Die Beneš-Dekrete

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Die Beneš-DekreteДекреты Бенеша
19. Mai 1945
май 19, 1945
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143 Verordnungen mit Gesetzescharakter erließ der tschechoslowakische Staatspräsident Edvard Beneš zunächst ab 1940 im Londoner Exil, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dann in Prag bis zum Zusammentritt der provisorischen Nationalversammlung am 28. Oktober 1945. Von diesen 143 „Dekreten des Präsidenten der Republik“ betrafen etwa ein Dutzend die Ausbürgerung, Vermögenskonfiskation und Bestrafung der deutschen (und ungarischen) Bevölkerungsgruppe in der ČSR. Obwohl die meist mit den Beneš-Dekreten verbundene Zwangsaussiedlung der Sudetendeutschen selbst in keinem der Erlasse explizit geregelt wurde, standen deren national diskriminierende Teile klar im Kontext der Vertreibung. Sie sind bis in die Gegenwart hinein politisch umstritten geblieben.


[Русская версия отсутствует]


von: Manfred Kittel, 2011


Wenn in deutsch-tschechischen Debatten von „den“ Beneš-Dekreten die Rede ist, geht es meist nicht um sämtliche 143 Verordnungen, die Staatspräsident Edvard Beneš nach der „Zerschlagung“ der Tschechoslowakei durch Hitler-Deutschland im Londoner Exil ab 1940 und vor allem nach Kriegsende in Prag bis zum Zusammentritt der provisorischen Nationalversammlung am 28. Oktober 1945 erließ. Insofern der Regelungsbereich der Präsidialdekrete in den meisten Fällen allgemein politische, soziale oder ökonomische Themen – wie etwa die Verstaatlichung der Schwerindustrie – erfasste, trifft die Bewertung tschechischer Historiker zweifellos zu, dass die „Notstandsgesetzgebung“ Benešs gleichsam die Brücke zwischen der ersten und der zweiten tschechoslowakischen Republik bildete.

Im Mittelpunkt des Interesses der bundesdeutschen Öffentlichkeit stehen jedoch jene, je nach Deutung, bis zu 13 national diskriminierenden Erlasse über Ausbürgerung, Vermögenskonfiskation und Bestrafung der deutschen und ungarischen Bevölkerungsgruppen in der ČSR sowie schließlich das sogenannte Straffreistellungsgesetz vom 8. Mai 1946. Dieses Gesetz erklärte „Handlungen, die mit dem Kampf um die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zusammenhängen“ – darunter auch Verbrechen gegen Angehörige der deutschen Minderheit 1945 – für straffrei. Es ist aber nicht mehr Teil der Beneš-Dekrete selbst.

Diese 13 bis heute umstrittenen Dekrete stehen so eindeutig im Kontext der Vertreibung, dass sie nur vor dem Hintergrund der tschechoslowakischen Politik gegenüber den Deutschen in den böhmischen Ländern 1945/46 und vor allem der grundsätzlichen Haltung Benešs sinnvoll diskutiert werden können – auch wenn die Zwangsaussiedlung selbst gar nicht explizit Gegenstand der Dekrete war. Eine entsprechende Verfügung wurde zwar im englischen Exil geplant, trat aber infolge einer britischen Intervention nicht in Kraft.

Bis heute wird teilweise als Argument für Legalität und Legitimität des national diskriminierenden Teils der Dekrete angeführt, die alliierten Siegermächte trügen die entscheidende Verantwortung für den „Transfer“ der Deutschen, der von Prag – ebenso wie von Warschau und Budapest – im Sinne des Potsdamer Beschlusses der „Großen Drei“ vom 2. August 1945 lediglich exekutiert worden sei. Allerdings war Beneš bereits in den krisenhaften Wochen vor dem Münchner Abkommen 1938 unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Sudetenpolitik zu der Überzeugung gelangt, die Zahl der Deutschen müsse um der politischen Stabilität der ČSR willen deutlich reduziert werden. In einem Frankreich vorgelegten Geheimplan vom 17. September 1938, dem sogenannten „Fünften Plan“, sprach er davon, die ČSR könne lediglich 1 bis 1,2 Millionen Deutsche beheimaten – und assimilieren. Gleichzeitig erklärte sich Beneš bereit, Gebiete in West- und Nordböhmen und im alten Österreichisch-Schlesien mit einer Bevölkerung von bis zu 900 000 Deutschen an das „Dritte Reich“ abzutreten, wenn dieses im Gegenzug rund eine Million Deutsche aufnähme.

