Dekret über die Nationalisierung der Banken: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 30. Juli 2024, 15:42 Uhr

Mit dem Dekret wurde das Bankwesen zum Staatsmonopol erklärt, alle bestehenden Privatbanken des ehemaligen Russischen Reiches in einer Staatsbank zusammengefasst und deren Leitung einem Staatsbankrat übertragen. Angesichts des wirtschaftlichen Chaos, der Kapitalflucht aus Russland und wachsender Versorgungsschwierigkeiten sollte mit dieser Maßnahme dem Kapitalismus die finanzielle Grundlage entzogen, die wirtschaftliche und politische Macht der Bourgeoisie gebrochen und die finanzielle Basis der Innen- und Außenpolitik der Sowjetregierung gestärkt werden. Aus bolschewistischer Sicht entsprach die Verstaatlichung des Bankwesens den prinzipiellen Erfordernissen einer sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die die private Marktwirtschaft ablösen sollte. Die Nationalisierung der Banken führte jedoch zu einer Hyperinflation, die den allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang und die Verschärfung der sozialen Probleme im Land verstärkte und in den „Kriegskommunismus“ mündete, ein Wirtschaftssystem, das die „Ware-Geld-Beziehungen“ völlig aufgab und auf die staatlich organisierte, geldlose Verteilung und Rationierung von Gütern setzte.
Zu den strategischen Zielen der Bolschewiki gehörte der rasche Übergang zu staatlich-kooperativen Formen des Warenaustauschs und der planmäßigen Güterverteilung. Die neuen Beziehungen sollten das kapitalistische Finanzsystem ablösen, was jedoch Zeit brauchte. Die neue Form des Warenaustauschs sollte durch ein hochkomplexes System von Produktions- und Verbraucherbeziehungen gewährleistet werden, das noch nicht geschaffen war, und die Bolschewiki waren nach ihrer Machtübernahme noch für mehrere Monate auf das alte Bankensystem angewiesen.
Obwohl die Hauptverwaltung der Staatsbank bereits während des Oktoberumsturzes von einer Einheit unter der Führung des VRK-Mitglieds V. Menžinskij besetzt worden war, bedeutete dies noch nicht, dass die Bolschewiki die Kontrolle über das Finanzwesen des russischen Staates übernommen hatten. Am 30. Oktober (12. November) 1917 erließ der Rat der Volkskommissare (SNK) ein Dekret, das die Tätigkeit der alten Banken wieder erlaubte. Dies geschah jedoch unter der Bedingung, dass alle von ihnen ausgeführten Geldzahlungen von den Fabrik- und Betriebskomitees genehmigt werden mussten. Die Mehrheit der Bankangestellten weigerte sich jedoch, den Rat der Volkskommissare anzuerkennen, zur Arbeit zu erscheinen oder Geldzahlungen an die „Machtusurpatoren“ zu leisten.
Für diesen Fall sah das Dekret Gefängnisstrafen vor. Nachdem Menžinskij (der inzwischen zum stellvertretenden Volkskommissar für Finanzen ernannt worden war) mit seinen Versuchen, die Bankangestellten zu überzeugen, gescheitert war, verhaftete er den Direktor der Staatsbank Šipov. Am 8. (21.) November fasste das VCIK auf der Grundlage des Berichts von Menžinskij den Beschluss „Über die Sabotage“. Er ordnete die Entlassung von Bankangestellten, die die Sowjetmacht nicht anerkannten, Anspruch auf Rente an, woraufhin die Mehrheit der Fachkräfte die Bank verließ. Erst am 17. (30.) November konnte der Streik der Staatsbankangestellten gebrochen werden.
Dennoch blieb die Lage im Bankensektor schwierig. Zwar hatte der Staat formell die Kontrolle über das private Bankwesen übernommen, aber das Kapital floss weiterhin ab. Aufgrund dieser Erfahrung wurden bereits am 25. November (8. Dezember) 1917 die Adelsbank und die Bauernbank verstaatlicht.
Doch die partiellen Maßnahmen halfen nicht, und die Kommunisten bereiteten sich darauf vor, das gesamte Bankensystem zu reorganisieren.
Lenin hielt die Zeit für gekommen, um dem alten Wirtschaftssystem ein Ende zu setzen und die Finanzkraft der Bourgeoisie auf „Null zu reduzieren“. Er bereitete den Entwurf des Dekrets „Über die Nationalisierung der Banken und die dafür erforderlichen Maßnahmen“ vor. Darin begründete Lenin die Nationalisierung der Banken mit der Hungersnot und dem allgemeinen Niedergang des Landes. Beides führte er auf die „Sabotage“ der Bourgeoisie und der zarischen Bürokratie zurück. Aus Lenins Sicht sollte die Nationalisierung die Voraussetzungen für ein funktionierendes Wirtschaftsleben und den Übergang zu einer sozialistischen Wirtschaftsweise schaffen. Konkret bedeutete dies, dass die Marktwirtschaft durch ein neues Verteilungssystem ersetzt werden sollte, in dem Banknoten als eine Art „Verbraucherkupons“ nur eine Hilfsfunktion hatten.
