Denkschrift über die Aufgaben eines Vierjahresplans
Die Denkschrift über die Aufgaben eines Vierjahresplans, von Adolf Hitler im August 1936 verfasst, markiert eine wegweisende Verschärfung der nationalsozialistischen Rüstungs- und Kriegspolitik. Nach der überwundenen Weltwirtschaftskrise wandte sich Hitler explizit der Vorbereitung eines (Angriffs)Krieges zu und gab einen klaren Zeitrahmen von vier Jahren vor, innerhalb dessen Wehrmacht und Wirtschaft kriegsbereit sein sollten. Die eindeutige Unterordnung der zivilen zugunsten der militärischen Bedürfnisse ist die zentrale Botschaft des Memorandums, mehr als die oft angeführte Idealvorstellung einer völlig autarken deutschen Wirtschaft. Die Vierjahresplandenkschrift läutete zudem einen Umbau in der wirtschaftspolitischen Struktur des „Dritten Reichs“ ein, mit dem das Ende der Ära Hjalmar Schachts nahte und Hermann Görings Stab für einige Jahre zur ökonomischen Richtlinieninstanz aufstieg.
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In seiner Amtszeit als Reichskanzler hat Adolf Hitler nur wenige schriftliche Ausarbeitungen verfasst, und allein aus diesem Grunde kommt seiner „Denkschrift über die Aufgaben eines Vierjahresplans“ erhebliche Bedeutung zu. Dem Stil nach diktiert und offenbar wenig bis gar nicht redigiert, illustriert das Dokument Hitlers Denk- und Redestil in eindringlicher Weise. Von der im August 1936 verfassten Denkschrift existierten nur drei Exemplare: Hitlers Original sowie jeweils eine Abschrift für Hermann Göring als Reichsminister der Luftfahrt und für Reichskriegsminister Werner von Blomberg. Ob eine weitere Kopie, wie vom britischen Historiker Richard Overy konstatiert, an Fritz Todt (und damit nach dessen Tod 1942 an Albert Speer) ging, ist unklar. Speer behauptete später, eine Abschrift von Hitler persönlich 1944 erhalten zu haben. Allerdings erfolgten seine Einlassungen im Vorfeld des Nürnberger „Hauptkriegsverbrecherprozesses“ 1945 und in der Absicht, zur eigenen Entlastung den streng geheimen Charakter der nationalsozialistischen Kriegspläne zu betonen. In der nationalsozialistischen Führung war die Denkschrift auf einer Ministerratssitzung schon im September 1936 durch Göring bekannt gegeben worden, und die deutsche Öffentlichkeit erfuhr vom Vierjahresplan auf dem Nürnberger „Parteitag der Ehre“ im selben Monat. In der Tat erhielt der Plan größere Publizität, als ursprünglich geplant gewesen war.
Das gute Dutzend Schreibmaschinenseiten stellt Hitlers ausführlichste zusammenhängende Stellungnahme zu wirtschaftspolitischen Fragen dar und dokumentiert, dass er entsprechende Themen keineswegs ignorierte, sein Verständnis ökonomischer Zusammenhänge jedoch limitiert war. Zuvorderst unterstreicht das Memorandum, dass Ordnungs-, Struktur- und Konjunkturpolitik für Hitler kein Selbstzweck, sondern dem innenpolitischen Machterhalt und den außenpolitischen Expansionszielen instrumentell untergeordnet waren. Diese Gewichtung entsprach Hitlers grundsätzlichen, vagen Vorstellungen von Wirtschaftspolitik, beschrieb aber auch die Situation zur Jahresmitte 1936, die gekennzeichnet war durch innenpolitische Stabilisierung, verschiedene Konflikt- und Kriegsszenarien auf internationaler Bühne sowie die sich abzeichnende ökonomische Krise. Dreieinhalb Jahre nach der Machtübernahme befand sich das NS-Regime dank der brutalen Ausschaltung der Opposition einerseits und der weitgehenden Beseitigung der Arbeitslosigkeit andererseits fest im Sattel. Die offizielle Aufrüstung 1935 und die Remilitarisierung des Rheinlandes im März 1936 waren intern populär und außenpolitisch folgenlos geblieben, wie auch der Propagandaerfolg der Olympischen Spiele in Berlin illustrierte. Zugleich standen mit dem Überfall des faschistischen Italiens auf Abessinien 1935-36 und dem Militärputsch in Spanien (Juli 1936) die Zeichen auf Krieg in Europa. Der Wahlsieg der linken Front Populaire in Frankreich im Mai 1936 galt dem NS-Regime als ideologische Bedrohung. Das Deutsche Reich unterzeichnete derweil Ende 1935 den Antikominternpakt mit Japan, im folgenden Jahr trat Italien bei.
Unterdessen stieß die seit 1933 eingeschlagene Rüstungspolitik zunehmend an die Grenzen einer strukturellen Devisen- und Rohstoffkrise, die zu einem wachsenden Handelsbilanzdefizit des Deutschen Reiches führte. Trotz des von Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht angelegten Goldvorrats manövrierte die Umleitung der inländischen Ressourcen in die Rüstungsproduktion die deutsche Volkswirtschaft in eine unübersehbare Schieflage: Das Reich importierte Rohstoffe wie auch Lebensmittel, und für beides standen keine ausreichenden Devisen zur Verfügung, weil die deutsche Wirtschaft immer mehr für den inländischen Bedarf produzierte und immer weniger Güter exportierte. Das prinzipielle Problem war dabei keineswegs neu: Zur Verringerung der Rohstoffabhängigkeit hatten Partei- und Wehrmachtsstellen schon 1933 Forschungs- und Investitionsvorhaben initiiert, und Schachts „Neuer Plan“ hatte 1934 eine akute Devisenkrise abgewendet.
