Grüne Charta von der Mainau
Die am 20. April 1961 veröffentlichte „Grüne Charta von der Mainau“ ist ein singuläres Manifest des deutschen Umweltschutzgedankens in der Nachkriegszeit. Sie ist einer der Marksteine der Entwicklung von einem völkisch geprägten Landschafts- und Heimatschutz hin zu einem universalen Naturschutz auf ökologischer Basis. Zudem zeigt die Charta deutlich Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Nachkriegsgeschichte auf, da mehrere führende Landschaftsplaner der NS-Diktatur maßgeblich an der Abfassung der Charta beteiligt waren.
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Am 19. November 1960 schrieb Lennart Bernadotte an Ernst Schröder, den Präsidenten des Zentralverbands Gartenbau: „Ich glaube, ich habe schon mal angedeutet, dass ich als Leitthema für das 5. Grüne Parlament auf der Mainau eine Zusammenfassung der bisher gewonnenen Erfahrungen in den Vordergrund stellen möchte. Wie das praktisch aussehen sollte, war mir nicht ganz klar, bevor ich zufälligerweise in dem großen Werk ‚Medizin und Städtebau‘ auf die Charta von Athen gestoßen bin. […] Mir schwebt nun vor, etwas ähnliches auf dem GRÜNEN GEBIET zu unternehmen, um diese GRÜNE CHARTA hier auf der Mainau im April zu verkünden.“
Die „Grüne Charta von der Mainau“ scheint also tatsächlich auf Initiative von Lennart Bernadotte entstanden zu sein. Dass mit der Charta von Athen ausgerechnet ein von Le Corbusier formuliertes Manifest der Moderne als Anregung diente, zeigt, dass es der Charta von Anfang an ganz wesentlich darum ging, den ländlichen Raum, zu „modernisieren“. Bei diesem Modernisierungsprojekt spielte die Natur als bestimmendes Merkmal des ländlichen Raums allerdings von Anfang an eine herausragende Rolle.
So wurde die „Grüne Charta von der Mainau“ dann auch am 20. April 1961 auf eben jener Insel im Bodensee, deren Namen sie trägt, von Graf Lennart Bernadotte vorgelegt. Die fünften Mainauer Rundgespräche, auf denen sich Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft trafen, um über die Zukunft des Naturschutzes in Deutschland zu diskutieren, bildeten den Rahmen. Der anwesende Bundespräsident Heinrich Lübke, der schon im Vorjahr auf der Mainau vielfältige Anstrengungen gefordert hatte, um die „Zerstörung der Ordnung der Natur“ aufzuhalten, nutzte die Gelegenheit, den „Deutschen Rat für Landespflege“ ins Leben zu rufen, der wesentlich dazu beitragen sollte, die in der „Grünen Charta“ aufgestellten Forderungen umzusetzen.
Diese Forderungen wurden in der Charta aus Artikel 1 des Grundgesetzes abgeleitet. Die zentrale Aussage der Charta verwies darauf, dass durch die Umweltzerstörung die Menschenwürde, wie sie in Artikel 1 des Grundgesetzes festgeschrieben sei, gefährde. So wurde in der endgültigen Druckfassung der Grünen Charta festgestellt, dass „die Grundlagen unseres Lebens in Gefahr geraten [sind], weil lebenswichtige Elemente der Natur verschmutzt, vergiftet und vernichtet werden und weil der Lärm uns unerträglich bedrängt. Die Würde des Menschen ist dort bedroht, wo seine natürliche Umwelt beeinträchtigt wird.“ Aus dieser Feststellung leiteten die Verfasser der „Grünen Charta“ zwölf Forderungen ab, die im Wesentlichen darauf abzielten, Aspekte des Umweltschutzes zum Bestandteil künftiger infrastruktureller Maßnahmen und Gesetzgebung zu machen. Im Einzelnen wurden unter anderem eine „rechtlich durchsetzbare Raumordnung [...] unter Berücksichtigung der natürlichen Begebenheiten“ sowie „ausreichende gesetzgeberische Maßnahmen zur Förderung und Sicherung eines gesunden Lebensraums“ angemahnt. Diese sollten vor allem der „Erhaltung und Wiederherstellung eines gesunden Naturhaushalts, insbesondere durch Bodenschutz, Klima- und Wasserschutz“ dienen und zur „Verhinderung vermeidbarer, landschaftsschädigender Eingriffe, z.B. beim Siedlungs- und Industriebau, beim Bergbau, Wasserbau und Straßenbau“ beitragen. Ferner verlangte man „ausreichenden Erholungsraum“ und „freien Zugang zu Wäldern, Bergen, Seen und Flüssen“ sowie die Förderung „eines nachhaltigen fruchtbaren Landbaus.“ Zudem sollten die Ideen der Charta im Erziehungs- und Bildungswesen sowie in der Öffentlichkeit weiter bekannt gemacht werden.