Als Präsident der tschechoslowakischen Exilregierung in London plädierte Beneš dann in Fortentwicklung des „Fünften Planes“ zunächst dafür, die Zahl der Sudetendeutschen in der ČSR künftig um etwa die Hälfte zu reduzieren. Bei der Zwangsausweisung sollten individuelle Schuldkriterien zugrunde gelegt werden. Vertreter des britischen Foreign Office machten dagegen in internen Gesprächen (1942) geltend, dass die Orientierung an einem schwer zu objektivierenden Schuldkriterium den Umfang des anzustrebenden Bevölkerungstransfers beeinträchtigen müsse; zur Stabilisierung der Nachkriegstschechoslowakei sei die Aussiedlung von zwei Dritteln der sudetendeutschen Volksgruppe erforderlich. In den kommenden Jahren verschärfte die Exilregierung ihre Vertreibungspläne entsprechend, etwa im 10-Punkte-Plan Benešs vom November 1943. Über den Kreis der unbestrittenen Exponenten und Nutznießer des NS-Regimes einschließlich der Altfunktionäre der Sudetendeutschen Partei hinaus wurden auch Angehörige gesellschaftlicher Eliten (Juristen, Ingenieure, Lehrer), die nicht unbedingt aktiv an der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Tschechoslowakei beteiligt waren, zu Objekten einer künftigen Vertreibung erklärt.

Es trifft also zu, dass die von Beneš 1938 entwickelten Pläne, durch „nationale Entflechtung“ die Grundlagen einer stabilen Nachkriegsordnung zu legen, nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auf britischer (und auch auf amerikanischer) Seite aufgegriffen und zunächst sogar verschärft wurden. Angesichts der Entwicklung des Krieges und der Gräuel der NS-Besatzungspolitik gab es wenig Skrupel, den Deutschen das in der Glossar:Atlantik-Charta vom August 1941 eben erst wieder bekräftigte Selbstbestimmungsrecht der Völker vorzuenthalten. Die bedeutende Rolle auch der westlichen Alliierten für die Politik der Vertreibung ist somit nicht zu übersehen. Im Artikel XIII des Potsdamer Protokolls vom 2. August 1945 erteilten sie ausdrücklich ihre Zustimmung zur „Überführung der deutschen Bevölkerung oder von Bestandteilen derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland“.

Allerdings verfügte das Protokoll nicht nur eine „ordnungsgemäße und humane“ Durchführung der Maßnahmen, sondern es enthielt auch die Forderung, die Ausweisung der deutschen Bevölkerung so lange einzustellen, bis der Alliierte Kontrollrat das Problem geprüft habe. Zwei Monate nach der Potsdamer Konferenz stellte US-Außenminister James F. Byrnes in einem Telegramm an den amerikanischen Botschafter in Prag noch einmal klar, dass seine Regierung mit dem Beschluss nicht beabsichtigt habe, zu unterschiedslosen und ungeregelten Vertreibungen anzuregen. Im Fall des Sudetenlands war man davon ausgegangen, dass mindestens 800 000 „Nazigegner“ von der Vertreibung ausgenommen werden würden.

Der historische Befund ist somit klar: Die westlichen Alliierten hatten ihre Zustimmung zur Zwangsaussiedlung der Deutschen zwar vom Grundsatz her gegeben; nicht aber zu diesem Umfang und vor allem auch nicht zu der inhumanen Art und Weise, in der sie dann durchgeführt wurde.