Seit 1935 spitzten sich die Konflikte indes zu, insbesondere im Streit des Reichswirtschaftsministers mit dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Walter Darré, um die Bereitstellung von Devisen für Nahrungsmittelimporte. Hitlers Entscheidung, die Auseinandersetzung durch Göring schlichten zu lassen, bedeutete einen entscheidenden Einschnitt, indem sie einen neuen Akteur in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik installierte. Im April 1936 wurde Göring zum Reichskommissar für Rohstoffe und Devisen ernannt und holte umgehend Sachverständigengutachten ein, die Auswege aus der Zahlungs- und Versorgungskrieg weisen sollten. Diese – vom langjährigen Ministerialbeamten Ernst Trendelenburg und dem Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler verfassten – Memoranden sollten Hitlers Vierjahresplan-Denkschrift entscheidend beeinflussen. Die vor allem von Goerdeler vorgeschlagene und von Schacht unterstützte Drosselung der Rüstungsanstrengungen, die Liberalisierung des Außenwirtschaftsverkehrs, die Abwertung der Reichsmark und die Hinnahme steigender Arbeitslosenzahlen galten Göring und Hitler als Belege für die Unfähigkeit der alten, nationalkonservativen Eliten, die Ziele des Regimes in ihrem ganzen Umfang zu begreifen. Der aggressive Tonfall von Hitlers Denkschrift zeugt von diesem Konflikt.
Das Memorandum zerfällt in zwei größere Teile. In einem ersten legt Hitler seine aus „Mein Kampf“ bekannten „theoretischen“ Prämissen dar: ein biologistisch-materialistisches Welt- und Geschichtsbild, in dem Völker und Weltanschauungen seit Jahrhunderten im Kampf um „Lebensraum“ aufeinanderprallen und nur unter Vernichtung des jeweiligen Gegners fortbestehen können. Als aktuellen Konflikt seiner Zeit identifiziert Hitler jenen zwischen „der abendländischen Welt“ einerseits und dem gleichermaßen rassistisch (jüdisch), ideologisch (marxistisch) und machtpolitisch (sowjetisch) definierten „Bolschewismus“ andererseits. In dem von ihm gezeichneten Endzeitszenario kommt dabei dem Deutschen Reich sowohl aufgrund seines rassischen „Volkswert[es]“ als auch seiner „weltanschaulichen“, d. h. nationalsozialistischen Stärke die Rolle des Retters gegen die „bolschewistischen Angriffe“ zu. Um dieser indes gerecht werden zu könne, so Hitler, müsse Deutschland „militärisch durchorganisiert“ und die Wehrmacht zur „ersten Armee der Welt“ entwickelt werden. Dieser Aufgabe seien „alle anderen Wünsche bedingungslos unterzuordnen“.
Unter diesen Prämissen wendet sich der zweite Teil der Denkschrift der eigentlichen wirtschaftspolitischen Thematik zu. In einem ersten Schwerpunkt charakterisiert Hitler – in der Sache durchweg unzutreffend – Deutschlands ökonomische Situation als gekennzeichnet durch Überbevölkerung, Lebensmittelmangel und die Unmöglichkeit, die landwirtschaftliche Erzeugung zu steigern. Die Lebensmitteleinfuhr stelle mangels Devisen schon im Frieden, mehr noch aber im Kriege keine Option dar; allein die Hinzugewinnung von Lebensraum verspreche, diese Defizite zu beseitigen. Anders schätzt Hitler die Situation auf dem Gebiet industrieller Grundstoffe ein. Statt Rohstoffe zu lagern, sollten diese vorbehaltlos zu Waffen und Gerät verarbeitet werden, die den Krieg entschieden. Zudem gelte es, jene Ressourcen, die bislang importiert würden, mit allen Mitteln selbst zu erzeugen bzw. zu substituieren, um Devisen ausschließlich für unverzichtbare und alternativlose Einfuhren zu reservieren. In einem konkreten „Programm“ nennt die Denkschrift Benzin, Gummi (Kautschuk), Eisen(erz) und industrielle Fette als Schwerpunkte der deutschen Ersatzstofferzeugung bzw. Ersetzung durch heimische Ressourcen. Dabei handelte es sich um jene Vorhaben, die seit Ende 1933 von Wilhelm Keppler, Hitlers „Wirtschaftsberater“ und Leiter der „Sonderaufgabe Deutsche Roh- und Werkstoffe“, vorangetrieben wurden und in der Folge in Görings Portfolio übergingen.
Mit Forderungen wie der, binnen 18 Monaten in der Benzinerzeugung exportunabhängig zu werden, griff Hitler verbreitete Autarkie-Visionen auf. Gleichwohl behauptete die Denkschrift keineswegs, die völlige Selbstversorgung des Deutschen Reiches erreichen zu können – jedenfalls nicht in den Grenzen von 1936 –, sondern eben nur auf jenen Gebieten, „auf denen diese möglich ist“. Eine echte, dauerhafte Autarkie war hingegen allein durch die Eroberung von Lebensraum zu realisieren, eine Konzeption, die nach Kriegsbeginn als „Großraumwirtschaft“ ausformuliert werden sollte. Eben darauf steuerte Hitler dezidiert zu, indem er seine Denkschrift mit zwei Forderungen enden ließ: „1. Die deutsche Armee muss in 4 Jahren einsatzfähig sein. 2. Die deutsche Wirtschaft muss in 4 Jahren kriegsfähig sein.“
Richteten sich die devisenpolitischen Maßgaben Hitlers vor allem gegen Schacht und Goerdeler, so fanden sich in den die Rohstofferzeugung behandelnden Abschnitten der Denkschrift wiederholt scharfe Attacken erneut gegen das „Wirtschaftsministerium“, mithin Schacht, aber auch gegen jene „Wirtschaftler“, die skeptisch ob der technischen Machbarkeit und vor allem ob der Rentabilität der Rohstoffsubstitution seien. Sähen sich die industriellen Bedenkenträger nicht dazu in der Lage oder seien nicht willens, die entsprechenden Produktionsmethoden zu entwickeln, müsse der Staat einspringen, und „dann benötigen wir keine Privatwirtschaft mehr.“ Ähnliche Drohungen wiederholte auch Göring mehrfach, nachdem er am 18. Oktober 1936 zum Beauftragten für den Vierjahresplan ernannt worden war. Ein Teil der historischen Forschung hat Hitlers Denkschrift daher als radikalen Bruch in der Ordnungspolitik des „Dritten Reiches“ verstanden, mit der die Grundlage einer „Befehlswirtschaft“ (G. Mollin, P. Hayes) etabliert und die unternehmerischen den staatlichen Interessen strikt untergeordnet worden seien. Neuere Studien (C. Buchheim, J. Scherner, T. Schnanetzky) belegen indes zum einen, dass Schachts Kurs auf zentralen Feldern fortgesetzt wurde, zum anderen dass die Drohrhetorik kaum in die Tat umgesetzt wurde.
