Die Gründung des Kominforms. Resolution „Über Erfahrungsaustausch und Koordinierung der Tätigkeit der Parteien, die in der Tagung vertreten sind“
Nach der Auflösung der Komintern im Mai 1943 markierte die Gründung des Kominforms am 27. September 1947 einen weiteren Wendepunkt in der Geschichte der kommunistischen Weltbewegung. Das Bedürfnis, die Führung der kommunistischen Parteien Europas auf eine neue Grundlage zu stellen, ohne ihre formale Abhängigkeit vom Kreml wiederherzustellen, ergab sich aus der zunehmenden Verselbständigung dieser Parteien und der Eskalation des Kalten Krieges – der Verkündung des Marshall-Plans und der Weigerung der UdSSR und ihrer Verbündeten, sich daran zu beteiligen. Die eigentlichen Aufgaben des neuen Führungsorgans der kommunistischen Weltbewegung gingen über den „Erfahrungsaustausch“ und die „Koordinierung der Tätigkeit“ der beteiligten Parteien hinaus. Das Kominform sollte diese Parteien im gemeinsamen Kampf gegen die Westmächte und die USA um Moskau vereinen und den Emanzipationsbestrebungen eines Teils der europäischen Kommunisten entgegenwirken. In den folgenden Jahren behielt die Führung der VKP(b) ihre Schlüsselrolle in der kommunistischen Bewegung, während das Kominform zum politischen Deckmantel für die repressive Konsolidierung des kommunistischen Lagers wurde.
Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten sich sowohl die positiven als auch die negativen Folgen des taktischen Manövers, mit dem der Kreml 1943 die kommunistischen Parteien zu von der UdSSR „unabhängigen“ Subjekten gemacht hatte. Die Fixierung der Parteien auf die Lösung der inneren Probleme ihrer Länder führte vor allem in Frankreich und Italien zu einer Zunahme ihres politischen Einflusses. Die Führung der kommunistischen Parteien in Westeuropa und die Koordinierung ihrer Tätigkeit von Moskau aus erfolgte nicht mit der notwendigen Regelmäßigkeit und Konsequenz; viele Fragen mussten von den Kommunisten „vor Ort“ auf der Grundlage eigener Erfahrungen gelöst werden, die allerdings – wie man im Kreml meinte – unzureichend waren. Anders verhielt es sich mit den osteuropäischen Parteien, die ihre Arbeit in enger Zusammenarbeit mit den sowjetischen Beratern und dem CK der VKP(b) gestalteten. Dies ergab sich zwangsläufig aus der Tatsache, dass Osteuropa in den sowjetischen Einflussbereich geriet; aber auch die Kommunisten in diesen Ländern verfolgten eigene Interessen, die sich von denen des Zentrums in Moskau unterschieden. Daraus ergab sich für Stalin und die Moskauer Führung das Bedürfnis, die Führung der kommunistischen Parteien auf eine neue Grundlage zu stellen, ohne ihre formale Abhängigkeit vom Kreml wiederherzustellen.
Als neue Formen des „Erfahrungsaustausches“ und der „Koordinierung der Aktivitäten“ wurden zunächst regionale Tagungen der kommunistischen Parteien und die Herausgabe eines regelmäßigen theoretischen Presseorgans ins Auge gefasst. Doch während die Vorbereitungen für das erste Treffen der kommunistischen Parteien Europas anliefen, spitzte sich die internationale Lage zu, der Kalte Krieg wurde allmählich zur politischen Realität und daraus ergaben sich neue Aufgaben für die stalinsche Führung und ihre „Schüler“ in Europa.