Die organisierte Vertreibung hatte zudem gleich nach Kriegsende, lange vor dem Beginn der Potsdamer Konferenz am 17. Juli 1945, eingesetzt. Diese irreführenderweise „wilde Vertreibungen“ genannten Zwangsmaßnahmen durch „Nationalausschüsse“, „revolutionäre“ Milizen oder Polizei waren tatsächlich nur selten spontaner Ausdruck des „Volkszorns“. Sie waren vielmehr staatlich gelenkte Aktionen mit dem Ziel, vor Potsdam unumkehrbare Fakten zu schaffen und einem – zu Recht erwarteten – Nachlassen der (west-)alliierten Bereitschaft zur Vertreibung entgegenzuwirken. Einer wenige Wochen nach Kriegsende ergehenden Direktive des tschechoslowakischen Innenministers gemäß mussten grundsätzlich alle Personen ausgesiedelt werden, die sich bei der Volkszählung von 1930 (!) zur deutschen Nationalität bekannt hatten. Der Durchführung der „wilden Vertreibungen“ voraus gingen offenbar meist nur mündliche Übereinkünfte zwischen lokalen tschechoslowakischen Behörden und untergeordneten russischen Militärbefehlshabern jenseits der tschechisch-sächsischen Grenze in der SBZ, während im amerikanisch befreiten Teil der ČSR derartige Aktionen bezeichnenderweise unterblieben. Ca. 450 000 Deutsche wurden bereits in diesem Zeitraum aus der Tschechoslowakei vertrieben.

Vor dem Potsdamer Beschluss wurden auch die ersten jener umstrittenen Beneš-Dekrete erlassen, die im Zusammenhang mit dem Vertreibungsgeschehen stehen. So verfügte bereits das auf den 19. Mai 1945 datierende Präsidialdekret Nr. 5 vermögensrechtliche Einschränkungen gegen „Deutsche, Magyaren, Verräter und Kollaborateure“, die faktisch eine Enteignung bedeuteten. Das Dekret Nr. 12 vom 21. Juni 1945 ordnete im Bereich des landwirtschaftlichen Vermögens die sofortige entschädigungslose Enteignung „aller Personen deutscher und magyarischer Nationalität, ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit“ an. Es richtete sich also, wie Tomáš Stanek es ausgedrückt hat, „de facto allein gegen eine bestimmte Gruppe von Staatsbürgern alleine wegen ihrer Volkszugehörigkeit“. Aus dem radikalen Enteignungsgesetz klang die Sprache der Revolution, aber es wandte sich – noch – nicht im kommunistischen Sinne gegen den Klassenfeind, sondern entsprang dem Geist eines extremen Nationalismus. Auch wenn spätere Dekrete zur Ausbürgerung von Staatsbürgern deutscher und ungarischer Nationalität (Nr. 33) oder zur Konfiskation ihres Vermögens (Nr. 108) erst am 2. August 1945 bzw. am 25. Oktober 1945, also nach dem Potsdamer Beschluss, erlassen wurden, kann die machtpolitisch entscheidende Rolle der Siegermächte bei der Zwangsaussiedlung der Deutschen nicht über die Mitverantwortung der Machthaber in Prag für die – bereits vor Potsdam einsetzende – Vertreibungspolitik hinwegtäuschen.

Das tschechische Interesse am sogenannten „Abschub“ (Odsun) der Deutschen hatte eine Reihe von Gründen. Zum einen warf man den Sudetendeutschen vor, in der Zeit vor dem Münchner Abkommen 1938 als Hitlers „Fünfte Kolonne“ agiert und sich nahezu kollektiv der Illoyalität gegenüber dem tschechoslowakischen Staat schuldig gemacht zu haben. Hinzu kamen die traumatischen Erfahrungen des Münchner Abkommens selbst sowie der Jahre unter nationalsozialistischer Besatzungsherrschaft. Die rassistischen Pläne Berlins zur „Entvolkung“ des tschechischen Siedlungsgebietes wurden zwar nicht realisiert, und der Besatzungsterror in Böhmen und Mähren nahm „keine so ausgeprägte Form“ wie etwa in Polen an (Václav Kural), doch erreichte er vor allem unter dem stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich und in den Racheaktionen nach dessen Tod 1942 allemal Dimensionen, die historisch erklärbar machen, weshalb Beneš 1945 die Auffassung vertreten konnte: „Das deutsche Volk hat in diesem Krieg aufgehört menschlich zu sein, menschlich erträglich zu sein.“[1] Da der Staatspräsident sämtliche Brücken zwischen beiden Völkern durch die deutsche Seite für immer niedergerissen sah, erklärte er ein weiteres Zusammenleben in der Zukunft für unmöglich.

