Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Kontaktsperregesetz)

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Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Kontaktsperregesetz)Закон о внесении изменений во Вводный закон к Конституционному закону о судах (Закон о блокировке контактов)
30. September 1977
сентябрь 30, 1977
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Das „Kontaktsperregesetz“ ist eines der umstrittensten Gesetze in der Geschichte der Bundesrepublik. Es entstand aus dem situativen Handeln der Exekutive, inhaftierten Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF) während der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im September/Oktober 1977 die Kommunikation untereinander und zur Außenwelt zu verwehren. Dadurch sollten Absprachen unter den Terroristen erschwert und die Erfolgsaussichten der Fahndung erhöht werden. Als die rechtlich problematische Zwangsmaßnahme auf starke Kritik stieß, entschied sich die Bundesregierung, die Kontaktsperre auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, die dann in der Rekordzeit von drei Tagen durch Bundestag und Bundesrat gebracht wurde. Diese notstandsähnliche Eilgesetzgebung wurde unter dem Konsensdruck der Krise von allen vier Parteien unterstützt. Das Gesetz wurde später nicht aufgehoben, aber bisher auch kein zweites Mal angewendet. Es bleibt daher vor allem ein zeitgebundenes Beispiel für die entschlossene, doch manchmal die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit berührende Reaktion des bundesdeutschen Staates auf den Linksterrorismus der 1970er Jahre.


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von: Johannes Hürter, 2011


Im Herbst 1977 befand sich die Bundesrepublik Deutschland in einer Krise, die von vielen politischen Akteuren als Ausnahmezustand empfunden wurde. Am späten Nachmittag des 5. September 1977 entführten Mitglieder der terroristischen Gruppierung Rote Armee Fraktion (RAF) in Köln den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Hanns Martin Schleyer, nachdem sie seinen Fahrer und drei Polizisten erschossen hatten. Diese Aktion war nach den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback (7. April) und Glossar:Dresdner Bank-Chef Jürgen Ponto (30. Juli) sowie dem gescheiterten Anschlag auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe (25. August) der Höhepunkt der „RAF-Offensive“ von 1977, die nicht der politisch-ideologischen Propaganda dienen sollte, sondern von den Motiven „Rache“ (an den Strafverfolgungsbehörden) und „Big Raushole“, d.h. der Befreiung der in Stuttgart-Stammheim inhaftierten Führungsriege um Andreas Baader und Gudrun Ensslin, geleitet war. In der Fehleinschätzung, dass die Bundesregierung eine Marionette des „Kapitals“ sei, glaubten die Terroristen, mit dem „Boss der Bosse“ Schleyer ein geeignetes Druckmittel für die schnelle Freipressung von elf führenden Gruppenmitgliedern in den Händen zu haben.

Doch Bundeskanzler Helmut Schmidt legte sich mit seinen Ministern, Beratern sowie den Spitzen der SPD/FDP-Koalition und der CDU/CSU-Opposition frühzeitig darauf fest, den Forderungen der Terroristen anders als bei der Entführung des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Peter Lorenz im Frühjahr 1975 nicht nachzugeben, „um die Handlungsfähigkeit des Staates und das Vertrauen in ihn im In- und Ausland nicht zu gefährden“. An diesem schwerwiegenden Beschluss wurde trotz aller dramatischen Entwicklungen – vor allem der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu – während der 44-tägigen Krise festgehalten. Am Ende stand daher weder eine Gefangenen- noch eine Geiselbefreiung, sondern die Selbstmorde in Stammheim und die Ermordung Schleyers (19. Oktober 1977).

Die Strategie staatlicher „Härte“ war mit der Hoffnung auf einen schnellen Fahndungserfolg verbunden. Die Chance darauf schien nicht gering zu sein, denn die bundesdeutsche Polizei und Justiz waren inzwischen gut auf die terroristische Gewalt eingestellt. Die Attentate der RAF und anderer linksterroristischer Gruppierungen seit 1970 hatten einen erheblichen Ausbau des Sicherheitsapparats, besonders des Bundeskriminalamts, und eine Verschärfung des Strafrechts, etwa durch das „Anti-Terror-Gesetz“ vom 18. August 1976, nach sich gezogen. Damit die neu geschaffenen Instrumente im Entführungsfall Schleyer greifen konnten, benötigte man zunächst vor allem eines: Zeit. Je länger die Geisel am Leben war, desto größer war die Aussicht auf ihre Befreiung oder Freilassung.

