Allgemeine Richtlinien über die oberste Leitung der Rußländischen Orthodoxen Kirche, 28. Oktober (10. November) 1917

Einführung

Zur Vorgeschichte: Die Einrichtung des GlossarMoskauer Patriarchats unter dem Zaren GlossarBoris Godunov 1589 stellte einen Wendepunkt in der Geschichte der Russischen Orthodoxen Kirche dar und hatte zugleich weitreichende Konsequenzen für den russischen Staat. Die orthodoxe Kirche, die damit ein eigenständiges institutionelles und geistliches Zentrum erhalten hatte, setzte ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Patriarchat von Konstantinopel durch. Die Vormachtstellung Moskaus auf dem Bereich der Kirche verlieh dem imperialen Anspruch des Zarentums an zusätzlicher Legitimität. Eine nicht unerhebliche Rolle spielte das Patriarchat in den inneren Auseinandersetzungen des darauffolgenden Jahrhunderts: Es vertat die orthodoxe Kirche in den Versuchen, der zarischen Regierung ihre politische Führungsrolle streitig zu machen und die Staatsgeschäfte maßgebend zu bestimmten. Unter dem GlossarPeter I. nahm der Konflikt zwischen dem Staat und der Kirche radikale Formen an. Mit seinen Reformen, die u.a. auf die Einschränkung der Rolle, die die Orthodoxie in Staat und Gesellschaft spielte, zielten, löste er eine Opposition aus, an der die Geistlichkeit führend beteiligt war. Die Folgen sind bekannt: Nach dem Tod des Patriarchen GlossarAdrian 1700 wurde auf Betreiben Peters der Patriarchenstuhl nicht wiederbesetzt, somit das Patriarchat de facto aufgehoben. 1721 unterstellte der Zar die Kirche dem Staat, indem er ihre höchste Leitung einem GlossarHeiligen Synod mit einem GlossarOberprokuror an der Spitze übertrug. Dadurch wurde zum einen die Opposition gegen die Reformen zersplittert und geschwächt, zum anderen die Einmischung des Zaren in die Angelegenheiten der Kirche erleichtert. In der Folgezeit fanden wiederholte Übergriffe des Staates auf die Kirche statt: Die Aufhebung des Beichtgeheimnisses und Verpflichtung der Geistlichten, staatssubversive Absichten der Gläubigen dem Geheimdienst zu melden, sei ein Beispiel dafür. Einen weiteren Autoritäts- und Machtverlust erlitt die Russische Orthodoxe Kirche während der Aufklärung.

Die Auflösung des Patriarchats – sie war mit der Kirchenpolitik Peters gleichbedeutend – stieß auf der Seite der Orthodoxie und der konservativen Politik- und Gesellschaftskreise stets auf Kritik. Dabei wandte man sich nicht nur gegen den damit etablierten Glossar"Cesaropatismus", sondern auch – im Zuge einer zugleich politischen und theologischen Polemik mit anderen christlichen Konfessionen wie Katolizismus und Protestantimsus – gegen die seinerseits eingeleitete "Protestantisierung" der russischen Orthodoxie, die in ihrer Überführung auf "amtliche, ständische Grundlagen zum Ausdruck kam, "ihr Leben lahmlegte" und "den Weg zum ihrem ökumenischen Selbstbewußtsein verprerrte".1.

Die breite Bewegung für die Wiedergeburt der Russischen Orthodoxen Kirche und Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit vom Staat, die Anfang des ХХ. Jahrhunderts in Rußland ansetzte, brachte die Wahl des Patriarchen auf die Tagesordnung. Nikolaus II., der letzte russische Zar, war jedoch gegen die Wiedereinführung des Patriarchats.

Die Revolutionen von 1917 und die Wiedereinrichtung des Patriarchats: Erst der Sturz der Autokratie im Zuge der GlossarFebruarrevolution vom 1917 schuf die Voraussetzungen für die Wiederherstellung des Patriarchats. Bereits wenige Tage nach der Machtübernahme durch die GlossarProvisorische Regierung wurde ein GlossarErlaß über die Trennung der Kirche vom Staat verkündet. Am 5. (28.) August 1917 hob ein weiterer Beschluß das Amt des Oberprokurors auf und verordnete die Gründung eines Ministeriums für religiöse Kulte.

