Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare (Kommissarbefehl)

Der sogenannte Kommissarbefehl vom 6. Juni 1941 war ein zentraler Bestandteil jener völkerrechtswidrigen Befehle, die im Frühjahr 1941 auf Geheiß Hitlers für den bevorstehenden Überfall auf die Sowjetunion ausgearbeitet wurden, um den Feldzug in einen „rassenideologischen Vernichtungskrieg“ (Hillgruber) zu transformieren. Die Kommissarrichtlinien verpflichteten das deutsche Ostheer, alle gefangen genommenen Politoffiziere der Roten Armee noch im Frontbereich auszusondern und an Ort und Stelle zu exekutieren. Da die sowjetischen Politkommissare uniformierte Angehörige der sowjetischen Streitkräfte waren, die als reguläre Kombattanten in der Kriegsgefangenschaft Anspruch auf eine völkerrechtskonforme Behandlung hatten, repräsentierte der Kommissarerlass einen besonders offenkundigen, planmäßigen Bruch mit dem Völkerrecht. Das Ostheer setzte die Richtlinien während des deutsch-sowjetischen Krieges flächendeckend und weitgehend befehlsgemäß um. Der Erlass ging damit als „Symbol für die Einbeziehung der Wehrmacht in die nationalsozialistische Ausrottungspolitik“ (Streit) in die Geschichte ein.
Am 22. Juni 1941 begann mit dem „Unternehmen Barbarossa“ der „ungeheuerlichste Eroberungs-, Versklavungs- und Vernichtungskrieg, den die moderne Geschichte kennt“ (Nolte). Der deutsch-sowjetische Krieg entwickelte sich zum wohl größten, blutigsten und grausamsten Konflikt der Weltgeschichte. Die Entgrenzung der Kriegsführung an der Ostfront ergab sich im Laufe der Kämpfe auch aus der wechselseitigen Radikalisierung zweier totalitärer Systeme. Der Ursprung der Eskalation lag allerdings eindeutig in einer bewussten Entscheidung der deutschen Führung, die sich schon vor Beginn der Feindseligkeiten darauf festgelegt hatte, den Krieg gegen die Sowjetunion als „rassenideologischen Vernichtungskrieg“ (Hillgruber) unter Missachtung des Völkerrechts zu führen. Im Frühjahr 1941 hatte Hitler seine Generäle in einer Reihe von Besprechungen darauf eingestellt, dass der kommende Krieg als „Weltanschauungskampf“ zu führen sei und die „Anwendung brutalster Gewalt“ notwendig mache.
Widerspruch gegen Hitlers Pläne regte sich weder in den Oberkommandos von Wehrmacht (OKW) und Heer (OKH) noch bei den designierten Oberbefehlshabern des Ostheeres. Zu weit reichte das Vertrauen in den „Führer“ nach den Triumphen der zurückliegenden Feldzüge und zu tief saß die Abscheu gegen den bolschewistischen Erzfeind, die slawische Zivilbevölkerung und die multiethnische Rote Armee auch bei den Generälen der Wehrmacht.[1] Einige Wochen nachdem Hitlers mündliche Weisungen ergangen waren, stellten die Generalstäbler und Wehrmachtjuristen in OKW und OKH die Endfassungen jener „Führererlasse“ fertig, die als „verbrecherische Befehle“ (Uhlig) in die Geschichte eingehen sollten: der „Erlass über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet ‚Barbarossa‘ und über besondere Maßnahmen der Truppe“ vom 13. Mai 1941 sowie die „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ vom 6. Juni 1941. Zusammen mit einer Reihe zusätzlicher Merkblätter, Richtlinien und Regelungen bildeten diese „Führererlasse“ eine völkerrechtswidriges und hetzerisches Befehlswerk, das dazu dienen sollte, den bevorstehenden Krieg in jenen ideologisierten „Vernichtungskampf“ zu transformieren, ohne den Hitler seinen „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ nicht zu führen können glaubte.