Eine operative Maßnahme im Bemühen um Zeitgewinn war es auch, dass Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD) und Generalbundesanwalt Kurt Rebmann kurz nach der Entführung die zuständigen Länderminister veranlassten, jegliche Kontakte der inhaftierten Terroristen untereinander und zur Außenwelt, also auch zu ihren Verteidigern, zu unterbinden. Diese „Eilmaßnahme“ war ohne gesetzliche Grundlage und verstieß gegen die Strafprozessordnung, doch Vogel berief sich auf einen „rechtfertigenden Notstand“ (§ 34 Strafgesetzbuch): Der Schutz von Menschenleben bilde ein höheres Rechtsgut als die Rechte von Häftlingen. Dabei verwies er vor allem auf die Gefahr, dass die RAF-Führung mit Hilfe ihrer Anwälte aus dem Gefängnis heraus die Aktionen steuere – nach dem wiederholten Missbrauch der Verteidigerrechte in den Jahren zuvor keine unberechtigte Sorge. Vogel und Rebmann gaben allerdings später zu, dass für eine solche Steuerung aus den Zellen heraus keine belastbaren Beweise vorlagen und dieses Argument auch nicht der eigentliche Grund der Maßnahme gewesen war. Im Vordergrund stand vielmehr das taktische Kalkül, der RAF schnelle Einigungen zu erschweren, etwa auf ein Ausreiseziel für die Gefangenen, die freigepresst werden sollten. Dadurch sollte Zeit gewonnen werden.

Die notwendige politische Rückendeckung für die Kontaktsperre erhielt der Bundesjustizminister im „Großen Krisenstab“, in dem während des Entführungsfalls die maßgeblichen Akteure aus Regierung und Opposition gemeinsam berieten. Doch in einigen Ländern und ihren obersten Gerichten regte sich Widerspruch, und als die betroffenen Häftlinge das Bundesverfassungsgericht anriefen, entschied sich die Regierung, noch vor dem für den 4. Oktober 1977 erwarteten Urteil eine formale gesetzliche Grundlage für die Maßnahme zu erwirken. Nach Vorabsprachen mit den Parteien und den Ländern wurde das von allen drei Bundestagsfraktionen eingebrachte „Kontaktsperregesetz“ in einer nahezu beispiellosen legislativen Blitzaktion – die durchschnittliche Dauer des Gesetzgebungsverfahrens betrug in der 8. Wahlperiode (1976-1980) 234 Tage! – in nur drei Tagen, vom 28. bis 30. September, in Bundestag und Bundesrat beraten, gelesen und verabschiedet. Der Inhalt des Gesetzentwurfs und überhaupt das ganze Verfahren stießen auf die Kritik, zumindest auf das Unbehagen vieler SPD- und FDP-Abgeordneter. Doch die meisten von ihnen beugten sich dem enormen Konsensdruck dieser Wochen, in denen die notwendige „Gemeinsamkeit der Demokraten“ keine abweichende Meinung zu dulden schien. 21 Abgeordnete der sozialliberalen Koalition ließen sich aber auch durch massive Gegenvorstellungen nicht davon abbringen, entweder gegen das Gesetz zu stimmen (4 SPD) oder sich zu enthalten (12 SPD, 5 FDP), so dass die Anti-Terrorismus-Politik der Regierung erstmals auf die in diesem Fall geschlossene parlamentarische Unterstützung der Union angewiesen war.

Nach dem Gesetz kann der Kontakt von rechtskräftig verurteilten Strafgefangenen und von Untersuchungshäftlingen untereinander und mit der Außenwelt einschließlich des Verkehrs mit ihren Verteidigern völlig unterbunden werden, wenn gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht und der begründete Verdacht vorliegt, dass eine solche Gefahr von einer terroristischen Vereinigung ausgeht. Eine entsprechende Feststellung, deren Wirkung zeitlich begrenzt ist, wird von den jeweiligen Landesregierungen getroffen. Sie kann vom Bundesjustizminister ausgehen, sofern eine Kontaktsperre in mehreren Bundesländern geboten ist. Vogel machte von diesem Recht sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes am 2. Oktober 1977 Gebrauch und nannte die Namen von 72 Inhaftierten, gegen die die Landesjustizbehörden ein Kontaktverbot verhängen sollten. Zwei Tage nach dem Auffinden der Leiche Schleyers wurde die Kontaktsperre wieder aufgehoben (21. Oktober 1977).