Indes waren die Diskussionen über die Wiederherstellung des Patriarchats bereits im vollen Gange. Die endgültige Entscheidung über die Wahl des neuen Patriarchen sollte auf einem GlossarLandeskonzil der Russischen Orthodoxen Kirche fallen. Zur Koordination der Vorbereitungen auf das höchste kirchliche Forum bildete der Heilige Synod am 29. April (12. Mai) 1917 einen GlossarVorkonzilrat. Er arbeitete die "Richtlinien über die Einberufung des Landeskonzils der Allrußländischen Orthodoxen Kirche" aus, die der Synod am 5. Juli 1917 genehmigte. Was die Neugründung des Patriarchats angeht, so waren die Meinungen noch im Vorfeld des Konzils gespalten. Das galt sogar für die repräsentativen Organe der Kirche. Während die GlossarAbteilung für die oberste Kirchenleitung die Wiederherstellung des Patriarchats unterstützte, sprach sich der Vorkonzilrat dagegen aus und begründete seine Position damit, daß das Patriarchat gegen das Prinzip der Glossarsobornost' verstoße.2 Die Position ihres Opponenten negierend beschloß die Abteilung, die die Vorteile der aktuellen politischen Situation nutzen wollte und gleichzeitig ihrer zunehmenden Unüberschaubarkeit Rechnung trug, dennoch die Wiederherstellung des Patriarchats dem Konzil vorzuschlagen und im Anschluß daran ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Der Streit der beiden Gremien zeichnete die Linien vor, denen die Debatten auf dem Konzil folgten sollten.

Das Landeskonzil der Russischen Orthodoxen Kirche wurde am 15. August 1917 in Moskau feierlich eröffnet. Unter seinen 564 Mitgliedern waren 80 Erzpriester, 129 Gemeindevorsteher, 10 Diakone, 26 Psalmenleser, 20 Mönche und 299 Laien. Die Wiederherstellung des Patriarchats stand als Hauptthema zur Debatte und sorgte für heftige Auseinandersetzungen. Dabei suchten die Anhänger wie die Gegner des Patriarchats ihre Position mit historischen, politischen, moralischen und theologischen Argumenten zu stützen.

Unter den Mitgliedern des Konzils stellten die Anhänger des Patriarchats – die prominentesten unter ihnen waren der Archimandrit GlossarIllarion und Professor GlossarS. Bulgakov – die Mehrheit. Diese setzte sich folgendermaßen zusammen. Zum einen zählten dazu die Konservativen, die ein starkes Patriarchats- und Bischofsystem vertraten und den niederen Geistlichen und Laien bei allen Entscheidungen lediglich eine beratende Stimme einräumen wollten. Hinzu kamen die sog. Gemäßigten – zum Teil neu bekehrte Intellektuelle, deren Sprachrohr Bulgakov war. Sie setzten sich für ein Patriarchat ein, dem ein starkes Vertretungsgremium mit beratenden Funktionen aus Erzpriestern, dem Klerus und den Laien zur Seite stehen sollte, wobei die Bischöfe auch in diesem Fall ihre Vorrangsstellung behalten hätten. Archimandrit Illarion, der den "Ersternannten in der Hierarchie" und das Konzil zu Grundsätzen der obersten Leitung der Russischen Orthodoxen Kirche erklärte, berief sich in seiner Argumentation auf das kanonische Kirchenrecht – die Apostolische Regel 34., in der es heißt:

"Die Bischöfe jedes Volkes müssen den ersten unter ihnen kennen und ihn als einen Oberhaupt anerkennen, und haben alles zu unterlassen, was außerhalb ihrer Befugnis liegt, sollte sein Urteil darüber nicht vorliegen... Der erste [gemeint ist der Patriarch] soll jedoch ebenfalls nichts unternehmen, ohne sich das Urteil von allen anderen eingeholt zu haben".3 In dieser Organisation sah er die Eigenart der Orthodoxie begründet. Darin unterscheide sie sich vom Katholizismus, bei dem der Papst die Kirche selbstherrschaftlich leite. 4. Illarion verlieh seiner Position Gewicht, indem er die nationale Bedeutung des Patriarchats hervorhob und seine Widerherstellung mit patriotischer Pflichterfüllung in Verbindung brachte:

"Moskau wird das Herz Rußlands genannt. Wo in Moskau schlägt aber das russische Herz? [...] [Es] schlägt in der Maria-Himmelfahrts-Kathedrale [...], an der vorderen Säule [...] Der petrinische Adler, der nach westlicher Manier eingeführt wurde, pickte dieses orthodoxe russische Herz heraus, die frevelhafte Hand des sündigen Peters setze den Patriarchen von Rußland von seinem ewigen Stuhl in der Maria-Himmelfahrts-Kathedrale ab. Das Landeskonzil der Rußländischen Kirche wird durch seine Macht, die ihm vom Gott gegeben wurde, dem Moskauer Patriarchen seine unaufhebbare Position, die ihm gesetzlich zusteht, zurückgeben."5. Ihn unterstütze der Mitglied des Konzils GlossarN. Speranskij, der das Patriarchat mit dem Hinweis auf die moralische Rolle der orthodoxen Kirche als des "Gewissens des Staates" und des Patriarchen als ihres Obersten Hirten legitimierte.6.