Dabei musste Stalin sowohl außenpolitische Faktoren als auch die Besonderheiten der Tätigkeit der einzelnen kommunistischen Parteien und ihrer politischen Stellung berücksichtigen. Die Akzeptanz des „konstitutionellen“ Weges, auf dem die Kommunisten in Europa um die Macht kämpften, und die staatsrechtliche Unabhängigkeit der osteuropäischen Länder waren ursprünglich das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der UdSSR und den Westmächten. Im Laufe der Vorbereitungen für die Tagung wurde die Notwendigkeit, diesen Kompromiss mit den Westmächten aufrechtzuerhalten, immer geringer. Damit änderte sich auch die Haltung der sowjetischen Seite zum „parlamentarischen Friedensweg“, für den die italienischen, französischen, polnischen und tschechoslowakischen Kommunisten plädierten. Dies bestimmte sowohl die ursprüngliche Konzeption der Tagung als auch die Schwerpunkte, die der Vertreter des CK der VKP(b), Andrej Ždanov, in seiner Analyse der internationalen politischen Lage setzte.
Das Kominform entstand wenige Monate nach der Verkündung des Marshall-Plans und der Weigerung der UdSSR und ihrer Verbündeten, sich daran zu beteiligen, wodurch die Teilung Europas auf wirtschaftlichem Wege festgeschrieben wurde. Unter Historikern ist umstritten, ob der Marshall-Plan den Anstoß für die Einberufung des Treffens der kommunistischen Parteien in Szklarska Poręba (Polen) im September 1947 und die Gründung des Kominform gegeben hat. Diese Frage ist insofern relevant, als sie mit dem Problem der Teilung Europas in den Jahren 1947-1948 verbunden ist. M. Narinskij meint: „der Plan war eigentlich so konzipiert, dass die Teilnahme der Sowjetunion und der Länder Osteuropas äußerst problematisch erschien“. In Grunde genommen war die Teilnahme am Marshall-Plan von der Entscheidung des jeweiligen Teilnehmerstaates über seine politische Option – für die USA oder die UdSSR – abhängig. Dies wurde in Moskau als Versuch einer „Neuaufteilung“ der Einflusssphären verstanden und zwang die stalinsche Führung, den Druck auf die Länder Osteuropas zu erhöhen. Zu dieser Einsicht kamen Stalin und die Führungen in den osteuropäischen Satellitenstaaten jedoch erst im Juli 1947, als die sowjetische Führung schlussfolgerte, dass eine Beteiligung am wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas an der Seite der USA nicht vorteilhaft sei.
Die Tagung fand nach der Verkündung des Marshall-Plans statt, die Vorbereitungen hatten aber offenbar schon früher begonnen. So machte L. Gibianskij darauf aufmerksam, dass Stalin bereits am 4. Juni 1947 Władysław Gomułka vorschlug, die Einberufung der Tagung zu initiieren, während der Marshall-Plan erst am 5. Juni verkündet wurde. Die Gründung des Kominform war nicht nur das Ergebnis der wirtschaftlichen Teilung Europas, sondern auch der Verschärfung der internationalen Lage insgesamt und der Bemühungen Moskaus, in diesem Zusammenhang seinen Einflussbereich zu konsolidieren. Der Marshall-Plan, so A. Di Biagio, habe die Vorbereitungen zur Schaffung eines „Koordinationssystems“ der kommunistischen Parteien in Europa „dramatisch beschleunigt“. Unmittelbarer Anlass für die Einberufung der Tagung war das Ausscheiden der Kommunisten aus den Regierungen Italiens und Frankreichs im Mai desselben Jahres. Stalin beurteilte die politischen Fähigkeiten seiner Mitstreiter in diesen Ländern kritisch und hielt es für einen politischen Fehler, dass sie sich auf taktische Manöver im Parlament einließen und den Kontakt zu den radikalisierten Massen verloren. Ziel der Tagung war es, die europäischen kommunistischen Parteien wieder zu einer regelmäßigeren Abstimmung mit dem „Großen Bruder“ im Vorfeld wichtiger politischer Entscheidungen zu bewegen und die „sündigen“ westeuropäischen Kommunisten „in die Schranke zu weisen“.