Das „Kontaktsperregesetz“ war schon zu seiner Entstehungszeit und ist bis heute höchst umstritten. Die Kritik richtet sich zum einen sachlich gegen einzelne Punkte, etwa gegen die Gleichstellung von Strafgefangenen und Untersuchungshäftlingen, den Eingriff in die Grundrechte der Gefangenen und die Verletzung der Menschenwürde durch die vollständige Abschottung in staatlicher Obhut, zum anderen grundsätzlich gegen das Gesetzgebungsverfahren und seine Veranlassung. Schon die seit der Nacht der Entführung geltende Maßnahme der Kontaktsperre war mit dem Notstandsparagraphen des Strafgesetzbuches und einer für Schleyer lebensbedrohlichen Konspiration in den Gefängnissen nicht hinreichend begründet. Als nicht weniger problematisch gilt, dass dem notstandsähnlichen Handeln der Exekutive drei Wochen später im Eilverfahren ein gesetzlicher Rahmen angepasst wurde, auch um den Urteilen oberster Gerichte zuvorzukommen.

Letztlich bleibt das „Kontaktsperregesetz“ ein situatives Maßnahmengesetz, das sich die Legislative ohne hinreichende Prüfung und Debatte allzu leicht von der Exekutive aufdrücken ließ. So bestätigte sich die Maxime, die Bundeskanzler Helmut Schmidt im April 1975 nach dem RAF-Anschlag in Stockholm vor dem Bundestag über die staatliche Reaktion auf den Terrorismus formuliert hatte: „Wer den Rechtsstaat zuverlässig schützen will, muss innerlich auch bereit sein, bis an die Grenzen dessen zu gehen, was vom Rechtsstaat erlaubt und geboten ist.“ In der kritischen Würdigung des Gesetzes sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die Kontaktsperre in der Krise vom September/Oktober 1977 taktisch von Nutzen war und zum Zeitgewinn beitrug, der am Ende zumindest den Geiseln in der Lufthansa-Maschine „Landshut“ zugutekam. Außerdem darf die Reichweite des Gesetzes nicht überbewertet werden: Obwohl immer noch gültig, wurde es seit 1977 kein zweites Mal angewandt.


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Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz[ ]

Vom 30. September 1977

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Einführungsgesetzes
zum Gerichtsverfassungsgesetz

In das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch § 180 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581), werden hinter § 30 folgende Vorschriften eingefügt:

„§ 31

Besteht eine gegenwärtige Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person, begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß die Gefahr von einer terroristischen Vereinigung ausgeht, und ist es zur Abwehr dieser Gefahr geboten, jedwede Verbindung von Gefangenen untereinander und mit der Außenwelt einschließlich des schriftlichen und mündlichen Verkehrs mit dem Verteidiger zu unterbrechen, so kann eine entsprechende Feststellung getroffen werden. Die Feststellung darf sich nur auf Gefangene beziehen, die wegen einer Straftat nach § 129 a des Strafgesetzbuches oder wegen einer der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten rechtskräftig verurteilt sind oder gegen die ein Haftbefehl wegen des Verdachts einer solchen Straftat besteht; das gleiche gilt für solche Gefangene, die wegen einer anderen Straftat verurteilt oder die wegen des Verdachts einer anderen Straftat in Haft sind und gegen die der dringende Verdacht besteht, daß sie diese Tat im Zusammenhang mit einer Tat nach § 129 a des Strafgesetzbuches begangen haben. Die Feststellung ist auf bestimmte Gefangene oder Gruppen von Gefangenen zu beschränken, wenn dies zur Abwehr der Gefahr ausreicht. Die Feststellung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.

