Beschluß des Politbüros des CK der VKP(b) "Über die parteifeindlichen Handlungen des Mitglieds des CK der VKP(b) Kuznecov, A.A, und der Kandidaten für die Mitglieder des CK der VKP(b) Rodionov, M.I. und Popkov, P.S.", 15. Februar 1949.

Über die parteifeindlichen Handlungen des Gen. A.A. Kuznecov, Mitglied des CK der VKP(b), und der Gen. M.I. Rodionov und P.S. Popkov, Kandidaten für die Mitglieder des CK der VKP(b)

15. Februar 1949

Aufgrund einer Überprüfung wurde festgestellt, daß der Vorsitzende des Ministerrats der RSFSR gemeinsam mit den führenden Leningrader Genossen unter Mitwirkung des Mitglieds des CK der VKP(b), Gen. A.A. Kuznecov, eigenmächtig und ungesetzlich die Allunions-Großhandelsmesse organisiert hat, zu der er die Handelsorganisationen der Regionen und Gebiete der RSFSR – inbegriffen die entferntesten bis hin zum Gebiet Sachalin –, aber auch die Vertreter der Handelsorganisationen sämtlicher Unionsrepubliken zur Teilnahme einlud. Auf der Messe wurden Waren im Wert von etwa neun Milliarden Rubel zum Verkauf angeboten, darunter Waren, die von der Unionsregierung entsprechend dem Staatsplan verteilt werden, was zu einer Vergeudung der staatlichen Handelsfonds und zu einer Verletzung der Interessen einer Reihe von Regionen, Gebieten und Republiken führte. Zudem fügte die Durchführung der Messe dem Staat Schaden zu, weil für deren Organisation sowie die Hin- und Rückreise von Teilnehmern aus den entlegensten Orten in großem, unberechtigten Umfang Staatsmittel eingesetzt wurden.

Das Politbüro des CK der VKP(b) betrachtet die Kandidaten des CK der VKP(b), die Gen. Rodionov und Popkov, und das Mitglied des CK der VKP(b), den Gen. A.A. Kuznecov, als die Hauptschuldigen an der erwähnten staatsfeindlichen Handlung. Sie haben die elementaren Grundlagen von Staats- und Parteidisziplin verletzt, denn weder der Ministerrat der RSFSR noch das Leningrader Gebietskomitee der VKP(b) haben beim CK der VKP(b) und beim Ministerrat der UdSSR die Erlaubnis zur Durchführung einer Allunions-Großhandelsmesse eingeholt, sie haben diese vielmehr unter Umgehung des CK der VKP(b) und des Ministerrats der UdSSR eigenmächtig in Leningrad organisiert.

Das Politbüro des CK der VKP(b) betrachtet die oben erwähnten staatsfeindlichen Handlungen als Folge einer ungesunden, unbolschewistischen Abweichung bei den Genossen A.A. Kuznecov, Rodionov und Popkov. Diese Abweichung äußert sich in demagogischen Anbiederungsversuchen gegenüber der Leningrader Organisation; in einer Verunglimpfung des CK der VKP(b), das der Leningrader Organisation angeblich nicht hilft; in dem Versuch, sich als besondere Verfechter Leningrader Interessen darzustellen; in dem Bestreben, eine Trennwand zwischen dem CK der VKP(b) und der Leningrader Organisation zu errichten und die Leningrader Organisation auf diese Weise vom CK der VKP(b) zu entfernen.

Im Zusammenhang damit muß angemerkt werden, daß sich der Gen. Popkov in seiner Eigenschaft als Erster Sekretär des Leningrader Gebiets- und Stadtkomitees der VKP(b) nicht darum bemüht, die Verbindung der Leningrader Parteiorganisation zum VKP(b) zu gewährleisten. Er informiert das CK der Partei nicht über die Sachlage in Leningrad, und anstatt Fragen und Vorschläge unmittelbar an das CK der VKP(b) heranzutragen, beschreitet er einen Weg, der das CK der Partei umgeht. Dies ist ein Weg zweifelhafter, heimlicher und zuweilen auch raffgieriger Manöver, die von den verschiedenen selbsternannten Leningrader "Paten" in der Art der Gen. Kuznecov, Rodionov und anderer vorgenommen werden.

In diesem Licht ist auch der Vorschlag einer "Patenschaft" über Leningrad zu werten, den der Gen. Popkov 1948 an den Gen. N.A. Vosnesenskij herantrug und der dem CK der VKP(b) erst jetzt durch den Gen. Vosnesenskij zur Kenntnis gebracht wurde, sowie das Fehlverhalten des Gen. Popkov, der versucht hat, die Verbindungen der Leningrader Parteiorganisation zum CK der VKP(b) durch die persönlichen Verbindungen zum sogenannten "Paten" A.A. Kuznecov zu ersetzen.

Das Politbüro des CK der VKP(b) ist der Ansicht, daß solche parteifeindlichen Methoden im Keim erstickt werden müssen, denn sie sind Ausdruck einer parteifeindlichen Cliquenwirtschaft, säen Mißtrauen in den Beziehungen zwischen dem Leningrader Gebietskomitee und dem CK der VKP(b) und können zu einer Loslösung der Leningrader Organisation von der Partei, vom CK der VKP(b), führen.

Das CK der VKP(b) erinnert daran, daß Zinov'ev bei seinem Versuch, die Leningrader Organisation in eine Stütze seiner leninfeindlichen Fraktion umzubilden, zu den gleichen parteifeindlichen Methoden Zuflucht nahm – dem Kokettieren mit der Leningrader Organisation, der Verunglimpfung des Zentralkomitees der VKP(b), das sich angeblich nicht um die Leningrader Nöte sorgte, der Loslösung der Leningrader Parteiorganisation vom ZK CK der VKP(b) sowie Widerstand der Leningrader Parteiorganisation gegen ihr Zentralkomitee.

Das Politbüro des CK der VKP(b) faßt folgenden Beschluß:

1. Der Gen. Rodionov ist von seinem Posten als Vorsitzender des Ministerrates der RSFSR zu entbinden, er erhält eine Rüge und wird zu den Parteikursen beim CK der VKP(b) geschickt.

2. Der Gen. Popkov ist von seinem Posten als Erster Sekretär des Leningrader Gebiets- und Parteikomitees der VKP(b) zu entbinden, er erhält eine Rüge und wird zu den Parteikursen beim CK der VKP(b) geschickt.

3. Der Gen. A.A. Kuznecov ist von seinem Posten als Sekretär des CK der VKP(b) zu entbinden, er erhält eine Rüge.

4. Es wird festgestellt, daß sich der Gen. Voznesenskij, Mitglied des Politbüros des CK der VKP(b), auch wenn er den Vorschlag des Gen. Popkov bezüglich einer "Patenschaft" über Leningrad ablehnte und ihm das Fehlerhafte seines Ansinnens aufzeigte, nichtsdestoweniger gleichfalls falsch verhalten hat, indem er das CK der VKP(b) nicht rechtzeitig von diesem parteifeindlichen Vorschlag des Gen. Popkov bezüglich einer "Patenschaft" über Leningrad in Kenntnis setzte.

Rev. Übersetzung hier nach: Weber, H., Mählert, U. (Hg.), Terror. Stalinistische Parteisäuberungen. 1936-1953, Paderborn u.a. 1998, S. 249ff.

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