Da Stalin Gomułka und die Führer der anderen kommunistischen Parteien nicht über die Pläne zur Gründung des Kominform informiert habe, habe er – so L. Gibianskij – „ein falsches Spiel gespielt“. Es ist jedoch möglich, dass Stalin im Juni 1947 noch keine klare Vorstellung von der zu gründenden Organisation hatte. Die politische Linie Stalins wurde aufgrund der sich ständig ändernden Umstände immer wieder neu formuliert, und die Tagesordnung des Treffens in Szklarska Poręba blieb noch vor Ort offen.
Stalins vorsichtiges Vorgehen war durch zwei Umstände bedingt: die Entwicklung der Beziehungen zwischen der UdSSR und ihren ehemaligen Verbündeten in der Anti-Hitler-Koalition und die unklare Situation in der Führung der kommunistischen Parteien. Offensichtlich gab es in Moskau Überlegungen, ob der Druck auf die kommunistische Bewegung nicht zu deren Spaltung führen könnte. Aus heutiger Sicht scheint klar, dass Stalin die Emanzipationsbestrebungen der französischen und italienischen Kommunisten überschätzte, während er umgekehrt das Streben der jugoslawischen Kommunisten nach regionaler Autonomie unterschätzte.
Die sowjetische Führung entschied sich bei der Planung des Treffens dafür, die Gegensätze zwischen den gemäßigten italienischen und französischen Kommunisten und den radikalen Jugoslawen gegeneinander auszuspielen. Ždanov sollte den Eindruck eines strengen, aber gerechten Richters im Konflikt zwischen Links und Rechts vermitteln.
Am 16. Juli 1947 verschickte Gomułka die offiziellen Einladungen an die Vertreter von acht Parteien – an die VKP(b), die KP Frankreichs, die KP Italiens, die KP Jugoslawiens, die KP der Tschechoslowakei, die KP Bulgariens, die KP Ungarns und die KP Rumäniens. Die Liste war zuvor mit Moskau abgestimmt worden; die kommunistischen Parteien Belgiens, Finnlands und Griechenlands waren aus der vorläufigen Liste gestrichen worden. Zusammen mit der Polnischen Arbeiterpartei (PPR) hatten die kommunistischen Parteien Osteuropas ein deutliches Übergewicht gegenüber den Vertretern Westeuropas. Dies zeigt, dass die Tagung von Beginn ihrer Vorbereitung an als „Disziplinargericht“ (A. Di Biagio) geplant war. Die Abwesenheit der Vertreter Griechenlands rief bei den jugoslawischen Vertretern Unzufriedenheit hervor. Diese Entscheidung wurde jedoch verständlich, wenn man bedenkt, dass Stalins Politik während des Bürgerkriegs in Griechenland darin bestand, auf eine demonstrative Unterstützung der Kommunisten zu verzichten. Sie war auch ein Signal an die Amerikaner, denn die Truman-Doktrin verstand sich als Antwort auf die kommunistische Expansion gegen Griechenland und die Türkei. Die Tagung sollte sich mit Fragen des Kampfes im Rahmen der Verfassung befassen. Es zeigte sich, dass das Streben nach einem solchen „friedlichen Weg“ der Politik nicht nur in Westeuropa geteilt wurde.
