Die Gründung des Kominforms: Resolution "Über Erfahrungsaustausch und Koordinierung der Tätigkeit der Parteien, die in der Tagung vertreten sind", 27. September 1947

Einführung

Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg lagen sowohl die positiven als auch die negativen Ergebnisse des taktischen Manövers auf der Hand, womit der Kreml 1943 die kommunistischen Parteien zu von der UdSSR "unabhängigen" Subjekten gemacht hatte. Die Festlegung der Parteien auf die Lösung von inneren Problemen ihrer Länder, führte insbesondere in Frankreich und Italien zum Anstieg ihres politischen Einflusses. Dabei wurde die Führung der kommunistischen Parteien in Westeuropa und die Koordination ihrer Tätigkeit, die von Moskau aus erfolgte, ohne die notwendige Regelmäßigkeit und Konsequenz gehandhabt, viele Fragen mußten die Kommunisten "vor Ort" gestützt auf die eigene Erfahrung lösen, die – wie man im Kreml allerdings meinte – unzureichend war. Anders verhielt es sich mit den osteuropäischen Parteien, die ihre Arbeit in einer engen Kooperation mit den sowjetischen Beratern und dem GlossarCK der VKP(b) gestalteten. Sie ergab sich zwangsläufig daraus, daß Osteuropa in den sowjetischen Einflußbereich fiel; dennoch verfolgten auch die Kommunisten dieser Länder ihre eigenen Interessen, die sich von denen des Zentrums in Moskau unterschieden. Daraus erwuchs für GlossarStalin und die Führung in Moskau das Bedürfnis, die Leitung der kommunistischen Parteien ohne die Wiederherstellung ihrer formalen Abhängigkeit vom Kreml auf neuer Grundlage zu organisieren.

Als neue Formen des "Erfahrungsaustauschs" und der " Tätigkeitskoordination" wurden zunächst regionale Tagungen der kommunistischen Parteien und die Herausgabe eines regulären theoretischen Presseorgans in Erwägung gezogen. Doch während die Vorbereitungen zur ersten Tagung der kommunistischen Parteien in Europa anliefen, spitze sich die internationale Lage zu, der Kalte Krieg wurde allmählich zur politischen Realität, woraus für die stalinsche Führung und ihre "Schüler" in Europa neue Aufgaben erwuchsen.

Dabei hatte Stalin sowohl den außenpolitischen Faktoren als auch den Besonderheiten, die für die Tätigkeit der einzelnen kommunistischen Parteien und ihre politische Position charakteristisch waren, Rechnung zu tragen. Die Akzeptanz des "konstitutionellen" Weges, auf dem die Kommunisten in Europa ihren Machtkampf austrugen, und die staatsrechtliche Unabhängigkeit der osteuropäischen Länder waren ursprünglich das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der UdSSR und den Westmächten. Zu dem Zeitpunkt, als die Tagung vorbereitet wurde, wurde das Bedürfnis, am Kompromiß mit den Westmächten festzuhalten, allmählich geringer. Als Folge hat sich auch die Haltung der sowjetischen Seite zum "parlamentarischen Friedensweg" verändert, für den italienische, französische, polnische und tschechoslowakische Kommunisten plädierten. Dies bestimmte sowohl die ursprüngliche Konzeption der Tagung als auch die Schwerpunkte, die der Vertreter des CK der VKP(b) GlossarAndrej Ždanov in seiner Analyse der internationalen politischen Lage setzte.

Das GlossarKominform entstand einige Monate nach der Verkündung des Marshall-Plans, der die Teilung Europas auf wirtschaftlichem Wege festschrieb. Die Historiker streiten derzeit darüber, ob der Marshall-Plan den Anstoß für die Einberufung der Tagung der kommunistischen Parteien in Szklarska Poręba (Polen) im September 1947 und die dabei erfolgte Gründung des Kominforms gab. Diese Frage besitzt insofern Relevanz, als sie mit dem Problem der 1947-1948 erfolgten Teilung Europas zusammenhängt. M. Narinskij meint, "der Plan war eigentlich so konzipiert, daß die Teilnahme der Sowjetunion und der Länder Osteuropas äußerst problematisch zu sein schien". In Grunde genommen hatte die Teilnahme am Marshall-Plan die Entscheidung des jeweiligen Teilnehmerstaates über seine politische Option – für die USA oder für die UdSSR – zur Voraussetzung, was in Moskau als ein Versuch aufgefaßt wurde, die Einflußbereiche "umzuverteilen" und die stalinische Führung dazu zwang, ihren Druck auf die Länder Osteuropas zu erhöhen. Doch zu dieser Einsicht kamen Stalin wie die Führungen in den osteuropäischen Satellitenstaaten erst im Juli 1947, nachdem sie endgültig Klarheit über die Bedingungen der Amerikaner gewonnen hatten.