Dieser Position widersprachen die Gegner des Patriarchats (Oberpriester GlossarN. Dobronravov, Fürst GlossarA. Čaadaev, Professor GlossarB. Titlinov u.a.), die mit etwa 60 Mitgliedern – etwa 11% von ihrer Gesamtzahl – auf dem Konzil in einer Minderheit waren. Zwar hatten viele unter ihnen vor der Revolution ebenfalls für die Wiederherstellung des Patriarchats plädiert, da sie darin ein Mittel für die Schwächung der Abhängigkeit der Kirche von der Staatsmacht sahen. Nach dem Sturz der Autokratie begaben sich aber die radikalsten unter ihnen in die Opposition. Unter Bemühung von Beispielen aus der russischen Geschichte suchten sie jetzt nachzuweisen, daß das Patriarchat keine verbindende Macht der Kirche darstelle, die dem Cesaropapismus Einhalt gebieten könne. Ganz im Gegenteil, es hätten mehrere russische Patriarchen im Dienst der zarischen Herrschaft gestanden, und somit die Verantwortung dafür getragen, daß sich statt der Rechtsgläubigkeit die Zarengläubigkeit in der Kirche etablierte.7 Auch das Patriarchat selbst galt jetzt für sie als eine "monarchieähnliche Institution". Die Hauptgefahr, die aus ihrer Sicht vom Patriarchat ausging, war die Kirchenspaltung. Sie befürchteten, daß seine Einführung

"die sobornost' als Grundlage des kirchlichen Lebens verdrängen wird". Eine weitere Gefahr, meinten sie, würde durch die Titelverleihung an die Träger der höchsten kirchlichen Ämter entstehen: Ihrer Position in der Hierarchie wegen konnten sie eine Arroganz entwickeln, der dem Ansehen der Kirche schaden könnte.8.

Als eine "demokratische" Alternative zum Patriarchat zogen seine Gegner den Synod vor. Er sollte aus Erzpriester, der Geistlichkeit und den Laien bestehen, die alle das gleiche Stimmrecht erhielten, und demokratisch gewählt werden. Dabei wurde dem niederen Geistlichen das gleiche Stimmrecht zugesprochen, wie einem Erzpriester. Somit würde die kollegiale Leitung eine gleichmäßige Vertretung aller Gruppen in der Kirchenverwaltung gestatten.9 Das hätte eine Schwächung der Position des Bischöfe und des Mönchtums zur Folge gehabt, was der Intention der Patriarchatsgegner durchaus entsprach.

Als die "Allgemeinen Richtlinien über die oberste Leitung der Kirche", die die Abteilung für die oberste Kirchenleitung ausgearbeitet hatte, zur Diskussion gestellt wurden, offenbarte sich noch einmal mit aller Deutlichkeit, daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Parteien unüberbrückbar waren. Diese erste Redaktion der "Richtlinien" bestand aus folgenden Punkten:

  • 1. Die oberste Macht in der Rußländischen Orthodoxen Kirche steht dem Patriarchat zu;
  • 2. das Patriarchat wird wiederhergestellt und steht der Leitung der Kirchenangelegenheiten der Rußländischen Orthodoxen Kirche vor;
  • 3. der Patriarch ist der erste unter den Bischöfen, die ihm gleich sind;
  • 4. der Patriarch und die Organe der Kirchenleitung sind dem Konzil rechenschaftspflichtig."10.