Die erste Tagung des Kominform fand vom 22. bis 28. September 1947 in Szklarska Poręba statt. Der „Gastgeber“ der Tagung, W. Gomułka, vertrat in seiner Rede die Linie der friedlichen Integration der nichtkommunistischen Kräfte (in erster Linie der Sozialisten) in das neue System, was einen längeren, einen evolutionären Weg zum Sozialismus voraussetzte. Statt einer radikalen Umgestaltung der Gesellschaft wurde somit die Konsolidierung des bestehenden Regimes im jeweiligen Staat als politisches Ziel der Kommunisten formuliert. Stalin zeigte sich mit dieser politischen Linie zufrieden, solange Osteuropa noch als „Pufferzone“ oder gar als „Brücke zum Westen“ angesehen wurde. Schließlich hatten die Führung der UdSSR und die kommunistischen Parteien „auf die internationale Lage Rücksicht zu nehmen“ und die „äußeren Anstandsregeln“ zu beachten. Von außen betrachtet erschien die Politik der Kommunisten oft als gemäßigt, was es selbst absolut loyalen Kommunisten wie Klement Gottwald erlaubte, zu behaupten: „Wir gehen unseren eigenen Weg zum Sozialismus“. Die osteuropäischen Kommunisten nutzten nicht nur die bestehenden politischen Strukturen, sondern erkannten auch die Notwendigkeit, diese zu erhalten. „Bei uns aber sind die legislativen und exekutiven Funktionen getrennt, und die Staatsmacht stützt sich auf die parlamentarische Demokratie“, beschrieb Gomułka stolz die Besonderheiten der „Volksdemokratie“. Gemeint war damit die formale Beibehaltung demokratischer Institutionen während des Übergangs zum kommunistischen Regime gemeint. Ihre Schwäche, die Gomułka nicht erkannte, lag jedoch in der völligen Abhängigkeit von der internationalen Lage. Dass diese sich inzwischen verändert hatte, konnte Gomułka aus der sowjetischen Reaktion auf den Marshall-Plan ableiten.
Die aktuelle Einschätzung der politischen Situation lieferte das Mitglied des Politbüros des CK der VKP(b) Andrej Ždanov in seinem Referat vom 25. September 1947. Dieses Referat wurde zum Schlüsselereignis der Tagung; es bestimmte ihren Verlauf und ihre Ergebnisse. Hier wurde das neue Szenario der Teilung der Welt in zwei Lager – ein „aggressives imperialistisches“ und ein „demokratisches antifaschistisches“ – vorgestellt und begründet. Der Verzicht auf Zugeständnisse an die ehemaligen Alliierten und der Verzicht auf die Idee der „Pufferstaaten“ wurden in dieser Rede ideologisch besiegelt. Nach einer Bemerkung von A. Čubar'jan zog Ždanov eine konsequente Linie vom Münchner Abkommen über die Verzögerungen bei der Eröffnung der Zweiten Front bis zum gegenwärtigen „Angriff des Imperialismus auf die demokratischen Kräfte“. Ždanovs Rhetorik, die die Stimmung Stalins widerspiegelte, stand in der Tradition der 1930er Jahre. Hatte man damals „Faschismus“ und „Krieg“ gleichgesetzt und bekämpft, so warf man nun einen „faschistischen Schatten“ auf die westlichen Staaten. Wenn der Westen ein Feind der Demokratie war, so folgte aus dieser Logik, dann machte es keinen Sinn, die Formen der „Volksdemokratie“ in Osteuropa nach westlichen Maßstäben zu definieren.
Ein „friedlicher“, „parlamentarischer“ Weg der Politik setzte auch die Einhaltung äußerer Anstandsformen im Wahlkampf voraus. Dies schloss natürlich verschiedene Machenschaften und Täuschungsmanöver nicht aus, wohl aber eine bewaffnete Machtübernahme. Formaler Parlamentarismus und ein Mehrparteiensystem können durchaus mit kommunistischer Herrschaft vereinbar sein. Dass kommunistische Regime auf verschiedenen Wegen errichtet werden sollten, war Stalin durchaus recht. Die kommunistischen Parteiführer erkannten jedoch nicht, dass die „nationalen Wege“ lediglich eine politische Taktik darstellten und im Vergleich zum eigentlichen Ziel zweitrangig waren. Aus ihrer Sicht besaßen sie einen Eigenwert. 