Die Tagung folgte zeitlich auf die Verkündung des Marshall-Plans; allem Anschein nach setzten die entsprechenden Vorbereitungen aber bereits früher ein. So machte L. Gibianskij auf den Umstand aufmerksam, daß Stalin schon am 4. Juni 1947 GlossarWładysław Gomułka gegenüber den Vorschlag machte, dieser solle die Einberufung der Tagung initiieren, während der Marshall-Plan erst am 5. Juni bekannt gegeben wurde. Mißt man diesem Aufeinandertreffen der Daten eine Schlüsselbedeutung zu, so fällt es schwer, die Einberufung der Tagung als Reaktion auf die Politik des Westens zu interpretieren. Die Situation, wie sie zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorlag, war komplizierter. Mit der Entscheidung, die Tagung in Szklarska Poręba einzuberufen, reagierte die stalinsche Führung offensichtlich nicht nur auf die Wirtschaftpläne der USA, sondern auch auf die weitere "Abkühlung" der internationalen Lage, wie sie mit der Verkündung der Truman-Doktrin am 12. März 1947 einherging. Die Verkündung des Marshall-Plans steigerte jedoch das Bedürfnis, die politischen Schritte der kommunistischen Parteien aufeinander abzustimmen. Der Marshall-Plan, so A. Di Biagio "beschleunigte" die Vorbereitungen zur Gründung eines "Koordinationssystem" der kommunistischen Parteien in Europa "auf dramatische Weise". Den unmittelbaren Anlaß für die Einberufung der Tagung gab dabei das Ausscheiden der Kommunisten aus den Regierungen Italiens und Frankreichs im Mai des gleichen Jahres. Stalin schätze die politischen Fähigkeiten seiner Mitstreiter in diesen Ländern kritisch ein und war der Ansicht, daß sie einen politischen Fehler begingen, als sie sich auf taktische Manöver im Parlament einließen und den Draht zu den radikalisierten Massen verloren. In Anbetracht dessen hatte die Tagung das Ziel, alle kommunistischen Parteien in Ost und West von der Notwendigkeit der Vorberatungen mit dem "Großen Bruder" im Vorfeld wichtiger politischer Entscheidungen zu überzeugen, und die "sündigen" westeuropäischen Kommunisten "zurechtzuweisen".

Da Stalin Gomułka und die Führer anderer kommunistischen Parteien über die Pläne zur Gründung des Kominforms nicht in Kenntnis setzte, habe er – so meint L. Gibianskij – "ein falsches Spiel getrieben". Gibt es aber unbestreitbare Beweise dafür, daß Stalin sich bereits im Juni 1947 in den genauen Zielen der Tagung und den Formen, die die Kooperation annehmen sollte, festlegte? Oder hing seine Entscheidung von den Umständen ab? Stalins politische Linie wurde mit den sich permanent wandelnden Umständen wiederholt neu formuliert, und die Tagungsordnung des Treffens in Szklarska Poręba blieb noch während seines Ablaufes offen.

Die vorsichtige Vorgehensweise Stalins war durch zwei Umstände hervorgerufen: durch die Entwicklung der Beziehungen zwischen der UdSSR und ihren ehemaligen Verbündeten in der GlossarAnti-Hitler-Koalition und durch die unklare Situation in der Führung der kommunistischen Parteien. Offensichtlich überlegte man sich in Moskau, ob nicht der Druck, der auf die kommunistische Bewegung ausgeübt wurde, zu ihrer Spaltung führen könnte. Aus der heutigen Perspektive scheint es klar zu sein, daß Stalin die Emanzipationsbestrebungen der französischen und italienischen Kommunisten überbewertete, während er umgekehrt das Streben der jugoslawischen Kommunisten nach regionaler Autonomie unterbewertete.

Während der Konzipierung der Tagung verzichtete die sowjetische Führung auf den Plan, ihre Kollegen aus anderen kommunistischen Parteien gleichzeitig "an zwei Fronten" anzugreifen, die Italiener und Franzosen für ihre "rechte Abweichung", die Jugoslawen für ihre "linke Abweichung" der Kritik auszusetzen. Es wurde im Gegenteil beschlossen, die Radikalität der Jugoslawen für einen Angriff auf die westeuropäischen Kommunisten zu nutzen; dies gestattete Ždanov, den Eindruck zu vermitteln, ein strenger, jedoch gerechter Richter im Konflikt der Linken und Rechten zu sein.