Beneš selbst gab indes gleichzeitig zu verstehen, dass dem Ziel, das „deutsche Problem“ in der tschechoslowakischen Republik definitiv zu lösen, nicht ausschließlich Erfahrungen mit der NS-Diktatur zu Grunde lagen, sondern historisch tiefer liegende Motive des Nationalitätenkonflikts ebenfalls eine Rolle spielten: „Erinnert Euch dessen, was uns durch die Germanisierung über diese ganzen Jahrhunderte seit der Hussitenzeit geschehen ist ...“.[2] Ministerpräsident Zdeněk Fierlinger sprach im Mai 1945 gar von einem „deutschen Problem“, das die Tschechen schon tausend Jahre lang bedrückt habe und nun ein- für allemal gelöst werden könne und müsse. Tatsächlich war das jahrhundertelange deutsch-tschechische Zusammenleben in den böhmischen Ländern bei weitem nicht so schlecht gewesen, wie es jetzt gemacht wurde, doch die kurz zurückliegenden traumatischen Erfahrungen überschatteten am Ende des Weltkrieges alles.

In der späteren Debatte um die national diskriminierenden Bestimmungen der Beneš-Dekrete, die im Vorfeld des tschechischen EU-Beitritts besonders intensiv geführt wurde, hat das Prager Parlament in einer Resolution vom April 2002 die Parallelen zur Nachkriegsgesetzgebung westlicher Staaten unterstrichen. Doch sind diese wohl eher formaler Art. Anders als in den westlichen Staaten 1945 hatte die in den Beneš-Dekreten normierte politische Säuberung in Form der Enteignung „feindlichen Vermögens“ oder individueller strafrechtlicher Verfolgung von Nazi-Kollaborateuren (Dekret Nr. 16) letztlich nur eine untergeordnete, teilweise instrumentell wirkende Funktion im größeren Gesamtprozess einer faktisch „ethnischen Säuberung“.


Text: CC BY-SA 4.0

  1. Beneš, Rede in Brünn, 12. Mai 1945, zit. nach Detlef Brandes, Der Weg zur Vertreibung 1938–1945: Pläne und Entscheidungen zum „Transfer“ der Deutschen aus der Tschechoslowakei und aus Polen. Oldenbourg, München 2001, S. 377.
  2. Lidová Democracie, 17. Juni 1945

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5. Dekret des Präsidenten der Republik vom 19. Mai 1945[ ]

über die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Handlungen aus der Zeit der Unfreiheit und über die nationale Verwaltung von Vermögenswerten von Deutschen, Ungarn, Verräter und Kollaboranten sowie einiger Organisationen und Anstalten.

Auf Antrag der Regierung bestimme ich:

§ 1.

(1) Eigentumsübertragungen und vermögensrechtliche Handlungen jeder Art, die nach dem 29. September 1938 unter dem Druck der Okkupation oder nationaler, rassischer oder politischer Verfolgung, sei es das bewegliche oder unbewegliche, das öffentliche oder private Vermögen betreffend vorgenommen worden sind, sind ungültig.

(2) Die Art der Geltendmachung von Ansprüchen, die sich aus Absatz 1 ergeben, wird durch ein besonderes Dekret des Präsidenten der Republik geregelt werden, soweit dies nicht schon durch dieses Dekret geschieht.

§ 2.

(1) Das Vermögen staatlich unzuverlässiger Personen im Gebiete der Tschechoslowakischen Republik wird unter nationale Verwaltung nach den weiteren Bestimmungen dieses Dekrets gestellt.

(2) Als Vermögen staatlich unzuverlässiger Personen gilt auch das von diesen Personen nach dem 29. September 1938 übertragen Vermögen, es sei denn, daß der Erwerber nicht wußte, daß es sich um ein derartiges Vermögen handelte.

§ 3.