1947 war die Begeisterung für den Parlamentarismus in den westeuropäischen Ländern am stärksten ausgeprägt, weshalb die KPs Italiens und Frankreichs auf der Tagung kritisiert wurden. Ihnen wurde eine Begeisterung für den „parlamentarischen, friedlichen Weg“ zum Sozialismus vorgeworfen, der sich unter den gegebenen Umständen nicht bewährt habe. Besonders entschieden und heftig wurde die sowjetische Kritik von den Vertretern Jugoslawiens, Milovan Djilas und Edvard Kardelj, unterstützt. Die Kritik kam unerwartet. Jacques Duclos und Luigi Longo sahen sich vor die Alternative gestellt, entweder die Beziehungen zu Moskau abzubrechen oder Reue zu zeigen. Angesichts der Gefahr, politisch völlig isoliert zu werden, zogen sie es vor, ihre Fehler einzugestehen. Für die Zukunft mussten die Kommunisten ihre „nationalen Experimente“ beenden und sich in einem harten und dramatischen Kampf gegen den aggressiven Drang der USA und ihrer westlichen Verbündeten um Moskau scharen. Es war an der Zeit, die „Uneinigkeit“ der kommunistischen Parteien unter den Bedingungen der „Verschärfung der internationalen Lage nach dem Krieg“ zu überwinden. Dazu war es notwendig, dass sie ihre politischen Entscheidungen ständig mit einem gemeinsamen Zentrum abstimmten. Der „Gastgeber“ Gomułka sprach sich gegen die Schaffung einer Koordinierungsstruktur der Kommunisten aus, die in der polnischen Gesellschaft den Protest gegen die Macht der „Marionetten Moskaus“ verstärken könnte. Ihm wurde jedoch erklärt, dass diese Struktur formell nur informativen Charakter haben würde.
Vor diesem politischen Hintergrund wurde am 27. September 1947 die Gründung des Informationsbüros der kommunistischen Parteien (Kominform) beschlossen. Es handelte sich um ein Gremium, das sich aus Vertretern der CK der beteiligten Parteien zusammensetzte und künftig deren Tätigkeit „koordinieren“ sollte. Wie die politische Praxis der folgenden Jahre jedoch zeigte, behielt die Führung der VKP(b) in Moskau ihre Schlüsselrolle in der kommunistischen Bewegung.
Gomułka sprach sich gegen eine Ansiedlung des Kominform in Polen aus, da dies zu Komplikationen in den Beziehungen seines Landes zu Westeuropa und den USA führen und auch den Plänen zur Integration der Sozialisten in die Polnische Arbeiterpartei schaden könnte. Schließlich erklärten sich die Vertreter Jugoslawiens bereit, die Strukturen des Kominform in Belgrad aufzunehmen. Die Wiederherstellung der „Fast-Komintern“ stand ihrer radikalen politischen Linie nicht im Wege. Doch auch auf dem Balkan zeigten sich bald tiefe Unterschiede zwischen den kommunistischen Parteien.
Von allen kommunistischen Parteien schienen die Vertreter Jugoslawiens die engsten Verbündeten der VKP(b) zu sein. Nichts deutete auf den bevorstehenden sowjetisch-jugoslawischen Konflikt hin. Stalin machte sogar Andeutungen, dass Iosip Broz Tito sein Nachfolger in der kommunistischen Weltbewegung werden könnte. Die scheinbare Eintracht durfte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Führer der VKP(b) und der KP Jugoslawiens jeweils unterschiedliche Generationen der kommunistischen Bewegung repräsentierten. Die jugoslawischen Kommunisten schienen so etwas wie Bolschewiki zu sein, die plötzlich ihre eigene Zukunft vor Augen hatten. Sie wunderten sich über einige politische Realitäten in der Nachkriegs-UdSSR, über die zu starke Abhängigkeit von den außenpolitischen Interessen Moskaus und über die europäische Variante der kommunistischen Machtergreifung, die nur mit ständiger Unterstützung der Sowjetunion möglich war. Nicht zufällig gab M. Djilas Rudolf Slánský den bolschewistischen Rat, „den Prager Kreml zu stürmen und Edvard Beneš zu verhaften“.
