Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank
Bevollmächtigt durch das „Ermächtigungsgesetz“ vom 13. Oktober 1923 schuf die Reichsregierung unter Gustav Stresemann mit der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank die Grundlage dafür, die Hyperinflation, deren Erschütterungen auch nach fast einem Jahrhundert noch nicht vergessen sind, durch die Einführung der „Rentenmark“ am 15. November 1923 abrupt zu beenden.
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Auslöser für den Übergang von der bis dahin „galoppierenden Inflation“ zur Hyperinflation (mehr als 50 Prozent Preissteigerung pro Monat) im Juni 1922 war ein jähes Umschlagen der Erwartungen im Ausland unter denen, die bis dahin auf einen Wiederanstieg des Markwechselkurses spekuliert und damit durch Geldanlagen in Deutschland die inflationären Wirkungen der hohen Reichshaushaltsdefizite tendenziell gedämpft hatten. Ein außen- und ein innenpolitisches Ereignis bewirkten den Umschwung der Erwartungen:
1.) Der Bericht vom 10. Juni 1922 des von der Reparationskommission eingesetzten Bankiersausschusses unter dem Vorsitz von J. P. Morgan mit der Empfehlung, langfristige Anleihen an Deutschland bis nach einer Revision der Reparationsforderungen zurückzustellen.
2.) Die Ermordung von Außenminister Walther Rathenau am 24. Juni 1922. Die hohen Inflationsraten zuvor waren Folgen des Ersten Weltkrieges.
Die Kriegsverschuldung, die Kosten der Demobilisierung sowie die hohen Reparationszahlungen an die Alliierten finanzierte das Deutsche Reich über die Notenpresse. Auch die zugunsten des sozialen Friedens betriebene Subventionspolitik der Regierung und das Bestreben nach Vollbeschäftigung trieben die Währung. Vor allem während der Hyperinflation verlor die Papiermark in rasendem Tempo an Wert. Gerechnet wurde in Gold bzw. in US-Dollar mit seiner Goldbindung, auch während im Handelsverkehr noch größtenteils in Mark gezahlt wurde. Gegen Ende des Prozesses war in Deutschland der Wert der zirkulierenden ausländischen Banknoten plus der im Inland emittierten wertbeständigen Zahlungsmittel weit höher als der Gegenwert des Papiermarkumlaufs. Im Übrigen versuchte die Bevölkerung mit Naturaltausch über die Runden zu kommen.
Die Hyperinflation stellte das deutsche Wirtschaftssystem und die daran Beteiligten auf den Kopf. Während Unternehmen und Privatpersonen, die Gläubiger am Geld- und Kapitalmarkt waren, binnen kurzer Zeit alles verloren, profitierten diejenigen, die hohe Schulden hatten. Für die breite Bevölkerung war die Inflation ein Schock. Durch den raschen Wertverlust der Ersparnisse und besonders der Einkommen höherer Beamten und Angestellter sowie der Vermögen mussten Wertgegenstände zur Deckung des täglichen Bedarfs eingetauscht werden. Auch die Arbeiterschaft erlitt Reallohnsenkungen. Sie konnte sich jedoch durch das Stinnes-Legien-Abkommen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern besser vor den Inflationswirkungen auf ihr Einkommen schützen als die oben genannten Einkommensbezieher. Demgegenüber profitierten z.B. die einkommens- bzw. körperschaftssteuerpflichtigen Unternehmen, insofern die jeweils im Nachhinein veranschlagte Steuer zum Fälligkeitszeitpunkt den größten Teil ihres Realwerts verloren hatte. Der soziale Friede war nachhaltig bedroht.
