekannt ist. Achmatova ist die typische Vertreterin einer unserem Volk fremden, leeren, ideenlosen Poesie. Ihre Gedichte, die vom Geist des Pessimismus und der Dekadenz getränkt sind, die den Geschmack der alten Salonpoesie ausdrücken, auf den Positionen des bürgerlich-aristokratischen Naturalismus und der Dekadenz erstarrt sind, ‚einer Kunst für die Kunst‘, da sie nicht wünscht, mit ihrem Volk Schritt zu halten, fügen der Sache der Erziehung unserer Jugend Schaden zu und können in der sowjetischen Literatur nicht geduldet werden.
Dass Zoščenko und Achmatova eine aktive Rolle in der Zeitschrift zur Verfügung gestellt wurde, brachte zweifellos Elemente einer ideologischen Zerfahrenheit und Desorganisation unter die Leningrader Schriftsteller. In der Zeitschrift begannen Werke zu erscheinen, die einen den sowjetischen Menschen fremdartigen Geist der Kriecherei vor der zeitgenössischen bourgeoisen Kultur des Westens kultivierten.
Es wurden Werke publiziert, die von Schwermut, Pessimismus und der Enttäuschung im Leben durchdrungen sind (die Gedichte von Sadof`ev und Komissarova in Nr. 1, 1946 usw.). Indem sie diese Werke platzierte, verschlimmerte die Redaktion ihre Fehler und senkte das ideologische Niveau der Zeitschrift weiter.
Indem sie das Eindringen von im ideologischen Sinne fremden Werken in die Zeitschrift zuließ, senkte die Redaktion auch die Anforderungen an die künstlerische Qualität des gedruckten literarischen Materials.
Die Zeitschrift wurde mit wenig künstlerischen Schauspielen und Erzählungen („Der Weg der Zeit“ von Jagdfel`dt, „Schwanensee“ von Štein usw) gefüllt.
Eine solche Beliebigkeit bei der Auswahl des Materials zum Druck führte zu einer Senkung des künstlerischen Niveaus der Zeitschrift.
Das CK bemerkt, dass die Zeitschrift „Leningrad“ besonders schlecht geführt wird, die beständig ihre Seiten für die banalen und verleumderischen Auftritte Zoščenkos und für die leeren und apolitischen Gedichte Achmatovas zur Verfügung stellte. Wie die Redaktion der „Zvezda“ ließ sich die Redaktion der Zeitschrift „Leningrad“ schwerwiegende Fehler zuschulden kommen, indem sie eine Reihe von Werken veröffentlichte., die vom Geist der Kriecherei vor allem Ausländischen durchdrungen sind. Die Zeitschrift druckte eine Reihe fehlerhafter Werke („Der Vorfall über Berlin“ von Varšavskij und Rest, „Auf Posten“ von Slonimskij). In den Gedichten von Chazin „Die Rückkehr von Onegin“ wird unter dem Mantel der Literaturparodie das zeitgenössische Leningrad verleumdet. In der Zeitschrift „Leningrad“ werden vorranging inhaltslose minderwertige literarische Materialien platziert.
Wie konnte es geschehen, dass die Zeitschriften „Zvezda“ und „Leningrad“, die in Leningrad, der Heldenstadt, herausgegeben werden, die durch ihre fortschrittlichen revolutionären Traditionen bekannt ist, der Stadt, die immer die Keimstätte der fortschrittlichen Ideen und der fortschrittlichen Kultur war, das Einschleppen von der der sowjetischen Literatur fremden politischen Unreife und des Apolitismus in die Zeitschriften zuließen? Was ist der Grund der Fehler der Redaktionen von „Zvezda“ und „Leningrad“? Die leitenden Mitarbeiter der Zeitschriften und in erster Linie ihre Redakteure, die Gen. Sajanov und Licharev, vergaßen den Leitsatz des Leninismus, dass unsere Zeitschriften, ob sie nun wissenschaftliche oder künstlerische seien, nicht unpolitisch sein könnten. Sie vergaßen, dass unsere Zeitschriften ein mächtiges Instrument des sowjetischen Staates bei der Erziehung der sowjetischen Menschen und im Besonderen der Jugend sind und sich deshalb davon leiten lassen müssen, was die Lebensgrundlage der sowjetischen Gesellschaftsordnung darstellt: ihre Politik. Die sowjetische Gesellschaftsordnung kann eine Erziehung der Jugend im Geiste der Gleichgültigkeit gegenüber der sowjetischen Politik, im Geiste der Interesselosigkeit und der ideologischen Unreife nicht dulden.