Die „Grüne Charta“ ist das erste zentrale Dokument deutscher Umweltgeschichte, das sich von der Vorstellung löste, Umweltschutz wäre vor allem Heimat- und Landschaftsschutz. Die Charta begnügte sich nicht mehr damit, Umweltzerstörung vor allem aus ästhetischen Gründen zu kritisieren, und beschränkte sich bei ihren Forderungen auch nicht auf isolierte „Naturdenkmäler“ mit hohem Symbolcharakter, sondern konstatierte eine ernsthafte Beeinträchtigung der natürlichen Umwelt und forderte daher auch übergreifende Maßnahmen. War Umweltschutz bisher eng mit der Vorstellung einer spezifisch deutschen Landschaft und Heimat verbunden gewesen, die es vor den Auswirkungen der Industrialisierung und den Umbrüchen der Moderne zu bewahren galt, rückten nun konkrete Umweltprobleme in den Diskussionsmittelpunkt.
Diese Konkretisierung führte dazu, dass Naturschutz – jenseits der kulturellen Diskurse um nationale Identität und Heimat – als praktisches ökologisches Problem begriffen wurde, bei dem es darum ging, die für den einzelnen als schädlich erkannten Einflüsse der Umweltzerstörung zu beheben. Gleichzeitig brachte die Charta mit dem Begriff der Landschaft ein neues Verständnis von Natur als Umwelt zum Ausdruck. Mit der Begrifflichkeit der Landschaft wurde, wenn auch im Detail unzureichend, versucht, die ganze Komplexität der Umwelt zu fassen, indem „Boden, Luft, Wasser und Pflanzen- und Tierwelt“ als integraler Bestandteil der Landschaft verstanden wurden, die erst in ihrem Zusammenspiel das Gesamtbild einer Landschaft ergaben. Zudem versuchte man über den Landschaftsbegriff, die vielfältigen Ansprüche, die eine moderne Gesellschaft an die Umwelt stellte, zu kategorisieren, indem diese als „Wohn- und Erholungslandschaft, Agrar- und Industrielandschaft“ beschrieben wurde. Damit deutete sich hier bereits ein Verständnis von Umwelt und Natur an, das erst in den 1970er Jahren im Rahmen der „ökologischen Wende“ zur vollen Geltung gelangte.
Dies ist umso erstaunlicher, wenn man sich die Personen jenes – wie es in der Charta selbst heißt – „Kreises unabhängiger und verantwortungsbewußter Männer und Frauen“, welche die „Grüne Charta“ verfassten, näher betrachtet. Bevor die Charta auf dem „Grünen Parlament“ anlässlich des fünften Mainauer Rundgesprächs beschlossen wurde, erarbeitete zunächst eine Kommission von 16 Personen eine Vorlage, die dann noch einmal durch die Hände von drei Professoren ging. Die 16-köpfige Kommission bestand neben Graf Lennart Bernadotte vor allem aus den wichtigsten Landschaftsgestaltern der Bundesrepublik. Vertreten waren fast alle Lehrstühle, die sich in der Bundesrepublik mit diesem Thema beschäftigten.