Als sich die deutschen Landwirte im Sommer 1923 weigerten, der Ablieferungspflicht ihrer Ernte gegen wertloses Papiergeld nachzukommen, wurden weitreichende Überlegungen angestellt, wie die Inflationsspirale gestoppt werden könnte. Aus den verschiedenen Stabilisierungsplänen wählte die Reichsregierung im August 1923 den „Helfferich-Plan“ als Grundlage ihrer weiteren Beratungen aus. Karl Helfferich, der während des Ersten Weltkriegs als Staatssekretär im Reichsschatzamt der Architekt der deutschen Kriegsfinanzierung gewesen war, schlug vor, als neue Währung die sogenannte „Roggenmark“ einzuführen. Die Roggenmark sollte durch die Belastung sämtlicher Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft sowie der Industrie und des Handels gedeckt werden. In Regierungskreisen wurde jedoch die Idee favorisiert, eine „Goldmark“ einzuführen. Eine solche mit Gold gedeckte Währung hätte automatisch eine indirekte Bindung an den US-Dollar bedeutet.
Eine von breiten Kreisen akzeptierte Antwort auf die Frage, wie die Inflation zu stoppen sei, hatte sich zuvor auch deshalb als so komplex erwiesen, weil gerade seit Anfang 1923 das politische System stark ins Wanken geraten war. Der neue Reichskanzler Wilhelm Cuno – früher Direktor der HAPAG-Reederei – hatte versucht, die Alliierten für einen Aufschub der Reparationszahlungen zu gewinnen. Er hatte dieses Ersuchen mit dem Versprechen verbunden, die deutsche Währung zu stabilisieren. Die Situation war aber außenpolitisch immer mehr eskaliert, weil Frankreich einen Aufschub nicht akzeptierte. Als Deutschland mit seinen Reparationslieferungen in Rückstand geraten war, besetzten französische und belgische Truppen am 11. Januar 1923 das Ruhrrevier. Die Reichsregierung reagierte prompt mit der Aufforderung zum passiven Widerstand in der Region. Dieses außenpolitisch erfolgreiche Druckmittel kostete das Reich erneut hohe Summen und heizte die Inflation weiter an.
Die Reichsbank hatte im März/April 1923 fast ihre gesamten Gold- und Devisenreserven für die Stabilisierung des Markwechselkurses und so für die Abbremsung der Inflation eingesetzt. Am 18. April 1923 sah sich die Reichsbank mangels weiterer Rücklagen gezwungen, sämtliche Stützungsaktionen zu beenden. Im April 1923 betrug der Wert der Mark gegenüber dem Dollar dann von 1 : 350 000. Die Regierung hatte mittels verschiedener Notverordnungen noch versucht, die Steuerkassen zu füllen, aber erfolglos. Reichskanzler Cuno musste schließlich abdanken. Gustav Stresemann wurde mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Als Hauptaufgabe definierte die am 14. August 1923 die Geschäfte übernehmende Regierung Stresemann die wirtschaftliche Stabilisierung des Landes. Stresemanns erster, sehr unpopulärer Schritt war die Beendigung des Ruhrkampfes. Obwohl damit dies innenpolitisch hohe Wellen schlug, war diese Entscheidung staatspolitisch wohl eine der bedeutendsten der Weimarer Republik. Die Folge war jedoch der Sturz der Mark: Am 29. September 1923 betrug der Wechselkurs für einen Dollar 160 Millionen Mark. Im Oktober/November 1923 sank ihr Wert ins Bodenlose, mit Wechselkursen in Billionen-Mark-Höhe.
Der Alltag der deutschen Bevölkerung war nun geprägt von langen Schlangen, Hungerkrawallen und Plünderungen. In dieser allgemeinen Krise gelang es der Reichsregierung – allerdings nur mit Hilfe eines Ermächtigungsgesetzes – die Währungsproblematik zukunftsweisend zu lösen. Der spätere Reichskanzler Hans Luther wies den Weg: die „Rentenmark“. Übernommen wurde für die Rentenmark das Modell der Roggenmark von Karl Helfferich, den die Regierung als Experten konsultiert hatte.
Am 15. November 1923 nahm die Deutsche Rentenbank ihre Tätigkeit auf. Sie wurde mit einem Grundkapital von 3,2 Milliarden Rentenmark ausgestattet. Dieses wurde je zur Hälfte durch die Belastung aller land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sowie der Grundstücke der Industrie, des Handels und des Gewerbes aufgebracht.