Ihre Gegner behaupteten, daß die "Richtlinien" – sie nannten sie eine "Übergangsformel" – einem "alleinherrschenden Patriarchat", einem "Patriarchatsabsolutismus", der "sowohl die Traditionen der wahren Orthodoxie als auch die Stimme der Geschichte in Frage" stelle11, Tür und Tor öffnen würde. Sie wiesen darauf hin, daß die "Formel" "weder die Rechte noch die Pflichten des Patriarchen noch die Organisationsstruktur des geplanten Konzils klar" definiert, und unterstellten der Abteilung für oberste Kirchenleitung die Unfähigkeit, diese Definitionen vorzunehmen."12 Daraufhin schlugen 32 Mitglieder des Konzils vor, die "Übergangsformel" an ihre Verfasser zur weiteren Bearbeitung zurückzugeben, und erhielten sogar die Unterstützung einiger Anhänger der "Patriarchatspartei" (V. GlossarŠein, GlossarS. Rudnev u.a.). Währenddessen versuchte der Großteil dieser Partei seine Position dadurch zu verteidigen, daß er "der lebendigen und kreativen Arbeit des Konzils der Allrußländischen Landeskirche" von vorneherein keine äußeren Grenzen setzen wolle, daß die Form, in der die Richtlinien über die Rechte und Pflichten des Patriarchen festgelegt werden, von neuen Anforderungen des Lebens abhängen würden, die im voraus nicht in Erfahrung zu bringen seien13, und erzielte damit Erfolg. Der "Vorschlag der 32" wurde abgelehnt.

In der Sitzung am 28. Oktober (10. November) 1917 schlug der Oberpriester P. GlossarLachostskij in Namen von 60 weiteren Mitgliedern des Konzils vor, über die Frage der obersten Kirchenleitung abzustimmen. Die vier Punkte der "Richtlinien" sollten endgültig genehmigt werden. Inzwischen hatte ihre Redaktion nach der eingehenden Diskussion über die "Richtlinien" im Konzil beschlossen, an den zwei ersten Artikeln folgende Veränderungen zu unternehmen: "1. In der Rußländischen Orthodoxen Kirche steht die oberste Macht – der Gesetzgebung, der Administration, des Gerichts und der Kontrolle – dem Landeskonzil zu, das in regelmäßigen Abständen aus Bischöfen, Klerikern und Laien einberufen wird. Und: 2. Das Patriarchat wird wiederhergestellt, und der Patriarch steht der Kirchenleitung vor." 14. Artikel 3. und 4. blieben in der Endredaktion unverändert. In dieser Form wurden die "Richtlinien" vom Konzil verabschiedet. Am 29. Oktober (11. November) legten seine Mitglieder das entsprechende Wahlstatut fest, das aus folgenden Punkten bestand:

  • 1. Die Kandidaten werden auf den Wahlzetteln genannt, wobei jedes Mitglied des Konzils auf seinem Zettel 3 Namen nennt;
  • 2. als Kandidaten werden nach dem Gewicht der Stimmen drei Personen ernannt, die mehr als die Hälfe der Stimmen erhalten haben;
  • 3. wenn die Zahl der Personen, die mehr als die Hälfte der Stimmen erhielt, unter drei liegt, so werden zusätzliche Abstimmungen solange durchgeführt, bis sich eine Zahl von drei Personen ergibt, die jeweils mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen;
  • 4. nach dem Gottesdienst, in dessen Verlauf die Zettel mit den Namen der drei Kandidaten auf den Heiligen Altar gelegt werden, zieht einer der Geistlichen das Los und verkündet seinen Inhalt."15

Wie die Ereignisse des folgenden Tages zeigen sollten, war die Frage über die Wahl des Patriarchen damit jedoch nicht entschieden.

Als das Konzil am 30. Oktober (12. November) zusammentraf, um den neuen russischen Patriarchen zu wählen, sprach sich eine Reihe von Mitgliedern – darunter v.a. Vertreter der sog. Glossar"Erneuerer", einer Reformbewegung in der Russischen Orthodoxen Kirche, – gegen die Wahlen aus, und weigerte sich, sie zu anerkennen. Als ein Argument gegen die Rechtsmäßigkeit der Wahl führten sie u.a. ins Feld, daß "einige Mitglieder des Konzils aus den von ihnen nicht zu vertretenden Gründen fehlen" und "ein ausgearbeitetes Wahlstatut noch nicht vorliegt".16 Der Streit endete mit ihrem Abzug aus dem Konzil. Den Wahlgegnern kann insofern zugestimmt werden, da die Besucherquote unter den Abgeordneten aufgrund der komplizierten öffentlichen Lage in der Tat relativ niedrig war, was sich, so ist anzunehmen, auf den Ausgang der Wahlen auswirkte. Das Konzil setzte sich gegen die Abtrünnigen durch, und die Wahlprozedur wurde wiederaufgenommen. Die Mitglieder reichten ihre Zettel mit den Namen der Kandidaten auf den Patriarchenstuhl ein, und die Kandidatenlisten wurden genehmigt. Insgesamt gingen 273 Zetteln ein, darunter 16 leere. Für Glossar Antonij, den Erzbischof von Char'kov, wurden 101 Stimmen abgegeben; für GlossarKirill, den Erzbischof von Tambov, 27; für GlossarTichon, den Metropoliten von Moskau, 23; für GlossarPlaton, den Metropoliten des Kaukasus, 22; und für GlossarArsenij, den Erzbischof von Novgorod, 14. Da inzwischen bereits der Abend eingetreten war, verschob man die Wahlentscheidung auf den nächsten Tag.