Die nationale Verwaltung wird über alle Unternehmungen (Werke) und über alle Vermögensmassen, wo dies die laufende Produktion und das Wirtschaftsleben es erfordern, insbesondere über verlassene Werke, Unternehmungen und Vermögensmassen, oder solche, die sich in Besitz, Verwaltung, Miete oder Pacht staatlich unzuverlässiger Personen befinden, verhängt.

§ 4.

Als staatlich unzuverlässige Personen gelten:

a) Personen deutscher oder ungarischer Nationalität.

b) Personen, die eine gegen die Souveränität, Selbständigkeit, Unversehrtheit, demokratisch-republikanische Staatsform, Sicherheit und Verteidigung der Tschechoslowakischen Republik gerichtete Tätigkeit ausgeübt haben, Personen, die zu einer derartigen Tätigkeit aufgereizt haben oder andere Personen hierzu zu verleiten versuchten und bewußt in welcher Weise immer die deutschen und ungarischen Besatzungsmächte unterstützt haben. Als solche Personen gelten zum Beispiel die Mitglieder der „Flagge“ [Vlajka], der Heimwehr [Rodobrana], der Sturmabteilungen der Hlinkagarde, die führenden Funktionäre der Vereinigung für Zusammenarbeit mit den Deutschen, der Tschechischen Liga gegen den Bolschewismus, des Kuratoriums für Erziehung der tschechischen Jugend, der slovakischen Hlinka-Volkspartei, der Hlinkagarde, der Hlinkajugend, der Nationalen Angestellten Fachzentrale, des Verbandes für Land- und Forstwirtschaft, der Deutsch-Slovakischen Gesellschaft und anderer faschistischer Organisationen ähnlichen Charakters.

§ 5.

Von den juristischen Personen gelten diejenigen als staatlich unzuverlässig, deren Verwaltung absichtlich und bewußt der deutschen oder ungarischen Kriegführung, oder faschistischen und nazistischen Zwecken gedient haben.

§ 6.

Als Personen deutscher oder ungarischer Nationalität gelten Personen, welche sich anläßlich irgendeiner Volkszählung seit dem Jahre 1929 zur deutschen oder ungarischen Nationalität bekannt haben oder Mitglied der Volksgruppen oder von deutschen oder ungarischen politischen Parteien geworden sind.

§ 7.

(1) Zur Verhängung der nationalen Verwaltung sind zuständig:

a) bei Geldinstituten und -Unternehmungen der Landes-Nationalausschuß, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat,

b) bei Grubenunternehmen der für das Revier zuständige Kreis-Nationalrat, bei den Zentralorganen der Bergwerksgesellschaften der zuständige Landes-Nationalausschuß, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat,

c) bei Industrie-Handels- und anderen gewerblichen Unternehmung

aa) bei einer Beschäftigtenzahl bis 20 der Orts-Nationalausschuß,

bb) bei einer Beschäftigtenzahl von 21 bis 300 der Kreisnationalausschuss,

cc) bei einer höheren Beschäftigtenzahl der Landes-Nationalausschuss, in der Slowakei der Slowakische N.R.

Für die Feststellung der Beschäftigtenzahl ist der normale Betrieb im Jahre 1943 maßgebend.

d) Bei land- und forstwirtschaftlichem Besitz:

aa) Bei einem Ausmaß bis zu 50 ha der Orts-Nationalausschuss,

bb) bei einem Ausmaß über 50 ha bis 100 ha der Kreisnationalausschuss,

cc) bei einem 100 ha übersteigenden Ausmaß der Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat.

e) Bei Wohnhäusern und Bauparzellen der Orts-Nationalausschuss; übersteigt jedoch der Wert 5.000.000 K, der Kreisnationalausschuss.

f) Bei jedwedem anderen Besitz:

aa) Bei einem Wert bis zu 500.000 K der Orts-Nationalausschuss,

bb) bei einem Wert von mehr als 500.000 K, aber unter 5 Millionen Kronen der Kreis-Nationalausschuss,

cc) bei einem Wert von mehr als 5 Millionen Kronen der Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat.

g) Sind die unter a) bis f) angeführten Unternehmungen und Besitztümer im ganzen Staatsgebiet tätig, so wird die nationale Verwaltung vom ressortmäßig zuständigen Ministerium verhängt.