Dieser Rat und die Weigerung, ihm zu folgen, offenbarten eine wichtige Besonderheit des totalitären Systems in den Ländern, in denen es sich zwar unter dem Druck der UdSSR, aber auf „friedlichem Wege“ etablierte. Hier wurden die totalitären Institutionen in konstitutionelle Formen gekleidet und bestanden formal als Institutionen des parlamentarischen Mehrparteienstaates fort. In den meisten Ländern Osteuropas blieb das Mehrparteiensystem erhalten, was bedeutete, dass auch das Existenzrecht politischer Ideen, die eine Alternative zum Kommunismus darstellten, formal anerkannt wurde. Dennoch spielten die Institutionen des „Mehrparteien- und Koalitionssystems“ die Rolle totalitärer Institutionen, analog zu den gesellschaftlichen Organisationen in der Sowjetunion. Dies ermöglichte die Integration nichtkommunistischer Kräfte in die neue Elite der „Volksdemokratien“, die bei Loyalität gegenüber Moskau sogar einflussreicher werden konnten als die alten Kommunisten.
Anders verhielt es sich in den Ländern, die dem traditionellen „bolschewistischen“ Weg folgten, obwohl es auch hier Elemente der „Volksdemokratie“ in Form von kommunistischen Koalitionen und parlamentarischen Institutionen gab, die auch nach dem Sieg der kommunistischen Parteien fortbestanden. Diese Länder verfügten über eine größere politische Autonomie und übten sie auch aus. Tito beteiligte sich zwar am internationalen Spiel der UdSSR, erklärte aber gleichzeitig: „Wir werden keine Wechselmünzen sein, wir wollen nicht in die Politik der Interessensphären hineingezogen werden.“ Die jugoslawischen Kommunisten, die ihre Stärke spürten, forderten Autonomie, eine eigene Einflusssphäre innerhalb des kommunistischen Lagers auf dem Balkan. Die Ehrenrolle, die den Vertretern Jugoslawiens in Szklarska Poręba zuteil wurde, war ein weiterer Ansporn für ihren Kampf um Autonomie, um die Festigung des regionalen Systems auf dem Balkan, dem Jugoslawien, Bulgarien, Albanien und Griechenland angehören sollten. Als Stalin von Tito die gleiche Loyalität forderte, wie sie die italienischen und französischen Kommunisten gezeigt hatten, begann die jugoslawische Führung, ihr Recht auf Souveränität einzufordern. Infolgedessen wurde der Kampf gegen den „Titoismus“ zur Hauptaktivität der Kominform auf dem Höhepunkt ihrer Tätigkeit in den Jahren 1948-1949, was zu weitreichenden Repressionen in Osteuropa führte; schließlich geriet auch der formelle Initiator der Tagung vom September 1947, Gomułka (neben anderen Gründern des Kominform), in das Kreuzfeuer dieses Kampfes.
Das Kominform wurde zum politischen Deckmantel für die repressive Konsolidierung des kommunistischen Lagers und überlebte das Stalinsystem nicht. Seine Auflösung erfolgte kurz nach dem XX. Parteitag der KPSS 1956.
Text und Übersetzung: CC BY-SA 4.0
RESOLUTION „ÜBER ERFAHRUNGSAUSTAUSCH UND KOORDINIERUNG DER TÄTIGKEIT DER PARTEIEN, DIE IN DER TAGUNG VERTRETEN SIND“[ ]
Die Tagung stellt fest, daß das Fehlen der Verbindung zwischen den an der gegenwärtigen Tagung teilnehmenden kommunistischen Parteien unter dem jetzigen Zustand einen ernsten Nachteil darstellt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß ein derartiger Mangel an Verbindung unter den kommunistischen Parteien falsch und schädlich ist. Die Notwendigkeit eines Austausches der Erfahrungen und der freiwilligen Koordinierung der Handlungen der verschiedenen Parteien ist insbesondere jetzt dringend, wo die internationale Nachkriegslage schwierig geworden ist und das Fehlen einer Verbindung unter den kommunistischen Parteien für die Arbeiterklasse Schaden hervorrufen konnte.
