Der Kronstädter Aufstand: Resolution der Vollversammlung der Mannschaften der ersten und zweiten Brigade der Schlachtschiffe, 1. März 1921
Quellentext deutsch
1. März 1921
RESOLUTION
der Vollversammlung der Mannschaften der ersten und zweiten Brigade der Schlachtschiffe, die am 1. März 1921 stattfand.
Nachdem wir den Bericht der Vertreter der Mannschaften gehört haben, die von der Vollversammlung der Schiffsmannschaften nach Petrograd entsandt worden waren, um sich über die Lage in Petrograd Klarheit zu verschaffen,
HABEN WIR BESCHLOSSEN:
1. Angesichts der Tatsache, daß die bestehenden Sowjets nicht den Willen der Arbeiter und Bauern zum Ausdruck bringen, unverzüglich Neuwahlen zu den Sowjets unter den Bedingungen geheimer Stimmabgabe und freier vorhergehender Wahlagitation für alle Arbeiter und Bauern durchzuführen.
2. Rede- und Pressefreiheit für Arbeiter und Bauern, Anarchisten und linke sozialistische Parteien.
3. Versammlungsfreiheit, Freiheit der Gewerkschaften und Bauernvereinigungen.
4. Spätestens bis zum 10. März 1921 eine nichtparteigebundene Konferenz von Arbeitern, Rotarmisten und Matrosen aus den Städten Petrograd und Kronstadt sowie aus dem Petrograder Gouvernement einzuberufen.
5. Alle politischen Gefangenen, die sozialistischen Parteien angehören, zu befreien ebenso wie alle Arbeiter und Bauern, Rotarmisten und Matrosen, die in Verbindung mit Arbeiter-und Bauernbewegungen eingesperrt wurden.
6. Eine Kommission zur Überprüfung der Prozeßakten aller in Gefängnissen und Konzentrationslagern Eingeschlossenen zu wählen.
7. Alle POLITISCHEN ABTEILUNGEN abzuschaffen, da nicht eine einzige Partei Privilegien für die Propagierung ihrer Ideen beanspruchen und vom Staat zu diesem Zweck Geld erhalten darf. An ihre Stelle sollen von den örtlichen Organisationen gewählte Kultur- und Bildungskommissionen treten, für die Mittel vom Staat bewilligt werden müssen.
8. Unverzüglich alle Kontrollabteilungen abzuschaffen.
9. Gleiche Lebensmittelrationen für alle Werktätigen mit Ausnahme derjenigen in gesundheitsschädlichen Berufen.
10. Die kommunistischen Kampfgruppen in allen Truppeneinheiten sowie auch die verschiedenen kommunistischen Aufsichtsdienste in den Fabriken und Betrieben aufzulösen.
11. Den Bauern das volle Recht zu geben, über ihr ganzes Land so zu verfügen, wie sie es wünschen, und auch Vieh zu besitzen, sofern sie es mit eigenen Kräften halten, d.h. sich keiner Lohnarbeit bedienen.
12. Wir bitten alle Truppeneinheiten sowie die Genossen Militärkadetten sich unserer Resolution anzuschließen.
13. Wir verlangen, daß alle Resolutionen durch die Presse breit bekannt gegeben werden.
14. Ein mobiles Büro mit Kontrollbefugnissen zu ernennen.
15. Freie handwerkliche Produktion auf der Basis von eigener Hände Arbeit zu gestatten.
Die Resolution wurde von der Brigadeversammlung einstimmig bei zwei Enthaltungen angenommen.
Vorsitzender der Brigadeversammlung Petričenko.
Sekretär Perepelkin.
Die Resolution wurde von der überwiegenden Mehrheit der gesamten Kronstädter Garnison angenommen.
Die Resolution wurde auf dem Stadtmeeting, am 1. März, in Anwesenheit von ca. 16.000 Bürgern verkündet und einstimmig angenommen.
Vorsitzender des Kronstädter Exekutivkomitees Vasil'ev.
Zusammen mit Genossen Kalinin stimmen Vasil'ev und Kommissar der Baltischen Flotte Kuz'min gegen die Resolution.
Rev. Übersetzung hier nach: Altrichter, H., Haumann, H. (Hg.), Die Sowjetunion. Von der Oktoberrevolution bis zu Stalins Tod, Bd. 2: Wirtschaft und Gesellschaft, München 1987, S. 126f.