Gerade in der Ersatzstoffproduktion blieb Zwang die Ausnahme, und freiwillige Investitionen überwogen. Zudem wurden diese mit einem breiten Arsenal an staatlichen Beihilfen unterstützt, unter denen die privaten Unternehmen jene Varianten wählten, die ihren Einschätzungen kurz- und langfristiger Rentabilität am besten entsprachen. Auch die Gründung der Reichswerke „Hermann Göring“ – lange als Paradebeispiel für staatlichen Zwang angeführt – erscheint in der jüngeren Forschung in neuem Licht: Die Entscheidung, die qualitativ schlechten Eisenerze im Salzgittergebiet zu fördern und in neu zu errichtenden Hochöfen zu verhütten, wurde zwar gegen die Bedenken der Privaten (die Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt fürchteten) getroffen; die Gründung des Staatsunternehmens war jedoch gerade deswegen erforderlich, weil das Regime offenen Zwang scheute und die privatwirtschaftlichen Verfügungsrechte im Kern respektierte.
Deutlicher fiel der Zäsurcharakter des Vierjahresplans an der Regimespitze aus. Mit Göring als Vierjahresplan-Beauftragtem erwuchs Schacht ein mächtiger Gegner, der dank seiner weitreichenden Vollmachten die Kompetenzen des Reichwirtschaftsministers usurpierte. Schachts Demission als Minister 1937 und seine Entlassung als Reichsbankpräsident 1939 waren die Folge. Göring baute sich unterdessen aus den Resten des Preußischen Staatsministeriums einen eigenen Stab auf und gliederte führende Ministerialbeamte anderer Ressorts ein. Diese Personalidentität reduzierte zum einen die interministerielle Konkurrenz, zum anderen stärkte sie Görings Position als oberste wirtschaftspolitische Instanz. Die hohe Zahl an Militärs, die in der Vierjahresplanbehörde tätig waren, unterstrich die Ratio der neuen Organisation; technologische Expertise wurde aus dem Personalpool deutscher Unternehmen, namentlich der I.G. Farbenindustrie AG, gewonnen. Die Kombination von Personalidentität und industriellen Schwerpunkten haben einzelne Historiker (M. Spoerer/J. Streb) zum Anlass genommen, den Vierjahresplan als „riesige[n] Chemieplan“ zu bewerten. Görings Ära als „Wirtschaftsdiktator“ (Overy) währte bis 1940/42, als mit Todt und Speer zwei Akteure auf den Plan traten, die aus dem expandierenden Vierjahresplankosmos heraus das Rüstungsministerium als zentrale Instanz der Kriegswirtschaft etablierten.
Dass der Stern der Vierjahresplanbehörde bald wieder sank, lag zum einen in Görings Person begründet, zum anderen in der durchwachsenen Leistungsbilanz. Zwar hatte der Vierjahresplan wichtigen Anteil an der radikalen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf Rüstungszwecke. Bei einem Investitionsvolumen von 13,25 Mrd. RM von 1936 bis 1942 entfielen 50 % aller deutschen Industrieinvestitionen in diesem Zeitraum auf rüstungsrelevante Bereiche. Engpässe bei Roh- und Grundstoffen konnten bis 1942/43 weitgehend verhindert werden – allerdings auch, weil erst der Devisenbesitz im Inland (nicht zuletzt durch ‚Arisierungen‘) und dann die besetzten Gebiete hemmungslos geplündert wurden. In beiden Fällen trat Görings Vierjahresplanbehörde als Motor auf, etwa durch Sonderorganisationen wie die Haupttreuhandstelle Ost in Polen oder die Berg- und Hüttenwerksgesellschaft Ost und den gemeinsam mit der Wehrmacht errichteten Wirtschaftsstab Ost in den sowjetischen Gebieten.
Autarkie wurde indes zu keiner Zeit erreicht – nicht in der Raubwirtschaft des Zweiten Weltkrieges und erst recht nicht bis 1939. Fiel in diesen Jahren die Integration in die Weltwirtschaft keineswegs geringer aus als vor 1936 – im Kern kann von einer „Importsubstitutionspolitik zur Überwindung von Devisenlücken“ (R. Banken) gesprochen werden –, so war das NS-Regime bis zum Überfall im Sommer 1941 bemüht, die Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion zu revitalisieren. Auch die endemischen Zuteilungsprobleme wurde nicht gelöst, sondern blieben ein ständiger Begleiter der deutschen Rüstungs- und Kriegswirtschaft, weil auch bessere Kontingentierungskonzepte das strukturelle Problem mangelnder Ressourcen nicht aufzulösen vermochten. Die Ersatzstoffvorhaben auf den Gebieten von Benzin- und Eisenerzproduktion erfüllten die in sie gesetzten Hoffnungen nicht annähernd.