§ 32

Die Feststellung nach § 31 trifft die Landesregierung oder die von ihr bestimmte oberste Landesbehörde. Ist es zur Abwendung der Gefahr geboten, die Verbindung in mehreren Ländern zu unterbrechen, so kann die Feststellung der Bundesminister der Justiz treffen.

§ 33

Ist eine Feststellung nach § 31 erfolgt, so treffen die zuständigen Behörden der Länder die Maßnahmen, die zur Unterbrechung der Verbindung erforderlich sind.

§ 34

(1) Sind Gefangene von Maßnahmen nach § 33 betroffen, so gelten für sie, von der ersten sie betreffenden Maßnahme an, solange sie von einer Feststellung erfaßt sind, die in den Absätzen 2 bis 4 nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Gegen die Gefangenen laufende Fristen werden gehemmt, wenn sie nicht nach anderen Vorschriften unterbrochen werden.

(3) In Strafverfahren und anderen gerichtlichen Verfahren, für die die Vorschriften der Strafprozeßordnung als anwendbar erklärt sind, gilt ergänzend folgendes:

1. Gefangenen, die keinen Verteidiger haben, wird ein Verteidiger bestellt.

2. Gefangene dürfen bei Vernehmungen und anderen Ermittlungshandlungen auch dann nicht anwesend sein, wenn sie nach allgemeinen Vorschriften ein Recht auf Anwesenheit haben; Gleiches gilt für ihre Verteidiger, soweit ein von der Feststellung nach § 31 erfaßter Mitgefangener anwesend ist. Solche Maßnahmen dürfen nur stattfinden, wenn der Gefangene oder der Verteidiger ihre Durchführung verlangt und derjenige, der nach Satz 1 nicht anwesend sein darf, auf seine Anwesenheit verzichtet. § 147 Abs. 3 der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden, soweit der Zweck der Unterbrechung gefährdet würde.

3. Eine Vernehmung des Gefangenen als Beschuldigter, bei der der Verteidiger nach allgemeinen Vorschriften ein Anwesenheitsrecht hat, findet nur statt, wenn der Gefangene und der Verteidiger auf die Anwesenheit des Verteidigers verzichten.

4. Bei der Verkündung eines Haftbefehls hat der Verteidiger kein Recht auf Anwesenheit; er ist von der Verkündung des Haftbefehls zu unterrichten. Der Richter hat dem Verteidiger das wesentliche Ergebnis der Vernehmung des Gefangenen bei der Verkündung, soweit der Zweck der Unterbrechung nicht gefährdet wird, und die Entscheidung mitzuteilen.

5. Mündliche Haftprüfungen sowie andere mündliche Verhandlungen, deren Durchführung innerhalb bestimmter Fristen vorgeschrieben ist, finden, soweit der Gefangene anwesend ist, ohne den Verteidiger statt; Nummer 4 Satz 2 gilt entsprechend. Eine mündliche Verhandlung bei der Haftprüfung ist auf Antrag des Gefangenen oder seines Verteidigers nach Ende der Maßnahmen nach § 33 zu wiederholen, auch wenn die Voraussetzungen des § 118 Abs. 3 der Strafprozeßordnung nicht vorliegen.

6. Eine Hauptverhandlung findet nicht statt und wird, wenn sie bereits begonnen hat, nicht fortgesetzt. Die Hauptverhandlung darf bis zur Dauer von dreißig Tagen unterbrochen werden; § 229 Abs. 2 der Strafprozeßordnung bleibt unberührt.

7. Eine Unterbringung zur Beobachtung des psychischen Zustandes nach § 81 der Strafprozeßordnung darf nicht vollzogen werden.

8. Der Gefangene darf sich in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren schriftlich an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft wenden. Dem Verteidiger darf für die Dauer der Feststellung keine Einsicht in diese Schriftstücke gewährt werden.

(4) Ein anderer Rechtsstreit oder ein anderes gerichtliches Verfahren, in dem der Gefangene Partei oder Beteiligter ist, wird unterbrochen; das Gericht kann einstweilige Maßnahmen treffen.