(2) Ist der Wert der Besitztümer, unter Buchstabe e) und f), über die nationale Verwaltung verhängt ist, streitig, so wird er mit endgültiger Wirkung vom übergeordneten Organ bestimmt.

(3) In Gemeinden und Kreisen, wo anstelle von National-Ausschüssen Verwaltungskommissionen bzw. Verwaltungskommissare ernannt werden, obliegt diesen die Verhängung der nationalen Verwaltung.

§ 8.

(1) Die Entscheidungen gemäß § 7 werden bei den in § 7 Buchst. a), b), c), d) anfgeführten Unternehmen im Einvernehmen mit dem Betriebsausschuss (Betriebsrat) oder mit anderen Arbeitnehmervertretern der Betriebe getroffen. Kommt es zu keiner Einigung, so entscheidet das übergeordnete Organ.

(2) Bei 50 ha übersteigenden land- und forstwirtschaftlichen Besitztümern erfolgt die Entscheidung nach Anhörung der zuständigen Orts-Nationalausschüsse.

§ 9.

Bei Gefahr im Verzuge - besondere dann, wenn es sich um ein verlassenen Betrieb handelt oder wenn staatlich unzuverlässige Personen in den Besitz oder Betrieb eingreifen, sind die Kreis-Nationalausschüsse auch bei sonstiger Unzuständigkeit berechtigt, einen einstweiligen Nationalverwalter bis zur Entscheidung nach § 7 zu bestellen.

§ 10.

(1) Der zuständige Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat, kann nach Anhörung des Betriebsausschusses, wenn es das öffentliche Interesse erfordert, von amtswegen die Entscheidung des Kreis-Nationalausschusses oder Orts-Nationalausschusses über die Verhängung von nationaler Verwaltung oder die Bestellung von Nationalverwaltern abändern oder andere Maßnahmen treffen.

(2) Der zuständige Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat, trifft auch Maßnahmen zur Verhängung nationaler Verwaltung dort, wo sie der Kreis- oder Orts-Nationalausschuss dies nicht getan hat oder nicht tun konnte.

§ 11.

Die nationale Verwaltung wird aufgehoben, wenn die Gründe, die zu ihrer Verhängung geführt haben, weggefallen sind. Sie wird von der gleichen Stelle, die sie verhängt hat, aufgehoben.

§ 12.

(1) Nationale Verwaltung auf Zeit ist zu verhängen bei allen genossenschaftlichen Unternehmungen und Organisationen (landwirtschaftliche, Konsum-, Geld- usw.) Diese nationale Verwaltung sichert neben der ordentlichen Führung dieser Unternehmungen innerhalb von 4 Wochen die Durchführung von Wahlen der neuen Verwaltung.

(2) Nationale Verwaltung auf Zeit verhängt bei Genossenschaften, deren Betätigungsfeld das Ortsgebiet nicht überschreitet, der Orts-Nationalausschuss, bei Genossenschaften, deren Betätigungsfeld das Orts- aber nicht Kreisgebiet überschreitet, der Kreis-Nationalausschuss, bei allen anderen Genossenschaften der Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat.

(3) Vor der Verhängung der nationalen Verwaltung auf Zeit sind nach Möglichkeit die Genossenschafter zu hören.

(4) Die nationale Verwaltung auf Zeit wird beendet, sobald die Genossenschafter eine neue Verwaltung gewählt haben.

§ 13.

Aus wichtigen Gründen kann der zuständige Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat, eine nationale Verwaltung auch in Fach-, Wirtschafts-, Kultur- und Interessenorganisationen verhängen.

§ 14.

(1) Die Entscheidungen über die Verhängung nationaler Verwaltung und deren Aufhebung und über die Bestellung und Abberufung von Nationalverwaltern müssen schriftlich ergehen.

(2) Eine Abschrift der Entscheidung ist dem Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei dem Slovakischen Nationalrat, zuzustellen

§ 15.