Die Professoren, die an der „Grünen Charta“ mitwirkten, hatten allerdings schon vor 1945 tatkräftig an der Schaffung deutscher Landschaften auch jenseits der deutschen Grenzen mitgewirkt. So etwa Werner Lendholt, 1939 bis 1943 Generalreferent für Landschaftspflege und Naturschutz in dem von den Nationalsozialisten annektierten Warthegau in Polen, ab 1958 Direktor des Instituts für Grünplanung und Gartenarchitektur an der TU Hannover. Hermann Mattern, ab 1935 Landschaftsanwalt bei der Organisation Todt, ab 1961 Professur für Landschaftsbau und Gartenkunst an der Technischen Universität Berlin. Die drei Professoren, die sich noch einmal eingehender mit dem Gutachten befassten, waren Gustav Allinger, Alwin Seifert und Heinrich Wiepking. Allinger hatte 1933 bis 1935 die Position des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst inne, 1934 bis 1938 arbeitete er ebenfalls als Landschaftsanwalt in der Organisation Todt. 1953 bis 1958 war Allinger Professor an der TU Berlin. Alwin Seifert war als Reichslandschaftsanwalt (1933-1945) der Vorgesetzte von Mattern und Allinger und somit zuständig für die landschaftliche Eingliederung der Reichsautobahn gewesen. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes war ab 1958 Professor an der TU München. Heinrich Wiepking, neben Seifert der führende NS-Landschaftsgestalter, wirkte als Sonderbeauftragter wesentlich am Generalplan Ost mit und war Professor für Landschaftsgestaltung an der Berliner Universität (1934-1945). 1943 übernahm er Lendholts Amt als Generalreferent für Landschaftspflege und Naturschutz im Warthegau. Er lieferte sich mit Seifert während der NS-Zeit erbitterte Machtkämpfe um die Federführung in der Landschaftsgestaltung. In einer Denkschrift zum Generalplan Ost forderte Wiepking 1941: „Es genügt nicht, deutsches Volkstum in diesen Gebieten anzusiedeln und fremdes Volkstum auszuscheiden. Die Landschaftsräume müssen vielmehr eine deutsch-germanischer Wesensart entsprechende Gesamtgestaltung erhalten, damit die deutschen Menschen sich heimisch fühlen und bereit sind, dort seßhaft zu werden und sie zu verteidigen.“ Nach dem Krieg war er Professor an der TU Hannover (1952-1959).
Die Idee vom engen Zusammenhang zwischen der inneren Natur des Menschen und äußerer Natur war von Anfang an einer der Grundgedanken deutschen Heimat- und Naturschutzes. Diese Leitidee wirkte auch nach 1945 in der deutschen Umweltschutzbewegung weiter. Allerdings war es nicht mehr die „deutsch-germanische Wesensart“ als „Kern der inneren Natur des Menschen“, die durch eine ihr gemäße Landschaftsgestaltung zu schützen und zu fördern sei, sondern – wie es in der Charta im Rückgriff auf das Grundgesetz hieß – die „Würde des Menschen“. Ob dies auf eine innere Umkehr der die Charta prägenden Landschaftsarchitekten zurückzuführen ist, lässt sich durchaus bezweifeln. Hier zeigt sich vielmehr die doch beträchtliche normative Kraft des demokratischen Neuanfangs, der, in Form des Rückgriffs auf das Grundgesetz, nicht umsonst zentraler Bestandteil der Argumentation der Grünen Charta ist. Gleichzeitig war offensichtlich das Expertenwissen der NS-Landschaftsgestalter nach wie vor gefragt und zumindest vorerst alternativlos.
Nicht zuletzt hat sicherlich auch die Person Graf Lennart Bernadottes eine beträchtliche Rolle gespielt. Er hatte mit der „Blumeninsel Mainau“ einen „paradiesischen Ort“ geschaffen, an dem Nachkriegsdeutschland sich in einer heilen Welt mit seiner jüngsten Vergangenheit aussöhnen konnte, und mit den Treffen der Nobelpreisträger in Lindau ab 1951 die deutsche Wissenschaft wieder an die internationale Forschung angeschlossen. Der Sohn eines schwedischen Prinzen und einer russischen Großfürstin hatte sowohl ein feines Gespür für die gesellschaftliche Situation der jungen Bundesrepublik als auch Kenntnis internationaler Forschungsdiskussionen. Er verstand es, seinen Status als Cousin des schwedischen Königs Gustav VI. Adolf (1882-1973) und als „Herr“ der Insel Mainau, die er von seiner Großmutter Viktoria von Baden geerbt hatte, geschickt einzusetzen, um zwischen verschiedenen Positionen zu vermitteln und so einen breiten Konsens herzustellen, der sich auch in der „Grünen Charta“ wiederfindet.