Unter dem Strich stellt Hitlers Vierjahresplan-Denkschrift keinen Wendepunkt in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik dar, sondern war ein wichtiges, nicht zuletzt auch öffentlichkeitswirksames Moment innerhalb eines breiteren Prozesses der verschärften und beschleunigten Kriegsvorbereitung. Damit steht sie in engem Zusammenhang zur Hoßbach-Niederschrift (1937), und in ähnlicher Weise korreliert der Wechsel von Schacht zu Göring mit dem Revirement an der Wehrmachtsspitze 1938. Der britische Historiker Adam Tooze hat allerdings argumentiert, dass mit der Denkschrift die kontinuierliche Intervention Hitlers in wirtschaftliche (Verteilungs)Fragen begann. Zum Schlüsseldokument wurde die Vierjahresplandenkschrift schließlich vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg 1945 sowie im sogenannten Wilhelmstraßen-Prozess, in dem eine Reihe führender Mitarbeiter der Vierjahresplanbehörde vor Gericht stand. Hitlers Ausführungen zählten dabei zu den wichtigsten Beweisstücken, um den Anklagepunkt der Planung und Vorbereitung des Angriffskrieges nachzuweisen.
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Denkschrift.[ ]
Die politische Lage.
Politik ist die Führung und der Ablauf des geschichtlichen Lebenskampfes der Völker. Das Ziel dieser Kämpfe ist die Behauptung des Daseins. Auch die idealistischen Weltanschauungskämpfe besitzen ihre letzten Ursachen und erhalten ihre tiefsten Antriebe aus volklich gegebenen Lebenszwecken und Zielen. Religionen und Weltanschauungen vermögen aber solchen Kämpfen stets eine besondere Härte zu geben und verleihen ihnen daher auch eine große geschichtliche Eindringlichkeit. Sie prägen dem Inhalt von Jahrhunderten ihren Stempel auf. Es ist dann nicht möglich, für Völker und Staaten, die im Bannkreis solcher weltanschaulicher oder religiöser Auseinandersetzung leben, sich von den Ereignissen abzusondern oder auszuschließen. Christentum und Völkerwanderung bestimmten den geschichtlichen Inhalt von Jahrhunderten. Der Mohammedismus erschütterte den Orient und zugleich das Abendland ebenfalls auf die Dauer von einem halben Jahrtausend. Die Reformation zog ganz Mitteleuropa in den Bereich ihrer Folgen. Es war einzelnen Staaten dabei nicht möglich, sich — sei es durch Klugheit oder durch gewollte Teilnahmslosigkeit — von den Ereignissen auszunehmen. Seit dem Ausbruch der Französischen Revolution treibt die Welt in immer schärferem Tempo in eine neue Auseinandersetzung, deren extremste Lösung Bolschewismus heißt, deren Inhalt und Ziel aber nur die Beseitigung und Ersetzung der bislang führenden Gesellschaftsschichten der Menschheit durch das international verbreitete Judentum ist.
Kein Staat wird sich dieser geschichtlichen Auseinandersetzung entziehen oder auch nur fernhalten können. Seit sich der Marxismus durch seinen Sieg in Russland eines der größten Reiche der Welt als Ausgangsbasis für seine weiteren Operationen geschaffen hat, ist diese Frage zu einer bedrohlichen geworden. Einer in sich selbst weltanschaulich zerrissenen demokratischen Welt tritt ein geschlossener autoritärer weltanschaulich fundierter Angriffswille gegenüber. Die militärischen Machtmittel dieses Angriffswillens steigern sich dabei in rapider Schnelligkeit von Jahr zu Jahr. Man vergleiche mit der heute tatsächlich geschaffenen Roten Armee die Annahmen des Militärs vor 10 oder 15 Jahren, um die gefährlichen Ausmaße dieser Entwicklung ermessen zu können. Man überlege sich aber die Ergebnisse einer weiteren Entwicklung in 10, 15 oder 20 Jahren, um sich ein Bild der dann eintretenden Verhältnisse zu machen!
Deutschland:
Deutschland wird wie immer als Brennpunkt der abendländischen Welt gegenüber den bolschewistischen Angriffen anzusehen sein. Ich fasse dies nicht als eine erfreuliche Mission auf, sondern als eine leider durch unsere unglückliche Lage in Europa bedingte Erschwerung und Belastung unseres völkischen Lebens. Wir können uns aber diesem Schicksal nicht entziehen.
Unsere politische Lage ergibt sich aus folgendem:
Europa hat zur Zeit nur zwei dem Bolschewismus gegenüber als standfest anzusehende Staaten: Deutschland und Italien. Die anderen Länder sind entweder durch ihre demokratische Lebensform zersetzt, marxistisch infiziert und damit in absehbarer Zeit selbst dem Zusammenbruch verfallen oder von autoritären Regierungen beherrscht, deren einzige Stärke die militärischen Machtmittel sind, d. h. aber: sie sind infolge der Notwendigkeit, die Existenz ihrer Führung den eigenen Völkern gegenüber durch die Brachialmittel der Exekutive zu sichern, unfähig, diese Brachialgewalt zur Erhaltung der Staaten nach außen anzusetzen. Alle diese Länder wären unfähig, jemals einen aussichtsvollen Krieg gegen Sowjetrussland zu führen. Wie denn überhaupt außer Deutschland und Italien nur noch Japan als eine der Weltgefahr gegenüber standhaltende Macht angesehen werden kann.
Es ist nicht der Zweck dieser Denkschrift, die Zeit zu prophezeien, in der die unhaltbare Lage in Europa zur offenen Krise werden wird. Ich möchte nur in diesen Zeilen meine Überzeugung niederlegen, dass diese Krise nicht ausbleiben kann und nicht ausbleiben wird und dass Deutschland die Pflicht besitzt, seine eigene Existenz dieser Katastrophe gegenüber mit allen Mitteln zu sichern und sich vor ihr zu schützen und daß sich aus diesem Zwang eine Reihe von Folgerungen ergeben, die die wichtigsten Aufgaben betreffen, die unserem Volk jemals gestellt worden sind. Denn ein Sieg des Bolschewismus über Deutschland würde nicht zu einem Versailler Vertrag führen, sondern zu einer endgültigen Vernichtung, ja Ausrottung des deutschen Volkes.