Die Rentenbank wurde als zweite Währungsbank neben der Deutschen Reichsbank etabliert. Die Rentenmark selbst war eine real gedeckte Währung. Sie war allerdings kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern nur ein gesetzlich zugelassenes Geld, das allerdings im Alltag als Zahlungsmittel akzeptiert wurde. Mit dem „Wunder der Rentenmark“ wurde das Wechselverhältnis zum Dollar auf 1 Dollar : 4,20 Rentenmark : 4,2 Billionen Papiermark festgelegt. Der Erfolg war einmal ein psychologischer Effekt, nämlich die Notenpresse der Reichsbank zum Stillstand gebracht zu haben. Das Wirtschaftsleben normalisierte sich binnen kürzester Zeit.
Präsident der Deutschen Rentenbank wurde Staatsminister Dr. Wilhelm Lentze. Dem Vorstand gehörte Geheimrat Dr. Hermann Kißler an, der an der Einführung der Rentenmark beteiligt war. Der zweite Vorstand der Deutschen Rentenbank war Moritz Lipp, der unter anderem Stationen bei Hugo Stinnes und der Deutschen Bank vorweisen konnte. Die Rentenbank emittierte lediglich 2,4 Mrd. Rentenmark und stellte jeweils die Hälfte dieser Summe der Privatwirtschaft einerseits und der Reichsregierung andererseits zur Verfügung. Mit der Normalisierung der Wirtschaftsleistung traten auch bald die Alliierten in Sachen Reparationsleistungen wieder auf den Plan. In die Neuverhandlungen um den „Dawes-Plan“ wurde auch die Forderung nach Wiedereinrichtung der Notenbankfunktion der Deutschen Reichsbank einbezogen.
Daher wurde bereits mit dem Gesetz über die Liquidierung des Umlaufs von Rentenbankscheinen vom 30. August 1924[1] die Rückführung des Umlaufs der Rentenbankscheine beschlossen und die Rückzahlung der von der Rentenbank gegebenen Kredite bis zum 1. Dezember 1927 festgelegt. Die Deutsche Rentenbank sollte die Deutschen Reichsbank noch weitere zehn Jahre beim Einzug der Rentenbankscheine unterstützen und dann selbst liquidiert werden. Anfang der 1930er Jahre wurden die Fristen erneut verlängert und die Liquidation der Rentenbankscheine auf den 31. Dezember 1942 fixiert. Am 1. Januar 1943 sollte die Deutsche Rentenbank dann die noch im Umlauf befindlichen Rentenbankscheine zum Umtausch binnen sechs Monaten aufrufen und am 1. Juli 1943 selbst in Liquidation gehen.
Die Reichsbank erfuhr nach Etablierung der Rentenbank einige wesentliche Änderungen, die durch die Annahme des Dawes-Plans mit den Reparationsgläubigern vereinbart waren. Vor allem wurde die Reichsbank dem direkten politischen Zugriff entzogen, um zu verhindern, dass die Reichsregierung bei finanziellen Engpässen direkt die Notenpresse anwerfen konnte. Die deutsche Industrie wurde bald aus der Grundschuld der Deutschen Rentenbank entlassen und deren Kapital sofort auf 2 Mrd. Rentenmark herabgesetzt. Das Verhältnis der Rentenmark zur Reichsmark lautete 1:1, so dass die Unternehmen innerhalb der oben genannten Dreijahresfrist ihre Kredite tilgen konnten. Die Unternehmen finanzierten sich fortan aus Mitteln der zu diesem Zeitpunkt dritten existierenden Notenbank auf deutschem Boden: der Golddiskontbank. Diese auf Pfund Sterling gegründete Bank emittierte zwar keine Banknoten, die Coupons ihrer Goldanleihen wurden allerdings als Zahlungsmittel verwendet.
