Ernst Nolte, "Vergangenheit, die nicht vergehen will" [Historikerstreit], 6. Juni 1986

Zusammenfassung

Der sogenannte "Historikerstreit" von 1986/87 war "die letzte große intellektuelle Auseinandersetzung in der alten Bundesrepublik" (U. Herbert), die entlang traditioneller Rechts-Links-Schemata ausgefochten wurde. Entgegen ihrer irreführenden Bezeichnung war die Kontroverse nicht in erster Linie von fachlichen Gegensätzen geprägt, sondern von einem erbitterten Kampf um die diskursive Deutungshoheit über die Geschichte des Nationalsozialismus, die öffentliche Erinnerung und die nationale Identität der Deutschen. Hintergrund der Konfrontation waren geschichtspolitische Bestrebungen der CDU-geführten Bundesregierung, die das Rückgrat einer anvisierten "geistig-moralischen Wende" nach Ende des sozial-liberalen Jahrzehnts der 1970er Jahre darstellen sollten. Als unmittelbarer Auslöser des Konflikts gilt jedoch ein Essay des Historikers Ernst Nolte, in dem ein Kausalzusammenhang zwischen dem "Archipel GULag" und der Shoa postuliert wurde. Seine Argumentation erschien zahlreichen Kritikern als apologetische Relativierung des Genozids an den europäischen Juden und trat eine Welle von Diskussionsbeiträgen los, die über zwei Jahre nicht abebben sollte.