Am 16. Juli 1947 verschickte Gomułka die offiziellen Einladungen an die Vertreter von acht Parteien – an die VKP(b), die KP Frankreichs, die KP Italiens, die KP Jugoslawiens, die KP der Tschechoslowakei, die KP Bulgariens, die KP Ungarns und die KP Rumäniens. Die Liste war im voraus mit Moskau abgestimmt; aus der vorläufigen Liste wurden die kommunistischen Parteien Belgiens, Finnlands und Griechenlands gestrichen. Rechnet man noch die Polnische Arbeiterpartei (PPR) dazu, so war den kommunistischen Parteien Osteuropas in der Tagung ein deutliches Übergewicht gegenüber den Vertretern von Westeuropa gesichert. Dies zeigt, daß die Tagung bereits in der Anfangsphase ihrer Vorbereitung auch als "Disziplinargericht" (A. Di Biagio) geplant war. Die Abwesenheit der Vertreter Griechenlands rief die Unzufriedenheit der jugoslawischen Vertreter hervor. Doch diese Entscheidung wurde verständlich, zog man in Betracht, daß Stalins Politik während des Bürgerkrieges in Griechenland im Verzicht auf eine demonstrative Unterstützung der Kommunisten bestand. Sie war zugleich ein Signal für die Amerikaner, da sich die Truman-Doktrin als Antwort auf die kommunistische Expansion gegen Griechenland und die Türkei verstand. Die Tagung sollte sich mit Fragen des Kampfes im Rahmen der Verfassung auseinandersetzen. Wie es sich herausstelle, wurde das Streben nach einem solchen "friedlichen Weg" der Politik nicht nur in Westeuropa geteilt.

Die erste Tagung des Kominforms fand in Szklarska Poręba vom 22. bis 28. September 1947 statt. In seiner Rede verteidigte der "Gastgeber" der Tagung W. Gomułka die Linie der friedlichen Integration der nichtkommunistischen Kräfte (in erster Linie der Sozialisten) in das neue System, was einen längeren, einen evolutionären Weg zum Sozialismus voraussetzte. Somit wurde statt der radikalen Umgestaltung der Gesellschaft die Festigung des Regimes, das im jeweiligen Staat bestand, als politisches Ziel der Kommunisten formuliert. Stalin zeigte sich mit dieser politischen Linie zufrieden, solange noch Osteuropa als "Pufferzone" oder gar als eine "Brücke zum Westen" gesehen wurde. Schließlich hatten die Führung der UdSSR und die kommunistischen Parteien "auf die internationale Lage Rücksicht zu nehmen" und die "äußeren Anstandsregeln" einzuhalten. Von außen betrachtet wirkte die Politik der Kommunisten oft als gemäßigt, was sogar absolut loyalen Kommunisten wie GlossarKlement Gottwald gestattete, zu behaupten, daß "wir unseren eigenen Weg zum Sozialismus gehen". Die Kommunisten benutzten nicht nur die bestehenden politischen Strukturen, sie erkannten auch die Notwendigkeit ihrer Aufrechterhaltung an. "Bei uns aber sind die legislativen und exekutiven Funktionen getrennt, und die Staatsmacht stützt sich auf die parlamentarische Demokratie", erklärte Gomułka mit Stolz, als er die Besonderheiten der Glossar"Volksdemokratie" schilderte. Diese Haltung sah die formale Aufrecherhaltung der demokratischen Institutionen während des Übergangs zum kommunistischen Regime vor. Ihre Schwäche, die Gomułka nicht merkte, bestand allerdings darin, daß sie ganz und gar von der internationalen Lage abhing. Daß diese sich inzwischen verändert hatte, konnte Gomułka aus der sowjetischen Reaktion auf den Marshall-Plan erschließen.

Die aktuelle Einschätzung der politischen Situation lieferte das Mitglied des GlossarPolitbüros des CK der VKP(b) Andrej Ždanov in seinem Referat vom 25. September 1947. Dieses Referat wurde zum Schlüsselereignis der Tagung; es bestimmte ihren Verlauf und Ergebnisse. Hier wurde das neue Szenarium der Teilung der Welt in zwei Lager – in ein "aggressives imperialistisches" und ein "demokratisches antifaschistisches" vorgestellt und begründet. Somit wurde die Abkehr von Zugeständnissen an die früheren Verbündeten und der Verzicht auf die Idee der "Pufferstaaten" ideologisch besiegelt. Nach einer Bemerkung A. Čubar'jans zog Ždanov dabei eine konsequente Linie vom GlossarMünchner Abkommen über die Verzögerungen mit der Eröffnung der Zweiten Front bis zum gegenwärtigen "Angriff des Imperialismus gegen die demokratischen Kräfte". Somit wurde auch Ždanovs Rhetorik von der Tradition der 1930er Jahre beeinflußt. Erfolgte damals die Gleichsetzung zwischen "Faschismus" und "Krieg", die beide bekämpft wurden, so wurde jetzt ein "faschistischer Schatten" auf die westlichen Staaten geworfen. Wenn der Westen ein Feind der Demokratie war, so ergab sich aus dieser Logik, dann machte es keinen Sinn, die Formen der "Volksdemokratie" in Osteuropa nach seinen Maßstäben zu definieren.