Der Kommissarerlass stellte ein ideologisch motiviertes Mordprogramm dar, das im Zeichen der angestrebten „Ausrottung des Bolschewismus“ in erster Linie einen radikalen Selbstzweck verfolgte. Zugleich diente die gezielte Bekämpfung der „Träger des Widerstandes“ in der Roten Armee jedoch auch dem funktionalen Ziel, den militärischen Zusammenbruch der Sowjetunion zu beschleunigen. Hitler selbst artikulierte diese Zielsetzung bereits Mitte März 1941 bei einer der ersten Gelegenheiten, bei der er seine Pläne gegenüber Vertretern des OKH vortrug: „Weltanschauliche Bande halten das russische Volk noch nicht fest genug zusammen. Es wird mit dem Beseitigen der Funktionäre zerreißen.“[2] Der gleiche Gedanke fand sich später in der Präambel des Befehlstextes wieder, in der die Vernichtung der Kommissare unter anderem als Voraussetzung für die „schnelle Befriedung der eroberten Gebiete“ ausgegeben wurde. Die Kommissarrichtlinien waren damit wie die übrigen „verbrecherischen Befehle“ Teil von Hitlers wahnwitzigen kolonialen Plänen zur Eroberung von „Lebensraum“ und der damit verbundenen rassenideologischen Vernichtungspolitik, zur gleichen Zeit aber auch als Katalysatoren der Blitzkriegsstrategie gedacht, die dem militärischen Ziel verpflichtet waren, den sowjetischen „Koloss“ schneller zu Fall zu bringen.
Bei den Kommissarrichtlinien handelte es sich um einen Zusatzbefehl zum Kriegsgerichtsbarkeitserlass, der durch die Legalisierung von verfahrenslosen Exekutionen und die Schaffung rechtsfreier Räume die Voraussetzungen für das gesamte Maßnahmenbündel der „verbrecherischen Befehle“ schuf. Die Kommissarrichtlinien schrieben den deutschen Fronttruppen systematischen Mord an regulären, uniformierten Kriegsgefangenen vor. Sie richteten sich gegen jene von der Kommunistischen Partei eingesetzten Politoffiziere, die in der Roten Armee zur Überwachung der Truppen eingegliedert waren. Zur Begründung unterstellte die Präambel des Befehls den sowjetischen Kommissaren und Funktionären a priori ein grob völkerrechtswidriges Verhalten und stigmatisierte sie als „Urheber barbarisch asiatischer Kampfmethoden“, um eine Art präventive Strafbarkeit zu konstruieren. Diese Argumentation ging ursprünglich auf einen Vorschlag des Chefs des Wehrmachtführungsstabes, Alfred Jodl, zurück, der in einem frühen Entwurf die entlarvende Empfehlung ausgesprochen hatte, „die ganze Aktion am besten als Vergeltung aufzuziehen“.
Der Befehlstext selbst differenzierte zum einen zwischen militärischen Politoffizieren und zivilen Funktionären, die jedoch beide unterschiedslos als „politische Kommissare“ bezeichnet wurden, sowie zwischen Einsatzorten, wobei die Demarkationslinie zwischen den frontnahen Armeegebieten und den weiter rückwärts gelegenen Heeresgebieten gezogen wurde. In Bezug auf die militärischen Kommissare besagte die zentrale Bestimmung (Ziffer I.2), dass sämtliche an der Front in deutsche Gefangenschaft geratenen Politkommissare, die anhand ihrer Abzeichen, dem „roten Stern mit goldenem eingewebtem Hammer und Sichel auf den Ärmeln“, identifiziert werden konnten, „noch auf dem Gefechtsfelde“ von den übrigen Kriegsgefangenen abzusondern und umgehend durch die Fronteinheiten zu exekutieren seien: „Diese Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für Kriegsgefangene völkerrechtlich geltende Schutz findet auf sie keine Anwendung. Sie sind nach durchgeführter Absonderung zu erledigen.“ Für die nichtmilitärischen „Kommissare“, also die Funktionäre der sowjetischen Partei- und Zivilverwaltung, war dagegen nicht zwangsläufig das gleiche Schicksal vorgesehen (Ziffer I.1. sowie Ziffer I.3.). Zunächst sollte geprüft werden, ob sie sich einer „feindlichen Handlung schuldig“ gemacht hatten „oder einer solchen verdächtig“ waren. Wie jedoch mit den zivilen Funktionären verfahren werden sollte, blieb letztlich dem Ermessen der Truppenoffiziere überlassen, denen die Entscheidung über die „Frage, ob ‚schuldig oder nicht schuldig‘“ oblag.