§ 35

Die Feststellung nach § 31 verliert ihre Wirkung, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach ihrem Erlaß bestätigt worden ist. Für die Bestätigung einer Feststellung, die eine Landesbehörde getroffen hat, ist ein Strafsenat des Oberlandesgerichts zuständig, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat, für die Bestätigung einer Feststellung des Bundesministers der Justiz ein Strafsenat des Bundesgerichtshofes; § 25 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 36

Die Feststellung nach § 31 ist zurückzunehmen, sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Sie verliert spätestens nach Ablauf von dreißig Tagen ihre Wirkung; die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, unter dem die Feststellung ergeht. Eine Feststellung, die bestätigt worden ist, kann mit ihrem Ablauf erneut getroffen werden, wenn die Voraussetzungen noch vorliegen; für die erneute Feststellung gilt § 35. War eine Feststellung nicht bestätigt, so kann eine erneute Feststellung nur getroffen werden, wenn neue Tatsachen es erfordern. § 34 Abs. 3 Nr. 6 Satz 2 ist bei erneuten Feststellungen nicht mehr anwendbar.

§ 37

(1) Über die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen nach § 33 entscheidet auf Antrag ein Strafsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.

(2) Stellt ein Gefangener einen Antrag nach Absatz 1, so ist der Antrag von einem Richter bei dem Amtsgericht aufzunehmen, in dessen Bezirk der Gefangene verwahrt wird.

(3) Bei der Anhörung werden Tatsachen und Umstände soweit und solange nicht mitgeteilt, als die Mitteilung den Zweck der Unterbrechung gefährden würde. § 33 a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(4) Die Vorschriften des § 23 Abs. 2, des § 24 Abs. 1, des § 25 Abs. 2 und der §§ 26 bis 30 gelten entsprechend.

§ 38

Die Vorschriften der §§ 31 bis 37 gelten entsprechend, wenn eine Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird oder wenn ein Unterbringungsbefehl nach § 126 a der Strafprozeßordnung besteht.

Artikel 2
Übergangsregelung

(1) Die §§ 31 bis 38 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz finden entsprechende Anwendung, wenn gegen einen Gefangenen ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 des Strafgesetzbuches) eingeleitet worden ist oder eingeleitet wird, deren Zweck oder deren Tätigkeit darauf gerichtet ist,

1. Mord, Totschlag oder Völkermord (§§ 211, 212, 220 a)

2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239 a oder des § 239 b oder

3. gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 308, des § 310 b Abs. 1, des § 311 Abs. 1, des § 311 a Abs. 1, der §§ 312, 316 c Abs. 1 oder des § 324

zu begehen. Sie finden entsprechende Anwendung auch für den Fall, daß der nach § 31 Satz 2 zweiter Halbsatz erforderliche dringende Tatverdacht sich auf eine Straftat nach § 129 des Strafgesetzbuches bezieht, die die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 1 bis 3 erfüllt.

(2) Das gleiche gilt, wenn der Gefangene wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist.

Artikel 3
Überleitungsregelung

Sind beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in § 33 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz bezeichnete Maßnahmen auf einer anderen Rechtsgrundlage als § 119 der Strafprozeßordnung getroffen worden und dauern diese Maßnahmen an, so gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften:

1. Derartige Maßnahmen treten außer Kraft, sofern nicht in bezug auf die von ihnen betroffenen Gefangenen innerhalb von drei Tagen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Feststellung nach § 31 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz getroffen worden ist.

2. § 34 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz gilt vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an auch für diese Maßnahmen.

3. Gerichtliche Verfahren wegen dieser Maßnahmen richten sich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an nach § 37 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz.

Artikel 4
Berlin-Klausel

Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Die Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten Behörden, einschließlich derjenigen, die Angelegenheiten der Sicherheit und des Status betreffen, bleiben unberührt.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

___________
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt
und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.
Bonn, den 30. September 1977
Der Bundespräsident
Scheel
Der Bundeskanzler
Der Bundesminister der Justiz
Dr. Vogel


Hier nach: Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, 30. September 1977, Bundesgesetzblatt, Teil I, 1977, S. 1877-1879.


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Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, 30. September 1977, Bundesgesetzblatt, Teil I, 1977, S. 1877-1879, bgbl.de

Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, 30. September 1977, Bundesgesetzblatt, Teil I [Закон о внесении поправок во Вводный закон к Конституционному закону о судах, 30 сентября 1977 года, Бюллетень федеральных законов, часть I], 1977, S. 1877-1879, bgbl.de.

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