Ein "friedlicher", "parlamentarischer" Weg der Politik setzte auch die Einhaltung äußerer Anstandsformen bei den Wahlkampagnen voraus. Dies schloß natürlich verschiedene Machenschaften und Täuschungsmanöver nicht aus, wohl aber eine bewaffnete Machtübernahme. Formaler Parlamentarismus und Mehrparteinsystem können sich mit Totalitarismus durchaus vertragen. Daß die kommunistischen Regime auf unterschiedlichen Wegen geschaffen werden sollten, stellte Stalin durchaus zufrieden. Doch die Führer der kommunistischen Parteien begriffen nicht, daß die "nationalen Wege" lediglich eine politische Taktik darstellten und im Vergleich zum eigentlichen Ziel sekundären Charakter trugen. Aus ihrer Sicht besaßen sie einen Eigenwert. 1947 war die Begeisterung für den Parlamentarismus am deutlichsten in den Ländern Westeuropas zu spüren, weshalb die KPs Italiens und Frankreichs während der Tagung der Kritik ausgesetzt waren. Ihnen wurde Begeisterung für den "parlamentarischen, friedlichen Weg" zum Sozialismus unterstellt, der sich unter den gegebenen Umständen nicht bewährt hatte. Die sowjetische Kritik wurde besonders entschieden und heftig von den Vertretern Jugoslawiens GlossarMilovan Djilas und GlossarEdvard Kardelj unterstützt. Die Kritik kam unerwartet. GlossarJacques Duclos und GlossarLuigi Longo standen vor der Alternative – entweder die Beziehungen zu Moskau abzubrechen oder Reue zu zeigen. In Anbetracht der Gefahr, politisch völlig isoliert zu sein, zogen sie es vor, ihre Fehler zu gestehen. In der Zukunft hatten die Kommunisten ihre "nationalen Experimente" einzustellen und sich um Moskau zu sammeln, im "schweren" und "dramatischen" Kampf gegen den "aggressiven Drang" der USA und ihrer westlichen Verbündete. Es war an der Zeit, mit der "Isoliertheit" der kommunistischen Parteien unter den Bedingungen einer "Verschärfung der internationalen Lage nach dem Krieg" aufzuräumen. Dafür war notwendig, daß sie ihre politischen Entscheidungen mit einem gemeinsamen Zentrum ständig abstimmten.

Diese politischen Umstände diktierten den Beschluß zur Gründung des Informationsbüros der kommunistischen Parteien (Kominform), der am 27. September 1947 verabschiedet wurde. Dabei handelte es sich um ein Gremium, das sich aus Vertretern der CKs der Teilnehmerparteien zusammensetzte und ihre Tätigkeit in Zukunft zu "koordinieren" hatte. Wie die politische Praxis der folgenden Jahre allerdings zeigte, behielt die Führung der VKP(b) in Moskau weiterhin ihre Schlüsselrolle in der kommunistischen Bewegung.

Nichtsdestoweniger war ein Teil der kommunistischen Parteielite in Osteuropa nicht bereit, seine "nationalen" Interessen in der einheitlichen Linie des "volksdemokratischen Lagers" aufgehen zu lassen. So wandte sich Gomułka gegen die Unterbringung des Kominforms in Polen, da es zu Komplikationen in den Beziehungen seines Landes zu Westeuropa und den USA führen und außerdem den Plänen für eine Integration der Sozialisten in die Polnische Arbeiterpartei schaden könnte. Schließlich zeigten sich die Vertreter Jugoslawiens einverstanden, daß die Strukturen des Kominforms in Belgrad angesiedelt werden sollten. Die Wiederherstellung der "Fast- GlossarKomintern" stand ihrer radikalen politischen Linie nicht im Wege.