Das Ausmaß einer solchen Katastrophe kann nicht abgesehen werden. Wie denn überhaupt der dichtbevölkerte Westen Europas (Deutschland inbegriffen) nach einem bolschewistischen Zusammenbruch wohl die grauenhafteste Völkerkatastrophe erleben würde, die seit dem Verlöschen der antiken Staaten die Menschheit heimgesucht hat. Gegenüber der Notwendigkeit der Abwehr dieser Gefahr haben alle anderen Erwägungen als gänzlich belanglos in den Hintergrund zu treten!
Deutschlands Abwehrfähigkeit:
Die Abwehrfähigkeit Deutschlands basiert auf einigen Faktoren. An die Spitze möchte ich stellen zunächst den inneren Wert des deutschen Volkes an sich. Das deutsche Volk, politisch einwandfrei geführt, weltanschaulich gefestigt und militärisch durchorganisiert, stellt sicherlich den hochwertigsten Widerstandsfaktor dar, den die Welt heute überhaupt besitzt. Die politische Führung ist sichergestellt durch die Nationalsozialistische Partei, die weltanschauliche Geschlossenheit seit dem Sieg des Nationalsozialismus ist in einem bisher noch nicht erreichten Maße eingeleitet. Sie muss auf der Grundlage dieser Auffassung immer mehr vertieft und erhärtet werden. Dies ist das Ziel der nationalsozialistischen Erziehung unseres Volkes.
Die militärische Auswertung soll durch die neue Armee erfolgen. Das Ausmaß und das Tempo der militärischen Auswertung unserer Kräfte können nicht groß und nicht schnell genug gewählt werden! Es ist ein Kapitalirrtum, zu glauben, dass über diese Punkte irgend ein Verhandeln oder ein Abwägen stattfinden könnte mit anderen Lebensnotwendigkeiten. So sehr auch das gesamte Lebensbild eines Volkes ein ausgeglichenes sein soll, so sehr müssen doch in gewissen Zeiten einseitige Verschiebungen zu Ungunsten anderer, nicht so lebenswichtiger Aufgaben vorgenommen werden. Wenn es uns nicht gelingt, in kürzester Frist die deutsche Wehrmacht in der Ausbildung, in der Aufstellung der Formationen, in der Ausrüstung und vor allem auch in der geistigen Erziehung zur ersten Armee der Welt zu entwickeln, wird Deutschland verloren sein! Es gilt hier der Grundsatz, dass das, was in Monaten des Friedens versäumt wurde, in Jahrhunderten nicht mehr eingeholt werden kann.
Es haben sich daher dieser Aufgabe alle anderen Wünsche bedingungslos unterzuordnen. Denn diese Aufgabe ist das Leben und die Lebenserhaltung, und alle sonstigen Wünsche — und mögen sie in anderen Zeitläuften noch so verständlich sein — sind demgegenüber belanglos oder sogar lebensgefährdend und mithin abzulehnen. Die Nachwelt wird uns dereinst auch nicht die Frage vorlegen, nach welchen Methoden oder heute gültigen Auffassungen, Ansichten usw. wir die Rettung der Nation durchführten, sondern ob wir sie durchführten. Und es wird einst keine Entschuldigung für unseren Untergang sein, wenn wir dann dafür aber auf die doch so bewährten Maßnahmen hinweisen wollten, die leider den Untergang verschuldeten.
Die wirtschaftliche Lage Deutschlands.
So wie die politische Bewegung in unserem Volk nur ein Ziel kennt, die Lebensbehauptung unseres Volkes und Reiches zu ermöglichen, d.h. alle geistigen und sonstigen Voraussetzungen für die Selbstbehauptung unseres Volkes sicherzustellen, so hat auch die Wirtschaft nur diesen einen Zweck. Das Volk lebt nicht für die Wirtschaft oder für die Wirtschaftsführer, Wirtschafts- oder Finanz-Theorien, sondern die Finanz und die Wirtschaft, die Wirtschaftsführer und alle Theorien haben ausschließlich diesem Selbstbehauptungskampf unseres Volkes zu dienen.
Die wirtschaftliche Lage Deutschlands ist aber, in kürzesten Umrissen gekennzeichnet, folgende:
1.) Wir sind übervölkert und können uns auf der eigenen Grundlage nicht ernähren.
2.) Wenn unser Volk 6 oder 7 Millionen Erwerbslose besitzt, wird infolge der nichtvorhandenen Kaufkraft dieser Menschen die Ernährungslage günstiger. Es ist natürlich ein Unterschied, ob 6 Millionen Menschen 40 Mark im Monat auszugeben haben oder 100 Mark. Es darf nicht übersehen werden, dass es sich hierbei um ein Drittel der im Erwerbsleben stehenden Menschen handelt, d.h. also auf die gesamte Volkszahl umgerechnet: Durch die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik haben rund 28 Millionen Menschen eine Erhöhung ihres früheren Lebensstandardes von im Durchschnitt höchstens 50 Mark im Monat auf mindestens 100—120 Mark erhalten. Dies bedeutet einen erhöhten und verständlichen Ansturm auf den Lebensmittelmarkt.
3.) Unterbleibt aber diese Arbeitssteigerung, so muss ein hoher Prozentsatz des Volkes allmählich an Unterernährung als wertvoller Faktor von unserem Volkskörper abgezogen werden. Es ist daher trotz der schwierigen Ernährungslage das oberste Gebot unserer Wirtschaftspolitik, dafür zu sorgen, dass durch die Eingliederung aller Deutschen in den Wirtschaftsprozess die Voraussetzung für einen normalen Konsum geschaffen wird.