Vom Bankwesen selbst war im Dekretentwurf kaum die Rede. Stattdessen sprach Lenin von der Nationalisierung des gesamten Aktienkapitals und plädierte dafür, die bisherigen Aktienbesitzer als Staatsangestellte zu beschäftigen. Gleichzeitig schlug er vor, alle Staatsanleihen zu annullieren, die allgemeine Arbeitspflicht einzuführen und die gesamte Bevölkerung in Konsumgenossenschaften zu erfassen. Diese Maßnahmen sollten das neue System des geldlosen Warenaustauschs mit Leben erfüllen. Es sah vor, dass jeder berufstätige Bürger für seine Arbeitsleistung mit Lebensmitteln entlohnt werden sollte, die er über eine Konsumgenossenschaft erhielt. Die „Angehörige der besitzenden Klassen“ sollten als Angestellte ihrem Beruf nachgehen, ihre Ersparnisse auf der Staatsbank belassen, und ihre Konsumausgaben mit einem kleinen Geldbetrag begleichen. Dieser sollte vom Staat zur Verfügung gestellt werden und bis zu 125 Rubel pro Woche betragen. Wer dieses Gesetz „sabotiere“, werde verhaftet und entweder an die Front geschickt oder zur Zwangsarbeit verpflichtet. Über die Durchführung sollten die Gewerkschaften streng wachen. Die allgemeine Leitung des neuen Wirtschaftssystems sollte in den Händen der Sowjets liegen, die dem Obersten Volkswirtschaftsrat (VSNCh) unterstanden.
Nach der Diskussion des Entwurfs im VSNCh wurden alle Passagen gestrichen, die nicht das Banksystem betrafen. (Lenins ursprünglicher Plan wurde erst später umgesetzt, seine Bestimmungen wurden in weiteren Dekreten der Sowjetmacht konkretisiert).
Am 14. Dezember 1917 wurden alle Kreditinstitute in Petrograd von der Roten Garde übernommen. Anschließend wurde der Entwurf dem VCIK vorgelegt. Die Vertreter der Menschewiki lehnten diese Maßnahmen entschieden ab. Sie warnten vor dem Zusammenbruch des Bank- und Währungssystems, vor der Verschlechterung des Lebensstandards der Arbeiter, Angestellten und Kleineigentümer. Diese würden ihre Ersparnisse verlieren, der Warenaustausch zusammenbrechen, und die Bevölkerung in den Städten ohne Lebensmittel bleiben. Diese Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Dennoch folgte die Mehrheit der VCIK-Mitglieder den Bolschewiki und den Linken Sozialrevolutionären.
Unter Berufung auf das Dekret wurde die Volksbank gegründet, in der alle Banken des Landes zusammengeschlossen waren, und Georgij Pjatakov zu ihrem Leiter ernannt. Das Dekret trug wesentlich dazu bei, dass das System der Marktwirtschaft trockengelegt wurde. Allerdings fiel es den Bolschewiki fiel leichter, Altes zu zerstören, als Neues aufzubauen. Der Rubel verlor rapide an Wert. War am 1. (14.) Januar 1917 ein Goldrubel 3 Papierrubel wert, so betrug das entsprechende Verhältnis am 1. (14.) Januar 1918 bereits 1:20. Und das war erst der Anfang. Im Grunde befand sich das Währungssystem bereits in Auflösung. Um 1922 kostete ein zarischer Goldrubel bereits 288 000 sowjetische Geldscheine. Doch zeigte die sowjetische Führung bis zu Beginn der Neuen Ökonomischen Politik (NĖP) kein Interesse an einer Normalisierung des Geldumlaufs.
Text und Übersetzung: CC BY-SA 4.0
Dekret über die Nationalisierung der Banken, 14. (27.) Dezember 1917[ ]
Mit dem Ziel einer richtigen Organisierung der Volkswirtschaft, im Interesse einer entschlossenen Beseitigung der Bankspekulation und einer völligen Befreiung der Arbeiter, der Bauern und der ganzen werktätigen Bevölkerung von der Ausbeutung durch das Bankkapital und mit Ziel der Schaffung einer einzigen Volksbank für die Rußländische Republik, einer Bank, die wirklich den Interessen des Volkes und der ärmsten Klassen dient, verordnet das Zentrale Exekutivkomitee:
1. Das Bankwesen wird zum Staatsmonopol erklärt.
2. Alle existierenden privaten Aktienbanken und Bankkontore werden mit der Staatsbank vereinigt.
3. Die Aktiva und Passiva der zu liquidierenden Unternehmen werden von der Staatsbank übernommen.
4. Das Verfahren der Vereinigung der Privatbanken und der Staatsbank wird durch ein besonderes Dekret geregelt.
5. Die provisorische Verwaltung der Geschäfte der Privatbanken wird dem Rat der Staatsbank übergeben.
6. Die Interessen der kleinen Sparkunden werden vollständig sichergestellt.
Rev. Übersetzung hier nach: Altrichter, H., Haumann, H. (Hrsg.), Die Sowjetunion. Von der Oktoberrevolution bis zu Stalins Tod, Bd. 2: Wirtschaft und Gesellschaft, München 1987, S. 43.
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RGASPI, f. 2, op. 1, d. 4968; RGASPI, f. 2, оp. 1, d. 4969, ll. 13-14; RGASPI, f. 2, op. 1, d. 4969, ll. 1-12, 15. Entwurf. Manuskript V.I. Lenins. Gemeinfrei (amtliches Werk).
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