Schwieriger gestaltete sich die Entschuldung bzw. Umschuldung der Landwirtschaft, die im Gegensatz zur Industrie nicht in kurzer Zeit hohe Renditen erwirtschaften konnte, aber in den Krisenjahren einen hohen Investitionsbedarf mit Krediten gedeckt hatte. Bei der kurzfristigen Fälligstellung der Rentenbankkredite drohte eine massenhafte Zahlungsunfähigkeit der Landwirte. Dies war der Grund für die Abtrennung der Industrie aus der Rentenbank. Doch dies war den Alliierten nicht genug und so forderten sie – durchaus unterstützt von verschiedenen deutschen Kreditexperten – die Etablierung eines eigenen Kreditinstituts für die Landwirtschaft. Die ebenfalls komplexen Verhandlungen mündeten schließlich am 18. Juli 1925 in die Errichtung der Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt, welche die kurzfristigen Kredite der Rentenbank in mittel- und langfristige Kredite für die Landwirtschaft umwandelte. Sie wurde an vielen Stellen in Personalunion mit der Deutschen Rentenbank betrieben und bereits Anfang der 1930er Jahre per Gesetz als Empfänger des Vermögens der in Liquidation befindlichen Deutschen Rentenbank bestimmt.
Erst mit dem Währungsgesetz vom 20. Juni 1948 wurden diese drei Währungseinheiten – die Papiermark der Reichbank, die wertbeständige Rentenmark sowie die Goldanleihen der Golddiskontbank – zugunsten der Deutschen Mark abgelöst.
- ↑ RGBl. II. S. 252.
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Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank. Vom 15. Oktober 1923.[ ]
Auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom 13. Oktober 1923 (Reichsgesetzbl. S. 943) verordnet die Reichsregierung:
Von Vertretern der Landwirtschaft, der Industrie, des Gewerbes und des Handels einschließlich der Banken wird die Deutsche Rentenbank errichtet. Die Deutsche Rentenbank hat ihren Sitz in Berlin. Sie hat die Eigenschaft einer juristischen Person des Privatrechts.
Das Kapital und die Grundrücklage der Deutschen Rentenbank betragen 3.200 Millionen Rentenmark; der Betrag wird zu gleichen Teilen von der Landwirtschaft (§ 6) einerseits und von Industrie, Gewerbe und Handel einschließlich der Banken (§ 9) anderseits aufgebracht. Soweit Grundbesitz weder nach § 6 noch nach § 9 herangezogen wird, ist er nach Maßgabe der Aufhebung der Zwangswirtschaft zum Zwecke der Verstärkung der Mittel der Deutschen Rentenbank heranzuziehen.
(1) Die Satzung der Deutschen Rentenbank wird von den Gründern festgestellt. Sie bedarf der Genehmigung der Reichsregierung.
(2) Ist bis zum 1. November 1923 die Satzung nach Maßgabe des Abs. 1 nicht zustande gekommen, so wird sie von der Reichsregierung erlassen.
Die Deutsche Rentenbank ist, soweit nicht in dieser Verordnung oder in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, in der Verwaltung und Geschäftsführung selbständig, desgleichen in der Anstellung des Personals. Die Wahl des Präsidenten der Bankverwaltung bedarf der Genehmigung der Reichsregierung. Die Gründer haben der Reichsregierung drei Personen für das Amt des Präsidenten vorzuschlagen. Werden sämtliche Vorschläge abgelehnt, so ernennt die Reichsregierung den Präsidenten mit Zustimmung des Reichsrats.
Die Deutsche Rentenbank ist von allen Steuern des Reichs, der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) vom Vermögen und Einkommen sowie vom Grundvermögen und vom Gewerbebetriebe befreit. Aus Anlaß ihrer Gründung, einer Kapitalerhöhung, der Ausgabe ihrer Rentenbriefe und des Umtausches der Rentenbankscheine gegen solche Rentenbriefe dürfen von Reiche, den Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbände) Abgaben und Kosten irgendwelcher Art nicht erhoben werden. Das gleiche gilt für die Eintragung und Löschung der Grundschulden, die Ausstellung und die Übereignung der Schuldverschreibungen sowie die Übereignung von Gold und ausländischen Zahlungsmitteln an sie.