Die Ergebnisse der Abstimmung vom 31. Oktober waren jedoch bereits andere. Insgesamt wurden 309 Zettel eingereicht (darunter drei leere, einer mit nur einem Namen). Antonij, der Erzbischof von Char'kov, erhielt 159 Stimmen; Arsenij, der Erzbischof von Novgorod, 148; Tichon, der Metropolit von Moskau, 125. Der Erzbischof Antonij wurde zum Kandidaten bestimmt. Die Ergebnisse der dritten Abstimmung lauteten: Insgesamt wurden 305 Zettel eingereicht (darunter ein leerer); Arsenij, der Erzbischof von Novgorod, erhielt 199 Stimmen; Tichon, der Metropolit von Moskau, 137; Platon, der Metropolit von Tiflis, 97. Der Erzbischof Arsenij wurde zum Kandidaten bestimmt. Die vierte Abstimmung brachte schließlich folgendes Ergebnis: Eingereicht wurden 291 Zettel, 162 Abgeordnete gaben ihre Stimmen für Tichon, den Metropoliten von Moskau; 74 für Platon, den Metropoliten von Tiflis; 35 für Kirill, den Erzbischof von Tambov. Jetzt wurde Metropolit Tichon zum Kandidaten bestimmt.17. Auf jeweils einem Achtelblatt weißen Papier wurden die drei Namen der Kandidaten – Antonij, Erzbischof von Char'kov, Arsenij, Erzbischof von Novgorod und Tichon, Metropolit von Moskau – geschrieben. Der Hieromonachos GlossarAleksij, Einsiedler der GlossarZosimova pustyn', zog das Los mit Tichons Namen. Die Inthronisierungszeremonie des gewählten und ernannten Patriarchen von der ganzen Rus', des Metropoliten von Moskau und Kolomna Tichon fand am 21. November 1917 in der GlossarMaria-Himmelfahrts-Kathedrale statt. Dieses Ereignis wurde mit einem Glockengeläut in allen Kirchen jener russischen Städte begangen, die die Nachricht von der Feier bis zu diesem Tag erreicht hatte.18

Natal'ja Gerulajtis

1 Siehe dazu: Vasil'ev, A., "Patriaršestvo i Sobornost'", in: GARF, f. R-3431, op. 1, d. 230 (1), l. 34; Bugakov, S., "Smysl Patriaršestva", in: GARF, f. R-3431, op. 1, d. 230 (1), l. 26. [1]

2 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 100. [2]

3 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 98. [3]

4 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 99. [4]

5 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 222 (2), l. 101. [5]

6 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227(1), l. 45. [6]

7 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227(2), l. 74-75 [7]

8 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 88-89. [8]

9 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 89. [9]

10 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (1), l. 7. [10]

11 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (2), l. 88 [11]

12 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (1), l. 9. [12]

13 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 227 (1), l. 28. [13]

14 GARF, f. Р-3431, op. 1, d. 227 (3), l. 146. [14]

15 Vypiska iz protokola Sobornogo Soveta ot 29 oktjabrja 1917 g. za Nr. 23, in: GARF, f. R-3431, op.1, d. 230 (1), l. 10. [15]

16 GARF, f. R-3431, op. 1, d. 230 (1), l. 18. [16]

17 GARF, f. R-3431, op. 1, d. Nr. 230 (1), l. 6-8. [17]

18 Mit der Wiederherstellung des Patriarchats war der Umbau des gesamten Systems der Kirchenleitung keineswegs abgeschlossen. In den darauffolgenden Tagen verabschiedete das Konzil die Bestimmungen, wie "Über die Rechten und Pflichten des Heiligen Patriarchen", "Über den Heiligen Synod und den Obersten Kirchenrat", "Über die Geschäfte, die die Organe der Obersten Kirchenleitung zu führen haben" und rief gleichzeitig zwei Organe der kollegialen Kirchenleitung ins Leben, die die Geschäfte in der Zeit zwischen den Konzilen zu übernehmen hatten: Den Heiligen Synod und den Obersten Kirchenrat. [18]