Diese Bestimmungen galten für den vordersten Bereich des Operationsgebietes, das so genannte Gefechtsgebiet und die rückwärtigen Armeegebiete. In den dahinter liegenden rückwärtigen Heeresgebieten waren alle aufgegriffenen Kommissare und Funktionäre den Einsatzgruppen des SD zu übergeben (Ziffer II). Daneben enthielt der Erlass einige Bestimmungen zu Verfahrensfragen wie das Verbot, das Vorgehen gegen die Politoffiziere vor den Kriegs- und Standgerichten abzuwickeln (Ziffer III), oder die Maßgabe, dass die Truppe sich nicht durch „Such- und Säuberungsaktionen“ von ihren eigentlichen Aufgaben abhalten lassen dürfe (Ziffer I.5.). Mit der Vorschrift, alle Exekutionen über den Dienstweg der Ic-Abteilungen[3] zu melden, schufen die Urheber des Kommissarbefehls ungewollt die Voraussetzung dafür, dass sich der Gang der Vernichtungspolitik überhaupt in den Akten niederschlug und später erforscht werden konnte (Ziffer I.4.). Am 6. Juni 1941 schließlich übersandte das OKW, das auf der Grundlage eigener Vorschläge und der Entwürfe des OKH die Endfassung des Befehls erarbeitet hatte, den fertigen Erlass an den Generalstab des Heeres. Nur zwei Tage darauf, am 8. Juni 1941, fügte der Oberbefehlshaber des Heeres, Generalfeldmarschall von Brauchitsch, den Kommissarrichtlinien einige knappe Zusätze hinzu, die aber an der Befehlslage nichts Grundlegendes änderten. Mit dem gleichen Datum gingen die Kommissarrichtlinien an die Oberkommandos der Heeresgruppen, Armeen und Panzergruppen ab, die sich bereits im Aufmarschgebiet an der Ostfront versammelten.
In den nun noch verbleibenden zwei Wochen bis zum Beginn der Operationen am 22. Juni 1941 zeigte sich, wie wenig Widerspruch sich im Ostheer gegen den Erlass regte. Die befehlsgemäße Weitergabe der „verbrecherischen Befehle“ an die Truppenverbände, die nichts anderes als der erste Schritt zu ihrer Umsetzung war, ist für etwa 58 % aller Frontstäbe belegt; wie die übrigen Kommandobehörden auf den Erlass reagierten, geht aus den Akten aus der Zeit der Vorbereitungsphase nicht mit Sicherheit hervor. Berücksichtigt man jedoch die Überlieferungslücken und die Tendenz der Stäbe, solche Vorgänge aus den Akten auszusparen, erweist sich der ermittelte Prozentsatz jedoch als hoch, der aller Wahrscheinlichkeit nach das typische Vorgehen im Umgang mit den Kommissarrichtlinien repräsentierte. Dass die meisten Truppenführer den Erlass so widerspruchslos akzeptierten, beruhte nicht nur auf der Verabsolutierung von Befehlsgehorsam, Loyalität gegenüber dem „Führer“ und Opportunismus, sondern speiste sich vor allem aus dem radikalen Antibolschewismus, der in der Generalität des Ostheeres denkbar fest verwurzelt war. Kaum einer der zutiefst konservativen Generäle zweifelte daran, dass die Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus langfristig unausweichlich sei und in einen Existenzkampf einmünden werde, in dem sämtliche „Kriegsnotwendigkeiten“ und die Beugung des Völkerrechts im Interesse der Nation gerechtfertigt seien. Auch die Erwartung eines kurzen „Blitzfeldzugs“, der die „besonderen Maßnahmen“ gegen die Kommissare auf eine Operationsphase beschränkt hätte, die gemeinhin auf nur mehrere Wochen veranschlagt wurde, dämpfte etwaige Bedenken.