(1) Die Deutsche Rentenbank erwirbt an den Grundstücken, die dauernd land-, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken dienen und der Besteuerung nach dem Gesetz über die Besteuerung der Betriebe vom 11. August 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 769) und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen unterliegen, in Höhe von 4 vom Hundert des Wehrbeitragswerts eine auf Goldmark lautende Grundschuld. Die Grundschuld geht, soweit nicht mit anderen Staaten getroffene Vereinbarungen entgegenstehen, allen anderen Lasten im Range vor.
(2) Goldmark im Sinne des Abs. 1 ist der Wert von 1/2790 Kilogramm Feingold.
(3) Wehrbeitragswert ist der Wert, der auf Grund des Wehrbeitragsgesetzes oder des Gesetzes über Steuernachsicht für das Grundstück ohne Abzug von Schulden und Lasten endgültig zugrunde gelegt worden ist, oder, wenn eine Veranlagung zum Wehrbeitrage nicht stattgefunden hat, zugrunde zu legen gewesen wäre.
(4) Das Kapital der Grundschuld ist mit 6 vom Hundert jährlich zu verzinsen. Die Zinsen sind vom Tage des Inkrafttretens dieser Verordnung ab am 1. April und 1. Oktober jedes Jahres, zum ersten Male am 1. April 1924, innerhalb einer Woche nach Fälligkeit zu entrichten. Die Deutsche Rentenbank bestimmt die Zahlungsstelle.
(5) Das Kapital der Grundschuld ist für die Deutsche Rentenbank unkündbar. Dem Eigentümer steht die Kündigung nicht vor Ablauf von fünf Jahren frei.
(6) Die Zinsen (Abs. 4) und das Kapital (Abs. 5) sind nach dem Goldwert zur Zeit der Zahlung nach näherer Bestimmung der Durchführungsbestimmungen in Rentenmark zu zahlen. Die Deutsche Rentenbank ist nicht verpflichtet, Zahlungen vor Fälligkeit entgegenzunehmen.
(7) Wegen der Ansprüche aus der Grundschuld findet auf Antrag der Deutschen Rentenbank die sofortige Zwangsvollstreckung statt. Der Antrag ersetzt den vollstreckbaren Titel. Auf Ersuchen der Deutschen Rentenbank hat die örtlich zuständige landschaftliche oder ritterschaftliche Kreditanstalt, oder falls eine solche nicht vorhanden ist, eine andere von der Reichsregierung im Benehmen mit der Landesregierung zu bezeichnende Stelle die Zwangsverwaltung zu übernehmen.
(1) Steht für mehrere Grundstücke eines Eigentümers lediglich ein Gesamtwehrbeitragswert fest, so sind die Grundstücke mit einer Gesamtgrundschuld belastet.
(2) Auf Antrag des Grundstückseigentümers ist die Gesamtgrundschuld auf die einzelnen Grundstücke nach Maßgabe ihres Wehrbeitragsteilwerts in der Weise zu verteilen, daß jedes Grundstück nur mit dem zugeteilten Betrage haftet.
(3) Gehen Teile eines Grundstücks auf einen anderen Eigentümer über, so ist auf Antrag eines der beteiligten Grundstückseigentümer eine gleiche Verteilung vorzunehmen.
(4) Im Falle der Abtrennung eines unbedeutenden Teiles eines Grundstücks kann mit Zustimmung der Deutschen Rentenbank dieser Teil von der Belastung der Grundschuld befreit werden.
(1) Soweit das mit der Grundschuld belastete Grundstück verpachtet ist, haften für die an die Deutsche Rentenbank zu leistenden Zinsen, der Eigentümer und der Pächter wie Gesamtschuldner.
(2) Im Verhältnis zueinander ist der Eigentümer zur Zahlung von einem Viertel, der Pächter zur Zahlung von drei Vierteln der Zinsen verpflichtet.
(3) Soweit die Verteilung der Zinslast nach Abs. 2 einen Teil gegenüber dem anderen übermäßig belastet, hat das Pachteinigungsamt auf Antrag eine anderweite Festsetzung des Pachtpreises vorzunehmen.