Die Wirkungsgeschichte der Grünen Charta ist umstritten, sie wurde „als Aktion über die Köpfe der Menschen hinweg“ kritisiert, die nicht geeignet war, um eine „Wende im öffentlichen Problembewußtsein“ herbeizuführen, und die insgesamt eine geringe Resonanz gefunden hätte. Tatsächlich wurde die Charta nicht massenhaft rezipiert und führte nicht umgehend zur einem neuen Umweltbewusstsein in der Bevölkerung. Sie war allerdings auch nicht als Aufklärungsdokument für die breite Masse gedacht, sondern richtete sich vor allem an politische Entscheidungsträger. So wurde sie jedem Landtags- und Bundestagsabgeordneten zugestellt, Landes- und Bundesminister bekamen die Charta teilweise persönlich überreicht. Der nordrhein-westfälische Landwirtschaftsminister Gustav Niermann etwa erließ daraufhin 1961 die Richtlinie, „daß anzustreben sei, daß im gesamten Geschäftsbereich des Ministeriums [...] die programmatischen Forderungen der Grünen Charta richtungsweisend werden für Überlegungen, Planungen und Vorhaben.“
Als einflussreich erwies sich auch der von Bundespräsident Lübke im Anschluss an die Verabschiedung der „Grüne Charta“ ins Leben gerufene Deutsche Rat für Landespflege. Der Rat, dessen Sprecher Graf Lennart Bernadotte war, zeichnete sich von Anfang an dadurch aus, dass er nicht nur mit Landschaftsgestaltern besetzt war, sondern mit Experten aus verschiedensten Bereichen. Der bekannteste Vertreter war mit Sicherheit der Soziologe Helmut Schelsky, der dem Rat von Beginn an angehörte. Schnell entwickelte der Rat vor allem durch seine gutachterliche Tätigkeit, die er auf Grundlage der „Grünen Charta vornahm“, eine beträchtliche Wirkung. Beim Kampf um die Reinhaltung des Bodensees in den frühen 1960er Jahren engagierte sich der Rat besonders auch in der Person Schelskys stark. Vor allem aber sorgte er für die Rückendeckung von gesellschaftlich breit gestreuten Bürgerinitiativen, die direkt von der Verschmutzung des Bodensees betroffen waren. Damit trug die Charta dazu bei, Umweltschutz auch außerhalb der etablierten Natur- und Landschaftsschutzverbände salonfähig zu machen. Auch bei der Bekämpfung des Sauerlandrings in den späten 1960er Jahren entwickelte der Rat ein starkes Engagement und trug maßgeblich zur Verhinderung des Baus der Autorennstrecke im „herrlich gelegenen Elpetal“ im Sauerland bei. In beiden Fällen erwies sich das Vorgehen des Rates, den Ausweg auf legislativem, das Verursacherprinzip berücksichtigendem Weg zu suchen, als äußerst erfolgreich. Ein Weg, der bis heute gerade angesichts von infrastrukturellen Großprojekten häufig gegangen wird.
Die Wandlung eines völkisch konnotierten Landschaftsschutzes hin zu einem universalen Umweltschutz mag von kaum einem der Verfasser der „Grünen Charta“ intendiert gewesen sein, doch ist die „Grüne Charta von der Mainau“ ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg. So spiegeln sich in der Charta und in ihrer Wirkungsgeschichte die widersprüchlichen Elemente wider, die die Entstehung der bundesdeutschen Naturschutzbewegung kennzeichneten und bis zu Beginn der 1980er Jahre prägen sollten.