4.) Soweit dieser Konsum sich auf allgemeine Gebrauchsartikel erstreckt, ist seine Befriedigung durch die Steigerung der Produktion in hohem Ausmaß möglich. Soweit sich dieser Konsum auf den Lebensmittelmarkt wirft, ist seine Befriedigung aus der inneren deutschen Wirtschaft nicht möglich. Denn: Zahlreiche Produktionen können ohne weiteres erhöht werden. Das Ergebnis unserer landwirtschaftlichen Produktion kann eine wesentliche Steigerung nicht mehr erfahren. Ebenso ist es uns unmöglich, einzelne Rohstoffe, die uns in Deutschland fehlen, zur Zeit auf einem künstlichen Wege herzustellen oder sonst zu ersetzen.
5.) Es ist aber gänzlich belanglos, diese Tatsachen immer wieder festzustellen, d.h. festzustellen, dass uns Lebensmittel oder Rohstoffe fehlen, sondern es ist entscheidend, jene Maßnahmen zu treffen, die für die Zukunft eine endgültige Lösung, für den Übergang eine vorübergehende Entlastung bringen können.
6.) Die endgültige Lösung liegt in einer Erweiterung des Lebensraumes bzw. der Rohstoff- und Ernährungsbasis unseres Volkes. Es ist die Aufgabe der politischen Führung, diese Frage dereinst zu lösen.
7.) Die vorübergehende Entlastung kann nur im Rahmen unserer heutigen Wirtschaft gefunden werden. Und dazu ist folgendes festzustellen:
a.) Da das deutsche Volk in seiner Ernährung steigend von der Einfuhr abhängig sein wird, desgleichen aber auch gewisse Rohstoffe unter allen Umständen wenigstens teilweise aus dem Auslande beziehen muss, ist mit allen Mitteln auf die Ermöglichung dieser Einfuhr hinzuarbeiten.
b.) Die Steigerung des eigenen Exports ist theoretisch möglich, praktisch aber kaum wahrscheinlich. Deutschland exportiert nicht in einen politisch oder wirtschaftlich luftleeren Raum, sondern in unerhört hart umstrittene Gebiete. Unser Export ist gemessen an dem allgemeinen internationalen Wirtschaftsschwund nicht nur nicht mehr, sondern weniger gesunken als der der anderen Völker und Staaten. Allein, da die Lebensmitteleinfuhr im großen gesehen überhaupt keine wesentliche Senkung verträgt, sondern eher steigt, muss auf anderem Weg ein Ausgleich gefunden werden.
c.) Es ist aber unmöglich, bestimmte Rohstoffdevisen für den Import von Lebensmitteln zu verwenden, wenn nicht der sonstigen deutschen Wirtschaft ein schwerer, ja vielleicht vernichtender Schlag zugefügt werden soll. Es ist aber vor allem gänzlich unmöglich, dies auf Kosten der nationalen Aufrüstung zu tun. Ich muss mich hier schärfstens verwahren gegen die Auffassung, durch eine Einschränkung der nationalen Aufrüstung, d.h. der Waffen- und Munitionsherstellung, eine „Anreicherung“ von Rohstoffen herbeiführen zu können, die dann im Kriegsfall etwa Deutschland zugute käme. Eine solche Auffassung beruht auf einem gänzlichen Verkennen — um mich nicht schärfer auszudrücken — der vor uns liegenden Aufgaben und militärischen Erfordernisse. Denn selbst eine gelungene Einsparung von Rohstoffen durch eine Einschränkung z.B. der Munitionserzeugung bedeutet nur, dass wir diese Rohstoffe im Frieden aufstapeln, um sie dann erst im Kriegsfall verarbeiten zu lassen, das heißt, wir entziehen den kritischsten Monaten die Munition und geben dafür rohes Kupfer, Blei oder vielleicht Eisen. Es würde aber in diesem Fall immer noch besser sein, die Nation ginge ohne ein kg. Kupfervorrat, dafür aber mit gefüllten Munitionsdepots in den Krieg als mit leeren Depots aber sogenannten „angereicherten“ Rohstofflagern.
Der Krieg ermöglicht die Mobilisierung auch der letzten Metallvorräte. Denn: Dies ist dann kein Wirtschaftsproblem, sondern ausschließlich eine Willensfrage. Und die nationalsozialistische Staatsführung würde den Willen und auch die Entschlusskraft und Härte besitzen, um diese Probleme im Kriegsfalle zu lösen. Viel wichtiger aber ist es, den Krieg im Frieden vorzubereiten! Es ist aber darüber hinaus überhaupt folgendes festzustellen:
Es gibt für den Kriegsfall gar keine Bereitstellung von Rohstoffen, so wenig es eine Bereitstellung von Devisen gibt. Es wird heute manchesmal versucht, die Dinge etwa so hinzustellen, als ob Deutschland im Jahr 1914 mit wohlvorbereiteten Rohstoffmengen in den Krieg gezogen wäre. Dies ist eine Lüge. Keinem Staat ist es möglich, die Rohstoffmengen für einen Krieg vorher bereitzulegen, wenn dieser Krieg länger als sagen wir ein Jahr dauert. Sollte aber eine Nation wirklich in der Lage sein, diese Rohstoffmengen für ein Jahr bereitzulegen, dann verdient ihre politische, wirtschaftliche und militärische Führung aufgehängt zu werden. Denn sie legt nämlich das also vorhandene Kupfer und Eisen bereit für eine Kriegsführung, statt ihr die Granaten zu drehen. Deutschland ging aber in den Weltkrieg ohne irgendeine Bevorratung. Was damals an scheinbarer Friedensbevorratung in Deutschland vorhanden war, wurde reichlich vergolten und abgewertet durch die miserable Kriegsbevorratung an Munition. Im übrigen sind die Mengen der Rohstoffe, die für einen Krieg benötigt werden, so große, dass eine wirkliche Bevorratung auf längere Dauer noch niemals in der Weltgeschichte gegeben war! Was aber die Bevorratung durch Devisenanhäufung betrifft, so ist es ganz klar, dass
1.) der Krieg jederzeit in der Lage ist, Devisen zu entwerten, sofern sie nicht als Gold in Erscheinung treten und
2.) dass die Umwandlung selbst von Gold in Rohstoffe im Kriege nicht die geringste Gewähr für Verwirklichung besitzt. Deutschland hat im Weltkrieg in sehr vielen Staaten noch sehr große Devisenguthaben besessen. Es ist unseren schlauen Wirtschaftspolitikern aber nicht möglich gewesen, dafür nun Brennstoff, Gummi, Kupfer, Zinn in irgendeinem ausreichenden Maße nach Deutschland zu bringen. Wenn das Gegenteil behauptet wird, ist dies ein lächerlicher Unsinn. Aus diesem Grunde und aus dem Grund, die Ernährung unseres Volkes sicherzustellen, ergibt sich aber zwingend folgende Aufgabe:
Es ist nicht genug damit getan, von Zeit zu Zeit nur Rohstoff- oder Devisen-Bilanzen aufzustellen oder von einer Vorbereitung der Kriegswirtschaft im Frieden zu sprechen, sondern es ist notwendig, der Friedensernährung und vor allem der Kriegsführung die Mittel zu sichern, die durch menschliche Energie und durch Tatkraft gesichert werden können. Und ich stelle daher zu einer endgültigen Lösung unserer Lebensnot folgendes Programm auf:
I. Ähnlich der militärischen und politischen Aufrüstung bezw. Mobilmachung unseres Volkes hat auch eine wirtschaftliche zu erfolgen und zwar im selben Tempo, mit der gleichen Entschlossenheit und wenn nötig auch mit der gleichen Rücksichtslosigkeit.