(1) Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehenden industriellen, gewerblichen und Handelsbetriebe einschließlich der Banken werden, soweit sie der Besteuerung nach dem Gesetz über die Besteuerung der Betriebe vom 11. August 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 769) und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen unterliegen, in ihrer Gesamtheit zugunsten der Deutschen Rentenbank mit demselben Betrag in Goldmark belastet wie die Gesamtheit der dauernd landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken dienenden Grundstücke. Diese Last ist auf die einzelnen Unternehmer der bestehenden Betriebe nach näherer Bestimmung der Reichsregierung umzulegen und zu verzinsen. Der § 6 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
(2) Wenn zu einem Betriebsvermögen Grundstücke gehören, erwirbt die Deutschen Rentenbank an diesen Grundstücken in Höhe von 4 vom Hundert des Wehrbeitragswerts, aber nicht über den Umlagebetrag hinaus eine auf Goldmark lautende Grundschuld. Die Grundschuld geht, soweit nicht mit anderen Staaten getroffene Vereinbarungen entgegenstehen, allen anderen Lasten im Range vor. Die Vorschriften des § 6 Abs. 2 bis 6 und Abs. 7 Satz 1 und 2 sowie der § 7 finden Anwendung.
(3) Soweit die auf den einzelnen Unternehmer entfallende Last durch eine Grundschuld nicht gedeckt ist, ist der Deutschen Rentenbank eine auf Goldmark lautende Schuldverschreibung des Unternehmers auszuhändigen. Der Anspruch aus der Schuldverschreibung geht in Ansehung der Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners allen anderen Verpflichtungen im Range vor, soweit nicht mit anderen Staaten getroffene Vereinbarungen bestehen. Kommt der Unternehmer der Verpflichtung zur Ausstellung der Schuldverschreibung innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit Aufforderung nicht nach, so hat auf Antrag der Deutschen Rentenbank die Reichsregierung oder die von ihr zu bezeichnende Stelle einen Vertreter zu bestimmen mit der Ermächtigung, die Schuldverschreibung mit Wirkung für den Unternehmer auszustellen und der Deutschen Rentenbank auszuhändigen.
(4) Wird das Unternehmen ganz oder zum Teil veräußert, so haftet aus der Schuldverschreibung neben dem Veräußerer der Erwerber. Die Deutsche Rentenbank kann den Erwerber oder den Veräußerer aus der Verpflichtung entlassen.
(5) Unternehmer neuentstehender Betriebe sind in entsprechender Weise zum Zwecke der Verstärkung der Mittel der Bank heranzuziehen.
(1) Die Grundschuld bedarf zu ihrer Entstehung sowie zur Wirksamkeit gegenüber Dritten nicht der Eintragung.
(2) Die Grundschuld ist auf Ersuchen der Deutschen Rentenbank oder auf Antrag des Grundstückseigentümers in das Grundbuch einzutragen. § 5 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ist oder wird ein Grundstück von der Belastung mit der Grundschuld befreit, so ist dies auf Antrag des Grundstückseigentümers im Grundbuch zu vermerken.
(1) An dem Kapital der Deutschen Rentenbank sind die Eigentümer der belasteten Grundstücke und die Unternehmer der belasteten Betriebe in dem Verhältnis der von ihnen eingebrachten Grundschulden, Schuldverschreibungen, Goldbeträge und Zahlungsmittel in ausländischer Währung beteiligt.
(2) Anteilscheine werden nicht ausgefertigt. Die Anteile sind nur mit Genehmigung der Deutschen Rentenbank übertragbar. Die Vertretung der Anteilsrechte wird in der Satzung der Deutschen Rentenbank geregelt.
(1) Die Deutsche Rentenbank stellt auf Grund der für sie begründeten Grundschulden und der ihr zu übergebenden Schuldverschreibungen Rentenbriefe aus. Die Rentenbriefe lauten auf 500 Goldmark oder ein Vielfaches davon.
(2) Die Rentenbriefe sind mit 5 vom Hundert jährlich verzinslich und können nach Ablauf von fünf Jahren von der Deutschen Rentenbank zur Rückzahlung zu ihrem Nennwert im ganzen oder in Serien aufgekündigt werden. Eine frühere Aufkündigung ist nur im Falle der Liquidation zulässig.