Die Kraft der sowjetischen Literatur, der fortschrittlichsten Literatur in der Welt, besteht darin, dass sie eine Literatur ist, die keine anderen Interessen hat und auch nicht haben kann außer den Interessen des Volkes, den Interessen des Staates. Die Aufgabe der sowjetischen Literatur besteht darin, dem Staat zu helfen, die Jugend richtig zu erziehen, auf ihre Nachfragen zu antworten, eine neue Generation von lebensfrohen, von ihrer Sache überzeugten, keine Hindernisse Fürchtenden und zur Überwindung jeglicher Hindernisse Bereiten zu erziehen.
Deshalb ist jede Predigt der politischen Unreife, des Apolitismus, „der Kunst für die Kunst“ der sowjetischen Literatur fremd, schädlich für die Interessen des Sowjetvolkes und -staates und darf in unseren Zeitschriften keinen Platz haben.
Der Mangel an politischer Reife der leitenden Mitarbeiter der „Zvezda“ und von „Leningrad“ führte ebenso dazu, dass diese Mitarbeiter nicht die Interessen der richtigen Erziehung des sowjetischen Menschen und die politische Ausrichtung der Tätigkeit der Literaturschaffenden zur Grundlage ihrer Beziehungen mit diesen machten, sondern persönliche, freundschaftliche Interessen. Aus dem Wunsch, die freundschaftlichen Beziehungen nicht zu verderben, wurde die Kritik abgeschwächt.
Aus der Furcht, die Freunde zu beleidigen, wurden klar untaugliche Werke zum Druck zugelassen. Eine solche Art des Liberalismus, bei dem die Interessen des Volkes und des Staates, die Interessen der richtigen Erziehung unserer Jugend den freundschaftlichen Beziehungen zum Opfer gebracht werden und bei dem die Kritik gemildert wird, führt dazu, dass die Schriftsteller aufhören, sich weiterzuentwickeln, das Bewusstsein ihrer Verantwortung vor dem Volk, vor dem Staat und vor der Partei verlieren und aufhören sich nach vorn zu bewegen.
Alles oben Ausgeführte zeugt davon, dass die Redaktionen der Zeitschriften „Zvezda“ und „Leningrad“ nicht mit der übertragenen Aufgabe zurechtgekommen sind und sich ernsthafte politische Fehler bei der Führung der Zeitschriften zuschulden kommen lassen haben.
Das CK stellt fest, dass die Leitung des sowjetischen Schriftstellerverbands und, im Besonderen, sein Vorsitzender Gen. Tichonov keinerlei Maßnahmen zur Berichtigung der Zeitschriften „Zvezda“ und „Leningrad“ unternommen und den Kampf mit dem schädlichen Einfluss von Zoščenko, Achmatova und ihnen ähnlichen unsowjetischen Schriftstellern auf die sowjetische Literatur nicht nur nicht geführt haben, sondern sogar das Eindringen solcher Tendenzen und Gepflogenheiten, die der sowjetischen Literatur fremd sind, in die Zeitschriften begünstigt haben.
Das Leningrader Stadtkomitee der VKP(b) übersah die schwerwiegendsten Fehler der Zeitschriften, zog sich von der Leitung der Zeitschriften zurück und verschaffte den der sowjetischen Literatur fremden Personen wie Zoščenko und Achmatova die Möglichkeit, eine leitende Position in den Zeitschriften einzunehmen. Mehr noch, das Leningrader Stadtkomitee, (die Gen. Kapustin und Širokov), obwohl es die Haltung der Partei zu Zoščenko und seinem „Werk“ kannte, bestätigte, ohne das Recht dazu zu haben, mit einem Beschluss des Stadtkomitees vom 28.01. d.J. die neue Zusammensetzung des Redaktionskollegiums der Zeitschrift „Zvezda“, in das auch Zoščenko aufgenommen wurde. Damit beging das Leningrader Stadtkomitee einen groben politischen Fehler. Die „Leningradskaja Pravda“ hat sich einen Fehler zuschulden kommen lassen, indem sie die verdächtige lobhudelnde Rezension von Jurij German über das Werk Zoščenkos in der Nummer vom 6. Juni d. J. platzierte.