Nur eine Minderheit von Truppenführern intervenierte gegen den Mordbefehl des „Führers“. Die Kritik erschöpfte sich freilich weitgehend in der pragmatischen Sorge vor dem Verfall der militärischen Disziplin und einer „Verwilderung“ der Soldaten sowie dem traditionalistischen Widerwillen gegen die Betrauung der „fechtenden Truppe“ mit solchen Aufgaben. Dass das Ziel einer radikalen Bekämpfung der sowjetischen Kommissare grundsätzlich auf breite Zustimmung zählen konnte, zeigte sich aber gerade an der Zielrichtung und Reichweite der partiellen Interventionen, zu denen sich einige Kritiker des Befehls durchringen konnten. Denn selbst diese eigenmächtigen Eingriffe in die Befehlslage gingen zumeist nicht darüber hinaus, die Befugnis zur Anordnung der Exekutionen einzugrenzen oder die Rolle der Kampftruppen auf die Selektion und Weiterleitung der gefangengenommenen Politoffiziere zu beschränken. Das Mordprogramm wurde dadurch höchstens partiell reguliert und verlagert, jedoch nicht ausgesetzt. Dennoch demonstrierten diese Kommandeure durch ihr eigenverantwortliches Handeln, dass an der Ostfront beträchtliche Spielräume bestanden, die immerhin dazu genutzt werden konnten, zumindest eine graduelle Abschwächung der radikalen „Führererlasse“ herbeizuführen. Die meisten Befehlshaber machten jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, was zu den eindringlichsten Zeugnissen dafür zählt, wie weit die Generalität des Ostheeres mit den Prinzipien der Kommissarrichtlinien übereinstimmte.
Entgegen der späteren Legende von der „sauberen Wehrmacht“ beteiligten sich im deutsch-sowjetischen Krieg letztlich die meisten Verbände befehlsgemäß an der Umsetzung der Kommissarrichtlinien. Exekutionen von gefangengenommenen Politoffizieren sind für alle Heeresgruppen, Armeen und Panzergruppen, alle Armeekorps und über 80 % der Divisionen des Ostheeres nachgewiesen; unter Berücksichtigung zusätzlicher Indizienfälle erhöht sich die Quote auf Divisionsebene sogar auf über 90 %. Über die Handhabung des Befehls in den verbleibenden Verbänden schweigt die Aktenüberlieferung. Die Gesamtzahl der Erschießungen, die eindeutig belegt sind, beläuft sich auf annähernd viertausend Fälle. Aufgrund der beträchtlichen Überlieferungslücken, vor allem der großen Aktenverluste aus dem Bereich der Gefangenenlager des Operationsgebietes, ist die tatsächliche Opferzahl jedoch deutlich höher zu schätzen. Legt man die am dichtesten dokumentierten Frontbereiche zu Grunde, ist davon auszugehen, dass sich die Zahl der Exekutionen, die Einheiten des Ostheeres gemäß der Kommissarrichtlinien vornahmen, auf eine hohe vierstellige Ziffer belief, wahrscheinlich aber nicht oder nur knapp im fünfstelligen Bereich lag.
Dass die Opferzahlen begrenzt blieben, beruhte vor allem darauf, dass die deutschen Truppen der meisten Kommissare schlichtweg nicht habhaft wurden, so dass die Vernichtungspolitik nach nur wenigen Wochen Feldzugsdauer kaum noch realisierbar war. Glaubt man den einhelligen deutschen Berichten, gelang es dem Großteil der Politoffiziere, sich dem Zugriff der Invasoren rechtzeitig zu entziehen oder sich durch Abtrennen der Dienstgradabzeichen zu tarnen und in der Gefangenschaft unentdeckt zu bleiben. Hinzu kam, dass die Erschießungen rasch auf der sowjetischen Seite bekannt wurden, so dass die meisten Kommissare in der Folge bis zum letzten kämpften oder in aussichtsloser Situation sogar Selbstmord verübten. Da die Gefangennahme von Politoffizieren somit immer seltener wurde, kamen immer weniger deutsche Einheiten in die Situation, den Kommissarbefehl anwenden zu müssen. Hierin liegt das Korn Wahrheit in den Beteuerungen vieler Veteranen, den Kommissarbefehl nie befolgt zu haben.