Angesichts des Obigen kommen die Teilnehmer an der Tagung über folgendes überein:
l. Ein Informationsbüro wird errichtet, das aus Vertretern folgender Parteien besteht: der Kommunistischen Partei Jugoslawiens, der Bulgarischen Arbeiterpartei (Kommunisten), der Kommunistischen Partei Rumäniens, der Ungarischen Kommunistischen Partei, der Polnischen Arbeiterpartei, der Allunions-Kommunistischen Partei (Bolschewiki), der Kommunistischen Partei Frankreichs, der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei und der Kommunistischen Partei Italiens.
2. Das Informationsbüro soll mit der Aufgabe betraut werden, den Erfahrungsaustausch zu organisieren und – im Falle der Notwendigkeit – die Aktivität der kommunistischen Parteien als der Grundlage gegenseitigen Übereinkommens zu koordinieren.
3. Das Informationsbüro soll aus Vertretern der Zentralkomitees (zwei von jedem Zentralkomitee) bestehen. Die Delegationen der Zentralkomitees sollen durch die Zentralkomitees ernannt und ersetzt werden.
4. Das Informationsbüro soll sein gedrucktes Organ haben, das in französischer und russischer Sprache und – soweit als möglich – auch in anderen Sprachen 14tägig und später wöchentlich erscheinen soll.
5. Die Stadt Belgrad wird als Sitz des Informationsbüros bestimmt.
Rev. Übersetzung hier nach: Europa-Archiv, Oktober 1947, S. 936.
Grant M. Adibekov (Hrsg.), Soveščanija kominforma: 1947, 1948, 1949: dokumenty i materialy [Sitzungen des Kominform, 1947, 1948, 1949. Dokumente und Materialien]. ROSSPĖN, Moskva 1998.
Grant M. Adibekov, Das Kominform und Stalins Neuordnung Europas. P. Lang, Frankfurt a. M. 2002.
A. V. Borkov/A. JU Zaglumonin (Hrsg.), Sovetsko-jugoslavskij konflikt konca 40-ch godov. Materialy i dokumenty. Sbornik dokumentov [Der sowjetisch-jugoslawische Konflikt am Ende der 40er Jahre. Materialien und Dokumente. Dokumentensammlung]. Tipografija NNGU, Novgorod 1999.
Fernando Claudín, Die Krise der Kommunistischen Bewegung. Bd. 1: Die Krise der kommunistischen Internationale. Olle et Wolter, Berlin 1977.
Fernando Claudín, Die Krise der Kommunistischen Bewegung. Bd. 2: Der Stalinismus auf dem Gipfel seiner Macht. Olle et Wolter, Berlin 1978.
Vojtech Mastny, The Cold War and Soviet Insecurity: The Stalin Years. Oxford Univ. Press, New York 1996, Online.
Giuliano Procacci (Hrsg.), The Cominform: Minutes of the Three Conferences 1947, 1948, 1949 (=Annali / Fondazione Giangiacomo Feltrinelli 30). Fondazione Giangiacomo Feltrinelli, Milano 1994.
Hugh Thomas, Armed Truce: The Beginnings of the Cold War, 1945–46. Atheneum, New York 1987.
Heinz Timmermann, Das Kominform und seine Folgen in den sowjetischen Außenbeziehungen, eine historisch-politische Analyse. Berichte des BIOst, Nr. 5/10/1984, Bundesinst. f. Ostwissen. u. Internat. Studien, Köln 1984, Online.
T. V. Volokitina/G. P. Muraško u. a., Narodnaja demokratija: mif ili real’nost’? Obščestvenno-političeskie processy v Vostočnoj Evrope 1944–1948 [Volksdemokratie: Mythos oder Realität? Gesellschaftspolitische Prozesse in Osteuropa 1944–1948]. Nauka, Moskva 1993, Online.
Vladislav M. Zubok/Konstantin V. Plešakov, Der Kreml im Kalten Krieg: Von 1945 bis zur Kubakrise. Claassen, Hildesheim 1997.