Die Verwaltung für Propaganda des CK der VKP(B) gewährleistete nicht die gebührende Kontrolle über die Arbeit der Leningrader Zeitschriften.
Das CK der VKP(B) beschließt:
1. Die Redaktion der Zeitschrift „Zvedza“, die Leitung des sowjetischen Schriftstellerverbands und die Verwaltung für Propaganda beim CK der VKP(B) zu verpflichten, Maßnahmen zur bedingungslosen Beseitigung der in diesem Beschluss aufgezeigten Fehler und Mängel der Zeitschrift zu ergreifen, die Linie der Zeitschrift zu korrigieren und ein hohes ideologisches und künstlerisches Niveau der Zeitschrift zu gewährleisten und die Berücksichtigung der Werke von Zoščenko, Achmatova und Konsorten in der Zeitschrift zu beenden.
2. Angesichts dessen, dass es in Leningrad zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Herausgabe von zwei literarisch-künstlerischen Zeitschriften nicht die notwendigen Voraussetzungen gibt, die Herausgabe der Zeitschrift „Leningrad“ einzustellen und die literarischen Kräfte von Leningrad um die Zeitschrift „Zvezda“ zu konzentrieren.
3. Zur Einführung der gebührenden Ordnung in der Redaktion der Zeitschrift „Zvezda“ und zur ernsthaften Korrektur des Inhalts der Zeitschrift soll es in der Zeitschrift einen Chefredakteur und bei ihm ein Redaktionskollegium geben. Es ist festzulegen, dass der Chefredakteur der Zeitschrift die volle Verantwortung für die ideologisch-politische Ausrichtung der Zeitschrift und die Qualität der in ihr veröffentlichten Werke trägt.
4. Als Chefredakteur der Zeitschrift „Zvezda“ den Gen. A. M. Egolin zu bestätigen, wobei er das Amt des stellvertretenden Leiters der Verwaltung für Propaganda des CK der VKP(B) behalten soll.
5. Das Sekretariat des CK zu beauftragen, den Bestand der Redakteure der Abteilungen und des Redaktionskollegiums zu prüfen und zu bestätigen.
6. Den Beschluss des Leningrader Stadtkomitees vom 26. Juli d. J. über das Redaktionskollegium der Zeitschrift „Zvezda“ als politisch fehlerhaft aufzuheben. Dem zweiten Sekretär des Stadtkomitees, Gen. Ja. F. Kapustin, für die Annahme dieses Beschlusses einen Verweis zu erteilen.
7. Den Sekretär für Propaganda und Leiter der Abteilung für Propaganda und Agitation des Leningrader Stadtkomitees, Gen. I. M. Širokov, von seiner Arbeit zu entbinden und ihn zur Verfügung des CK der VKP(B) abzuberufen.
8. Dem Leningrader Gebietskomitee die Parteiführung der Zeitschrift „Zvezda“ zu übertragen. Das Leningrader Gebietskomitee und den ersten Sekretär des Leningrader Gebietskomitees und Stadtkomitees, Gen. Popkov, persönlich zu verpflichten alle notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Zeitschrift und zur Forcierung der ideologisch-politischen Arbeit unter den Schriftstellern Leningrads zu verstärken.
9. Dem Gen. B. M. Licharev für die schlechte Leitung der Zeitschrift „Leningrad“ einen Verweis zu erteilen.
10. Angesichts dessen, dass die Zeitschrift „Zvezda“ mit bedeutender Verspätung erscheint und äußerst achtlos gestaltet ist (der Umschlag bietet ein unansehliches Bild, es wird nicht der Monat der Herausgabe der folgenden Nummer angegeben), die Redaktion der „Zvezda“ zu verpflichten, das rechtzeitige Erscheinen der Zeitschrift zu gewährleisten und ihre äußere Erscheinung zu korrigieren.
11. Der Verwaltung für Propaganda des CK (dem Gen. Aleksandrov) die Kontrolle über die Ausführung dieses Beschlusses zu übertragen.
12. Beim Orgbüro des CK in drei Monaten den Bericht des Chefredakteurs der „Zvezda“ über die Ausführung des Beschlusses des CK anzuhören.
13. Den Gen. Ždanov zur Erklärung des vorliegenden Beschlusses des CK der VKP(B) nach Leningrad zu kommandieren.
RGASPI, f. 17, op. 116, d. 274, l. 7-11, 30. Übersetzung aus dem Russischen: Georg Wurzer.