(3) In Ansehung der Befriedigung aus den für die Deutsche Rentenbank begründeten Grundschulden und den der Deutschen Rentenbank ausgehändigten Schuldverschreibungen gehen die Forderungen der Rentenbriefgläubiger den Forderungen aller anderen Gläubiger der Deutschen Rentenbank vor.
(4) Verringert sich die Deckung, so ist der entsprechende Betrag von Rentenbriefen zu vernichten.
(1) Die Rentenbriefe dienen als Deckung für die von der Deutschen Rentenbank auszugebenden Rentenbankscheine.
(2) Die Werteinheit dieser Rentenbankscheine ist die Rentenmark, die in 100 Rentenpfennig eingeteilt ist.
(1) Auf Grund je eines über 500 Goldmark lautenden Rentenbriefs dürfen unter der Bezeichnung Rentenbankscheine besondere Wertzeichen im Betrage von 500 Rentenmark, insgesamt nicht mehr als der Betrag des Kapitals und der Grundrücklage, ausgegeben werden.
(2) Soweit die im Abs. 1 vorgesehene Deckung nicht vorhanden ist, ist die Ausgabe von Rentenbankscheinen nicht gestattet.
(3) Die Rentenbankscheine sind an den öffentlichen Kassen als Zahlungsmittel anzunehmen; die näheren Bestimmungen erläßt der Reichsminister der Finanzen.
(4) Auf die Rentenbankscheine finden die Vorschriften über Geldzeichen sowie die Vorschriften der § 4 Abs. 2, 3, § 5 und § 59 Abs. 1 Ziffer 3 des Bankgesetzes entsprechende Anwendung.
Die Deutsche Rentenbank ist verpflichtet, die von ihr ausgegebenen Rentenbankscheine jederzeit auf Verlangen derart gegen ihre Rentenbriefe einzulösen, daß auf 500 Rentenmark ein Rentenbrief über 500 Goldmark mit Zinsenlauf vom nächsten Fälligkeitstermin ab gewährt wird.
(1) Die Deutschen Rentenbank darf bankmäßige Geschäfte nur mit dem Reiche, der Reichsbank und den Privatnotenbanken machen.
(2) Sie wird während der nächsten 2 Jahre dem Reiche auf Rentenmark lautende und, vorbehaltlich der Bestimmung im § 17, verzinsliche Kredite bis zum Betrage von insgesamt 1.200 Millionen Rentenmark zum festen Zinssatz von 6 vom Hundert gewähren. Die Zinsen sind am 1. April und 1. Oktober jedes Jahres zahlbar. Bürgschaften darf die Deutsche Rentenbank für das Reich nicht übernehmen.
(3) Die Deutsche Rentenbank ist ferner nach Maßgabe der Satzung berechtigt, der Reichsbank und den Privatnotenbanken zum Zwecke der Kreditversorgung der Privatwirtschaft bis zum Betrage von 1.200 Millionen Rentenmark Kredite zu gewähren. Die Beteiligung der Reichsbank und der einzelnen Privatnotenbanken an diesen Krediten richtet sich nach dem Verhältnis ihrer Notenausgabe am 31. Juli 1914. Der Betrag, über den hinaus die Privatnotenbanken ohne reichsgesetzliche Ermächtigung Noten nicht ausgeben dürfen, vermindert sich um den jeweiligen Markwert der von ihnen in Anspruch genommenen Kreditbeträge.
(1) In Anrechnung auf den im § 16 Abs. 2 bestimmten Höchstbetrag stellt die Deutsche Rentenbank dem Reiche sofort ein zinsloses Darlehen von 300 Millionen Rentenmark zur Verfügung. Das Reich verwendet diese Summe zur Einlösung oder Teileinlösung seiner bei der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen.
(2) Reicht die Summe von 300 Millionen Rentenmark nicht aus, um sämtliche bei der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen einzulösen, so ist auf Verlangen des Reichs gemäß § 16 Abs. 2 ein verzinsliches Zusatzdarlehn nachzusuchen und zu gewähren. Die Höhe des Zusatzdarlehns bleibt der Vereinbarung zwischen dem reiche und der Deutschen Rentenbank vorbehalten.
