Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR "Über die Verstärkung des Schutzes des Privateigentums der Bürger" und Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR "Über die strafrechtliche Verantwortung für den Raub staatlichen und gesellschaftlichen Eigentums", 4. Juni 1947

Zusammenfassung

Die berüchtigten Anti-Diebstahls-Dekrete vom 4. Juni 1947, die den Strafrahmen für Entwendung staatlichen, gesellschaftlichen oder privaten Eigentums erheblich erweiterten und bereits am nächsten Tag in der Pravda veröffentlicht wurden, gingen auf die persönliche Initiative Stalins zurück und bildeten die wichtigste Strafrechtsänderung der Nachkriegsjahre. Mit ihren drakonischen Strafen für Bagatelldelikte gehörten sie zu den repressivsten Maßnahmen des Spätstalinismus und kriminalisierten ausgerechnet im Hungerjahr 1947 eine große Minderheit der eigenen Bevölkerung, vor allem Kolchozbauern und Arbeiter sowie Frauen und Jugendliche, die Mundraub und andere geringfügige Eigentumsdelikte begehen mussten, um zu überleben. Die Dekrete sollten den Eindruck erwecken, als seien die Versorgungsengpässe diebstahlsbedingt, verfolgten jedoch zusammen mit einer Reihe weiterer Maßnahmen das Ziel, den Konsum zu drosseln. Obwohl Teile des Justizapparats die neuen Bestimmungen unterliefen anstatt sie wie gefordert mit aller Strenge anzuwenden, entfesselten die Dekrete die Verfolgung von Hunderttausenden meist kleiner Diebe, die keine notorischen Kriminellen waren, und brachten bis 1953 rund 1.3 Mio. Menschen für mindestens fünf Jahre in den Gulag.