Diese Kollision zwischen den Interessen des Moskauer "Zentrums" und der Führung der nationalen kommunistischen Parteien war jedoch nur das erste Zeichen dafür, daß zwischen diesen Parteien sowie zwischen dem Entwicklungsniveau ihrer Länder tiefe Differenzen bestanden.

Unter allen kommunistischen Parteien schienen die Vertreter Jugoslawiens die engsten Verbündeten der VKP(b) zu sein. Nichts deutete auf den baldigen sowjetisch-jugoslawischen Konflikt hin. Stalin machte sogar Andeutungen, daß GlossarIosip Broz Tito derjenige sei, der sein Nachfolger in der kommunistischen Weltbewegung werden könnte. Doch die scheinbare Eintracht durfte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Führer der VKP(b) und der KP Jugoslawiens jeweils unterschiedliche Generationen der kommunistischen Bewegung vertraten. Die jugoslawischen Kommunisten schienen so etwas wie GlossarBolschewiki zu sein, die plötzlich ihre eigene Zukunft vor Augen hatten. Sie wurden stutzig über einige politische Realitäten in der UdSSR der Nachkriegszeit, über die zu starke Abhängigkeit von den geopolitischen Interessen Moskaus und die europäische Variante der Machtübernahme durch die Kommunisten, die nur bei ständiger Unterstützung seitens der Sowjetunion möglich war. Nicht zufällig gab M. Djilas GlossarRudolf Slánský den bolschewistischen Ratschlag, "den Prager Kreml zu stürmen und GlossarEdvard Beneš unter Arrest zu nehmen".

Dieser Ratschlag sowie auch die Weigerung, ihm zu folgen, offenbarte eine wichtige Besonderheit des totalitären Systems in den Ländern, wo es sich zwar unter dem Druck der UdSSR, jedoch auf einem "friedlichem Wege" etablierte. Die totalitären Institutionen waren hier in konstitutionelle Formen gekleidet und bestanden formell als Institutionen des parlamentarischen Mehrparteienstaates fort. In den meisten Ländern Osteuropas blieb das Mehrparteiensystem erhalten, was soviel zu bedeuten hatte, daß auch das Existenzrecht der politischen Ideen, die eine Alternative zum Kommunismus bildeten, formal anerkannt wurde. Dennoch spielten die Institutionen des "Mehrparteien- und Koalitionssystems" die Rolle von totalitären Institutionen, analog zu den gesellschaftlichen Organisationen in der Sowjetunion.

Anders standen die Dinge in den Ländern, die den traditionellen "bolschewistischen" Weg einschlugen, obwohl auch hier Elemente der "Volksdemokratie" in Form von kommunistischen Koalitionen und parlamentarischen Institutionen, die nach dem Sieg der kommunistischen Parteien fortbestanden, vorhanden waren. Diese Länder verfügten über eine größere Autonomie in ihrer Politik und nahmen dies auch zur Kenntnis. Obwohl er am geopolitischen Spiel der UdSSR teilnahm, erklärte Tito gleichzeitig: "Wir werden keine Wechselmünzen sein, wir wollen nicht, daß man uns in die Politik der Interessensphären einbezieht." Da die jugoslawischen Kommunisten ihre Stärke spürten, erhoben sie Anspruch auf Autonomie, auf einen eigenen Zuständigkeitsbereich innerhalb des kommunistischen Lagers auf dem Balkan. Die Ehrenrolle, die den Vertretern Jugoslawiens in Szklarska Poręba zugewiesen wurde, wurde zum weiteren Ansporn für ihren Kampf um Autonomie, für die Festigung des regionalen Systems auf dem Balkan, dem Jugoslawien, Bulgarien, Albanien und Griechenland hätten beitreten sollen. Als Stalin von Tito die gleiche Loyalität verlangte, zu der sich die italienischen und französischen Kommunisten bereit erklärten, begann die jugoslawische Führung ihr Recht auf Souveränität einzufordern. Als Folge dessen wurde der Kampf gegen den Glossar"Titoismus" zur Haupttätigkeit des Kominforms auf dem Höhepunkt seiner Aktivität in den Jahren 1948-1949. Er zog umfangreiche Repressionen in Osteuropa nach sich; schließlich geriet auch der formelle Initiator der Tagung vom September 1947 Gomułka (neben weiteren Gründern des Kominforms) in das Kreuzfeuer dieses Kampfes.

Das Kominform wurde zur politischen Tarnung für die repressive Konsolidierung des kommunistischen Lagers und überlebte das Stalinsystem nicht. Seine Auflösung folgte bald nach dem XX. Parteitag der KPSS 1956.

Aleksandr Šubin

(Übersetzung aus dem Russ. von L. Antipow)