Interessen einzelner Herren dürfen in der Zukunft dabei keine Rolle mehr spielen. Es gibt nur ein Interesse, und das ist das Interesse der Nation und eine einzige Auffassung, das ist die, dass Deutschland politisch und wirtschaftlich in die Lage der Selbsterhaltung gebracht werden muss.
II. Zu diesem Zwecke sind auf all den Gebieten, auf denen eine eigene Befriedigung durch deutsche Produktionen zu erreichen ist, Devisen einzusparen, um sie jenen Erfordernissen zuzulenken, die unter allen Umständen ihre Deckung nur durch Import erfahren können.
III. In diesem Sinne ist die deutsche Brennstofferzeugung nunmehr im schnellsten Tempo vorwärtszutreiben und binnen 18 Monaten zum restlosen Abschluss zu bringen. Diese Aufgabe ist mit derselben Entschlossenheit wie die Führung eines Krieges anzufassen und durchzuführen; denn von ihrer Lösung hängt die kommende Kriegsführung ab und nicht von einer Bevorratung des Benzins.
IV. Es ist ebenso augenscheinlich die Massenfabrikation von synthetischem Gummi zu organisieren und sicherzustellen. Die Behauptung, dass die Verfahren vielleicht noch nicht gänzlich geklärt wären und ähnliche Ausflüchte haben von jetzt ab zu schweigen. Es steht nicht die Frage zur Diskussion, ob wir noch länger warten wollen, sonst geht die Zeit verloren und die Stunde der Gefahr wird uns alle überraschen. Es ist vor allem nicht die Aufgabe staatlich-wirtschaftlicher Einrichtungen, sich den Kopf über Produktionsmethoden zu zerbrechen. Dies geht das Wirtschaftsministerium gar nichts an. Entweder wir besitzen heute eine Privatwirtschaft, dann ist es deren Aufgabe, sich den Kopf über die Produktionsmethoden zu zerbrechen. oder wir glauben, dass die Klärung der Produktionsmethoden Aufgabe des Staates sei, dann benötigen wir keine Privatwirtschaft mehr.
V. Die Frage des Kostenpreises dieser Rohstoffe ist ebenfalls gänzlich belanglos, denn es ist immer noch besser, wir erzeugen in Deutschland teuerere Reifen und können sie fahren, als wir verkaufen theoretisch billige Reifen, für die das Wirtschaftsministerium aber keine Devisen bewilligen kann, die also mithin an [sic] Mangel des Rohstoffes nicht erzeugt werden können und mithin überhaupt auch nicht gefahren werden. Wenn wir schon gezwungen sind, in großem Umfang eine Binnenwirtschaft im autarken Sinn aufzubauen — und dies sind wir — denn durch Lamentieren und Feststellungen unserer Devisennot wird das Problem jedenfalls nicht gelöst — dann spielt im einzelnen der Rohstoffpreis nicht mehr die ausschlaggebende Rolle.
Es ist weiter notwendig, die deutsche Eisenproduktion auf das außerordentlichste zu steigern. Der Einwand, dass wir nicht in der Lage seien, aus dem deutschen Eisenerz mit 26% Gehalt ein ähnliches billiges Roheisen zu erzeugen, wie aus den 45%igen Schwedenerzen usw. ist belanglos, weil uns ja nicht die Frage gestellt ist, was wir l i e b e r tun wollen, sondern nur, was wir tun k ö n n e n. Der Einwand aber, dass in dem Fall die ganzen deutschen Hochöfen umgebaut werden müßten, ist ebenfalls unbeachtlich, und vor allem geht das das Wirtschaftsministerium nichts an. Das Wirtschaftsministerium hat nur die nationalwirtschaftlichen Aufgaben zu stellen, und die Privatwirtschaft hat sie zu erfüllen. Wenn aber die Privatwirtschaft glaubt, dazu nicht fähig zu sein, dann wird der nationalsozialistische Staat aus sich heraus diese Aufgabe zu lösen wissen. Im übrigen hat Deutschland tausend Jahre keine fremden Eisenerze gehabt. Noch vor dem Kriege wurden mehr deutsche Eisenerze verarbeitet als in der Zeit unseres schlimmsten Verfalls. Sollte uns die Möglichkeit aber bleiben, trotzdem noch billige Erze einzuführen, dann ist dies ja gut. Die Existenz der nationalen Wirtschaft und vor allem der Kriegsführung darf davon jedoch nicht abhängig sein.