Das Mordprogramm scheiterte jedoch noch in anderer Hinsicht. Die Exekutionen verstärkten den ohnehin schon heftigen Widerstand der Roten Armee und trugen dazu bei, die deutschen Verlustraten in Rekordhöhen zu treiben. So gab Hitler schließlich im Frühjahr 1942 dem wiederholten Drängen seiner Generäle nach, den Kommissarbefehl aufzuheben. Dies konnte allerdings nichts mehr daran ändern, dass die Vernichtungspolitik gegen die sowjetischen Kommissare längst zu einer schweren Hypothek geworden war. Die planmäßige Radikalisierung der Kriegführung bewirkte keineswegs, wie Hitler sich ausgerechnet hatte, den Zusammenbruch der Sowjetunion, sondern trug vielmehr zum Zusammenhalt der Roten Armee und somit letztlich zur Niederlage des Ostheeres bei.
- ↑ Siehe dazu: Felix Römer, ‚Im alten Deutschland wäre solcher Befehl nicht möglich gewesen‘. Rezeption, Adaption und Umsetzung des Kriegsgerichtsbarkeitserlasses im Ostheer 1941/42. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 56:1 (2008), S. 53–99, hier S. 78-80.
- ↑ Vgl. Kriegstagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Franz Halder, 17.3.1941, in: BArch, RH 2/123, Bl. 26, Online.
- ↑ D.h. dem militärischen Nachrichtendienst, Anm. d. Red.
Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare (Kommissarbefehl), 6. Juni 1941
Anlage zu OKW/ WFSt/ Abt.L IV/Qu
Nr. 44822/41 g.K.Chefs.
Im Kampf gegen den Bolschewismus ist mit einem Verhalten des Feindes nach den Grundsätzen der Menschlichkeit oder des Völkerrechts nicht zu rechnen. Insbesondere ist von den politischen Kommissaren aller Art als den eigentlichen Trägern des Widerstandes eine hasserfüllte, grausame und unmenschliche Behandlung unserer Gefangenen zu erwarten.
Die Truppe muss sich bewusst sein:
1.) In diesem Kampfe ist Schonung und völkerrechtliche Rücksichtnahme diesen Elementen gegenüber falsch. Sie sind eine Gefahr für die eigene Sicherheit und die schnelle Befriedung der eroberten Gebiete.
2.) Die Urheber barbarisch asiatischer Kampfmethoden sind die politischen Kommissare. Gegen diese muss daher sofort und ohne Weiteres mit aller Schärfe vorgegangen werden.
Sie sind daher, wenn im Kampf oder Widerstand ergriffen, grundsätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen.
Im übrigen gelten folgende Bestimmungen:
I. Operationsgebiet.
1.) Politische Kommissare, die sich gegen unsere Truppe wenden, sind entsprechend dem „Erlass über Ausübung der Gerichtsbarkeit im Gebiet Barbarossa“ zu behandeln. Dies gilt für Kommissare jeder Art und Stellung, auch wenn sie nur des Widerstandes, der Sabotage oder der Anstiftung hierzu verdächtig sind.
Auf die „Richtlinien über das Verhalten der Truppe in Russland“ wird verwiesen.
2.) Politische Kommissare als Organe der feindlichen Truppe sind kenntlich an besonderem Abzeichen – roter Stern mit goldenem eingewebtem Hammer und Sichel auf den Aermeln – ( Einzelheiten siehe „Die Kriegswehrmacht der UdSSR.“ OKH/ Gen St d H O Qu IV Abt.Fremde Heere Ost ( II) Nr. 100/41 g. vom 15. 1. 1941 unter Anlage 9 d). Sie sind aus den Kriegsgefangenen sofort, d.h. noch auf dem Gefechtsfelde, abzusondern. Dies ist notwendig, um ihnen jede Einflussmöglichkeit auf die gefangenen Soldaten zu nehmen. Diese Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für Kriegsgefangene völkerrechtlich geltende Schutz findet auf sie keine Anwendung. Sie sind nach durchgeführter Absonderung zu erledigen.