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Grüne Charta von der Mainau[ ]
I. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland legt unter anderem folgende Grundrechte fest:
Art. 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft …
Art. 2 (1) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit …
Art. 14 (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
II. Dazu ist festzustellen:
Die Grundlagen unseres Lebens sind in Gefahr geraten, weil lebenswichtige Elemente der Natur verschmutzt, vergiftet und vernichtet werden und weil der Lärm uns unerträglich bedrängt. Die Würde des Menschen ist dort bedroht, wo seine natürliche Umwelt beeinträchtigt wird. Zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten gehört auch das Recht auf ein gesundes und menschenwürdiges Leben in Stadt und Land.
III. Voraussetzung für unser Leben ist, neben gesunder Nahrung, die gesunde Landschaft mit Boden, Luft, Wasser und ihrer Pflanzen- und Tierwelt. Diese lebenswichtigen Elemente werden übermäßig und naturwidrig beansprucht.
Immer häufiger werden
- lebendiger Boden vernichtet,
- Oberflächen- und Grundwasser verdorben,
- Luft verunreinigt,
- Pflanzen und Tierwelt gestört und
- offene Landschaft verunstaltet.
Die gesunde Landschaft wird in alarmierendem Ausmaß verbraucht.
IV. Wir wissen:
Auch Technik und Wirtschaft sind unerläßliche Voraussetzungen unseres heutigen Lebens.
Die natürlichen Grundlagen von Technik und Wirtschaft können weder willkürlich ersetzt noch beliebig vermehrt werden.
Deshalb ist es notwendig, gemeinsam
- die Lage zu überprüfen,
- zu planen,
- zu handeln,
- um den Ausgleich zwischen Technik, Wirtschaft und
- Natur herzustellen und zu sichern.
V. Um des Menschen willen ist der Aufbau und die Sicherung einer gesunden Wohn- und Erholungslandschaft, Agrar- und Industrielandschaft unerläßlich:
Deshalb ist zu fordern:
- eine rechtlich durchsetzbare Raumordnung für alle Planungsebenen unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten;
- die Aufstellung von Landschaftsplänen, von Grünordnungsplänen in allen Gemeinden für Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsflächen;
- ausreichender Erholungsraum durch Bereitstellung von Gartenland, freier Zugang zu Wäldern, Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten, stadtinnerer Freiraum in Wohnungsnähe für die tägliche Erholung, stadtnaher Erholungsraum für das Wochenende und stadtferner Erholungsraum für die Ferien;
- die Sicherung und der Ausbau eines nachhaltigen fruchtbaren Landbaus und einer geordneten ländlichen Siedlung;
- verstärkte Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung eines gesunden Naturhaushaltes, insbesondere durch Bodenschutz, Klima- und Wasserschutz;
- die Schonung und nachhaltige Nutzung des vorhandenen natürlichen oder von Menschenhand geschaffenen Grüns;
- die Verhinderung vermeidbarer, landschaftsschädigender Eingriffe, z.B. beim Siedlungs- und Industriebau, beim Bergbau, Wasserbau und Straßenbau;
- die Wiedergutmachung unvermeidbarer Eingriffe, insbesondere die Wiederbegrünung von Unland;
- eine Umstellung im Denken der gesamten Bevölkerung durch verstärkte Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Bedeutung der Landschaft in Stadt und Land und die ihr drohenden Gefahren;
- die stärkere Berücksichtigung der natur- und landschaftskundlichen Grundlagen im Erziehungs- und Bildungswesen;
- der Ausbau der Forschung für alle den natürlichen Lebensraum angehenden Disziplinen;
- ausreichende gesetzgeberische Maßnahmen zur Förderung und Sicherung eines gesunden Lebensraumes.
Hier nach: Graf Lennert Bernadotte, Grüne Charta von der Mainau, Faltblatt, 1961.
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Graf Lennert Bernadotte, Grüne Charta von der Mainau, Faltblatt, 1961. Deutscher Rat für Landespflege e.V., Bonn.
Граф Леннерт Бернадотт, Зеленая хартия Майнау, листовка, 1961 г. Deutscher Rat für Landespflege e.V., Bonn.
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