Der bilanzmäßige Reingewinn der Deutschen Rentenbank wird wie folgt verwandt:
1. Vorweg wird ein Betrag von 40 vom Hundert des Reingewinns einem Tilgungskonto zugeführt; nach Tilgung des dem Reiche gemäß § 17 Abs. 1 zugeführten Darlehns von 300 Millionen Rentenmark ermäßigt sich der dem Tilgungskonto zuzuführende Betrag auf 30 vom Hundert des Reingewinns;
2. alsdann wird ein Betrag bis zur Höhe von 6 vom Hundert des Wertes der eingebrachten Grundschulden, Schuldverschreibungen, Goldbeträge und Zahlungsmittel in ausländischer Währung den Anteilseignern zugeführt; soweit die Einlagen in Grundschulden und Schuldverschreibungen bestehen, wird der verfügbare Betrag aus dem Reingewinn eines Jahres auf die erste Halbjahrszinsleistung des folgenden Jahres verrechnet;
3. der Restbetrag wird zur Verstärkung des Tilgungskontos verwendet.
Sobald die Deutsche Rentenbank mit der Ausgabe von Rentenbankscheinen begonnen hat, dürfen bei der Reichsbank Schatzanweisungen nicht mehr diskontiert werden. Bis zum Ablauf der Einlösung der bis dahin von seiten des Reichs bei der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen sind Prolongationen in solchen Schatzanweisungen zulässig.
(1) Das Recht der Deutschen Rentenbank zur Ausgabe von Rentenbankscheinen kann ohne Entschädigung durch Reichsgesetz aufgehoben werden. In diesem Falle hat das Reich die ihm von der Deutschen Rentenbank gewährten Darlehn zurückzuzahlen und die Deutsche Rentenbank ihre umlaufenden Rentenbankscheine einzuziehen.
(2) Erlischt das Recht zur Ausgabe von Rentenbankscheinen, so wird die Auseinandersetzung zwischen dem Reiche, der Deutschen Rentenbank und den sonstigen Beteiligten durch Reichsgesetz geregelt.
(3) Im Falle der Auflösung der Deutschen Rentenbank sind vorweg die auf das Kapital und die Grundrücklagen gemachten Einlagen zurückzuzahlen.
Der Reichsregierung bleibt vorbehalten, die zur Durchführung dieser Verordnung und für den Übergang, insbesondere für das Verfahren mit Einschluß des Rechtsmittelverfahrens, erforderlichen Verwaltungs- und Rechtsvorschriften zu erlassen. Sie kann Kleinbetriebe von der Belastung ausnehmen und mit Zustimmung der Deutschen Rentenbank bestimmen, ob und inwieweit die Grundstückseigentümer und die Unternehmer berechtigt sind, sich von der Belastung mit Grundschuld, der Verpflichtung zur Aushändigung der Schuldverschreibungen sowie der Verpflichtung aus der ausgehändigten Schuldverschreibung durch Leistung von Gold oder Zahlungsmitteln in ausländischer Währung zu befreien. Die Reichsregierung kann ferner bestimmen, daß Zuwiderhandlungen gegen die Durchführungs- oder Übergangsvorschriften mit Geldstrafe und Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft werden.
Diese Verordnung tritt mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft.
Berlin, 15. Oktober 1923
Der Reichskanzler
Dr. Stresemann
Der Reichsminister der Finanzen
Dr. Luther
Hier nach: Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank, 15. Oktober 1923, in: Reichsgesetzblatt I 1923, S. 963-966.
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Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank, 15. Oktober 1923, Reichsgesetzblatt I 1923, S. 963-966, WikiCommons. Gemeinfrei (amtliches Werk).
Постановление об учреждении Немецкого рентного банка, 15 октября 1923 г., Рейхсгезетцблатт I 1923, стр. 963-966, WikiCommons. Общественное достояние (официальный документ).
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