3.) Politische Kommissare, die sich keiner feindlichen Handlung schuldig machen oder einer solchen verdächtig sind, werden zunächst unbehelligt bleiben. Erst bei der weiteren Durchdringung des Landes wird es möglich sein, zu entscheiden, ob verbliebene Funktionäre an Ort und Stelle belassen werden können oder an die Sonderkommandos abzugeben sind. Es ist anzustreben, dass diese selbst die Ueberprüfung vornehmen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob „schuldig oder nicht schuldig“, hat grundsätzlich der persönliche Eindruck von der Gesinnung und Haltung des Kommissars höher zu gelten, als der vielleicht nicht zu beweisende Tatbestand.
4.) In den Fällen 1.) und 2.) ist eine kurze Meldung (Meldezettel) über den Vorfall zu richten:
a) von den einer Division unterstellten Truppen an die Division ( Ic),
b) von den Truppen, die einem Korps-, Armeeober- oder Heeresgruppenkommando oder einer Panzergruppe unmittelbar unterstellt sind, an das Korps- usw. Kommando ( Ic).
5.) Alle oben genannten Massnahmen dürfen die Durchführung der Operationen nicht aufhalten. Planmässige Such- und Säuberungsaktionen durch die Kampftruppe haben daher zu unterbleiben.
II.) Im rückwärtigen Heeresgebiet.
Kommissare, die im rückwärtigen Heeresgebiet wegen zweifelhaften Verhaltens aufgegriffen werden, sind an die Einsatzgruppe bezw. Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei (SD) abzugeben.
III.) Beschränkung der Kriegs- und Standgerichte.
Die Kriegsgerichte und die Standgerichte der Regiments- usw. Kommandeure dürfen mit der Durchführung der Massnahmen nach I und II nicht betraut werden.
Hier nach: BArch MA, RW 4/v. 578, Bö. 42-44.
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Rundschreiben des OKW mit Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare, 6. Juni 1941, Original, BArch RW 4/578, Bl. 41-44. Gemeinfrei (amtliches Werk).
Jürgen Förster, Das Unternehmen ‚Barbarossa‘ als Eroberungs- und Vernichtungskrieg. In: Zentrum für Militärgeschichte (Hrsg.), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 4: Der Angriff auf die Sowjetunion. DVA, München 1983, S. 413–447.
Jürgen Förster, Das Unternehmen ‚Barbarossa‘. Eine historische Ortsbestimmung. In: Zentrum für Militärgeschichte (Hrsg.), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 4: Der Angriff auf die Sowjetunion. DVA, München 1983, S. 1079–1088.
Christian Hartmann, Verbrecherischer Krieg - verbrecherische Wehrmacht? Überlegungen zur Struktur des deutschen Ostheeres. In: Christian Hartmann, Johannes Hürter u. a. (Hrsg.), Der deutsche Krieg im Osten 1941–1944. Oldenbourg, München 2009, S. 3–72, Online.
Johannes Hürter, Hitlers Heerführer: Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42 (=Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 66). 2. Aufl., Oldenbourg, München 2007.
Helmut Krausnick, Kommissarbefehl und ‚Gerichtsbarkeitserlaß Barbarossa‘ in neuer Sicht. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 25:4 (1977), S. 682–738, Online.
Dieter Pohl, Die Herrschaft der Wehrmacht: Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion 1941–1944 (=Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 71). 2. Aufl., Oldenbourg, München 2009, Online.
Felix Römer, Der Kommissarbefehl: Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42. Schöningh, Paderborn 2008.
Felix Römer, ‚Im alten Deutschland wäre solcher Befehl nicht möglich gewesen‘. Rezeption, Adaption und Umsetzung des Kriegsgerichtsbarkeitserlasses im Ostheer 1941/42. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 56:1 (2008), S. 53–99, Online.
Christian Streit, Keine Kameraden: Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941–1945. Neuausg., J.H.W. Dietz, Bonn 1997.