Es ist weiter notwendig, die Verbrennung der Kartoffel zu Spiritus sofort zu verbieten. Der Brennstoff muss aus der Erde gewonnen werden und nicht aus Kartoffeln. Wir haben statt dessen die Pflicht, etwa freiwerdende Anbauflächen entweder für die menschliche oder tierische Ernährung zu verwenden oder für den Anbau von Faserstoffen.
Es ist weiter notwendig, unsere industrielle Fettversorgung in kürzester Schnelligkeit vom Import unabhängig zu machen und aus unserer Kohle zu befriedigen. Diese Aufgabe ist chemisch gelöst, und sie schreit einfach nach ihrer Erfüllung. Die deutsche Wirtschaft aber wird die neuen Wirtschaftsaufgaben begreifen oder sie wird sich eben unfähig erweisen in dieser modernen Zeit, in der ein Sowjet-Staat einen Riesenplan aufrichtet, noch weiter zu bestehen. Aber dann wird nicht Deutschland zugrunde gehen, sondern es werden dies höchstens einige Wirtschaftler.
Es ist weiter notwendig, ohne Rücksicht auf Kosten die deutsche sonstige Erzförderung zu steigern und insbesondere die Erzeugung von Leichtmetall auf das äusserste zu erhöhen, um damit einen Ersatzstoff für bestimmte andere Metalle zu finden.
Es ist endlich aber auch für die Aufrüstung notwendig, schon jetzt sich wenn irgend möglich jener Stoffe zu bedienen, die im Kriegsfalle anstelle der Edelmetalle treten müssen und treten werden. Es ist besser, sich im Frieden diese Probleme zu überlegen und zu lösen als auf den nächsten Krieg zu warten, um dann im Rahmen der Fülle der gestellten Aufgaben erst auch diese wirtschaftlichen Untersuchungen und methodischen Erprobungen vornehmen zu wollen!
Kurz zusammengefasst: Ich halte es für notwendig, dass nunmehr mit eiserner Entschlossenheit auf all den Gebieten eine 100%ige Selbstversorgung eintritt, auf denen diese möglich ist und dass dadurch nicht nur die nationale Versorgung mit diesen wichtigsten Rohstoffen vom Ausland unabhängig wird, sondern dass dadurch auch jene Devisen eingespart werden, die wir im Frieden für die Einfuhr unserer Nahrungsmittel benötigen. Ich möchte dabei betonen, dass ich in diesen Aufgaben die einzige wirtschaftliche Mobilmachung sehe, die es gibt, und nicht in einer Drosselung von Rüstungsbetrieben im Frieden zur Einsparung und Bereitlegung von Rohstoffen für den Krieg.
Ich halte es aber weiter für notwendig, sofort eine Überprüfung vorzunehmen der Devisenausstände der deutschen Wirtschaft im Auslande. Es gibt keinen Zweifel, dass die Außenstände unserer Wirtschaft heute ganz enorme sind. Und es gibt weiter keinen Zweifel, dass sich dahinter zum Teil auch die niederträchtige Absicht verbirgt, für alle Fälle im Ausland gewisse, dem inneren Zugriff entzogene Reserven zu besitzen. Ich sehe darin eine bewußte Sabotage der nationalen Selbstbehauptung bezw. der Verteidigung des Reiches, und ich halte aus diesem Grund die Erledigung zweier Gesetze vor dem Reichstag für notwendig
1) ein Gesetz, das für Wirtschaftssabotage die Todesstrafe vorsieht und
2) ein Gesetz, das das gesamte Judentum haftbar macht für alle Schäden, die durch einzelne Exemplare dieses Verbrechertums der deutschen Wirtschaft und damit dem deutschen Volke zugefügt werden.
Die Erfüllung dieser Aufgaben in der Form eines Mehr-Jahresplans der Unabhängigmachung unserer nationalen Wirtschaft vom Ausland wird es aber auch erst ermöglichen, vom deutschen Volk auf wirtschaftlichem Gebiet und dem Gebiete der Ernährung Opfer zu verlangen, denn das Volk hat dann ein Recht, von seiner Führung, der es die blinde Anerkennung gibt, zu verlangen, dass sie auch auf diesem Gebiete durch unerhörte und entschlossene Leistungen die Probleme anfasst und sie nicht bloß beredet, dass sie sie löst und nicht bloß registriert!
Es sind jetzt fast 4 kostbare Jahre vergangen. Es gibt keinen Zweifel, daß wir schon heute auf dem Gebiet der Brennstoff-, der Gummi- und zum Teil auch in der Eisenerzversorgung vom Ausland restlos unabhängig sein könnten. Genau so wie wir zur Zeit 7 oder 800.000 to Benzin produzieren, könnten wir 3 Millionen to produzieren. Genau so, wie wir heute einige tausend to Gummi fabrizieren, könnten wir schon jährlich 70 und 80 000 to erzeugen. Genau so, wie wir von 2 1/2Millionen to Eisenerz-Erzeugung auf 7 Mill. to stiegen, könnten wir 20 oder 25 Millionen to deutsches Eisenerz verarbeiten, und wenn notwendig auch 30. Man hat nun Zeit genug gehabt, in 4 Jahren festzustellen, was wir nicht können. Es ist jetzt notwendig, auszuführen, das, was wir können.
Ich stelle damit folgende Aufgabe:
I. Die deutsche Armee muss in 4 Jahren einsatzfähig sein.
II. Die deutsche Wirtschaft muss in 4 Jahren kriegsfähig sein.
Hier nach BArch R 3/1501, S. 1-31. Online.
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BArch R 3/1501, Online. Gemeinfrei (Schutzfrist abgelaufen).
BArch [Германский федеральный архив] R 3/1501, онлайн. Общественное достояние (срок охраны прав истек).
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