Aufgrund einer Entscheidung nach § 14 nimmt von amtswegen vor:

a) Bei Grundstücken, das zuständige Grundbuchgericht die Anmerkung der nationalen Verwaltung im Grundbuch.

b) Bei Berggerechtssamkeiten das zuständige Gericht bzw. Amt, die Anmerkung der nationalen Verwaltung in die Bergbücher bzw. Verzeichnisse.

c) Bei Unternehmungen (Betrieben), die in das Handels- (Genossenschafts-) Register, in der Slovakei in das Firmenregister eingetragen sind, das zuständige Gericht die Anmerkung der nationalen Verwaltung in das Handels- (Gesellschafts-) Register, in der Slowakei in das Firmenregister.

§ 16.

(1) Zu Nationalverwaltern sollen nur Personen bestellt werden, die über die erforderlichen Fach- und praktischen Kenntnisse verfügen und moralisch einwandfrei und staatlich zuverlässig sind.

(2) In der Regel soll zum Nationalverwalter weder ein Schuldner noch ein Gläubiger des Unternehmens (Betriebs) oder der Vermögensmasse bestellt werden, es sei denn, dass das nach § 7 zuständige Organ begründet anders entscheidet.

(3) Die nationale Verwaltung soll in der Regel von geeigneten Arbeitnehmern des betreffenden Betriebes durchgeführt werden.

(4) Zu Nationalverwaltern dürfen Mitglieder der nach § 7 zuständigen Nationalausschüsse nicht bestellt werden.

§ 17.

(1) Bei kleineren Besitztümern, Kleinbetrieben, bei kleineren gewerblichen Betriebsstätten u. ä. kann ein einziger Verwalter für mehrere Unternehmen bzw. Vermögensmassen bestellt werden.

(2) Erfordert dies der Umfang der nationalen Verwaltung, so kann das nach § 7 zuständige Organ als Nationalverwalter ein bis zu 4 Köpfen starkes Gremium bestellen, welches die Verwaltung nach dem Mehrheitsprinzip führt.

§ 18.

Vor Amtsantritt leisten die Nationalverwalter dem nach § 7 zuständigen Organ das Gelöbnis, daß sie ihre Verpflichtungen gewissenhaft und nach den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns im Einklang mit den wirtschaftlichen, nationalen und anderen öffentlichen Interessen erfüllen werden.

§ 19.

Die Nationalverwalter haben in Ausübung ihrer Tätigkeit die Stellung von öffentlichen Organen im Sinne des § 68 des StGB vom 27. Mai 1852 Nr. 117 RGBl., § 461 Ges. Art. V/1878 bzw. § 5 Ges. Art. XI/1914.

§ 20.

(1) Rechtsgeschäfte von Eigentümern, Besitzern und Vermögensverwaltern von unter nationale Verwaltung fallenden Besitztümern, die deren Bestand berühren und die nach Inkrafttreten dieses Dekrets vorgenommen werden, sind ungültig.

(2) Die bisherigen Eigentümer, Besitzer und Vermögensverwalter der der nationalen Verwaltung unterliegenden Werte sind verpflichtet, sich jedweder Eingriffe in die Verwaltung des Nationalverwalters zu enthalten.

§ 21.

Der Nationalverwalter verwaltet das unter nationale Verwaltung fallende Gut und ist berechtigt und verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, die zur ordentlichen Verwaltung erforderlich sind. Er ist verpflichtet, wie ein ordentlicher Kaufmann zu handeln und haftet für jeden Schaden, der infolge Vernachlässigung seiner Pflichten entsteht.

§ 22.

(1) Der Nationalverwalter ist verpflichtet, den nach § 7 zuständigen Organen über seine Tätigkeit zu den von diesen gesetzten Fristen Rechnung zu legen und jederzeit alle erforderlichen oder angeforderten Berichte und Erläuterungen abzugeben.

(2) Zu Maßnahmen, die nicht zum ordentlichen Geschäftsbetrieb gehören und für alle besonders wichtigen Handlungen, zur Vermietung oder Verpachtung, zur Aufnahme von Darlehen, zu grundbücherlichen Belastung, zur Liquidation u. ä. bedarf er der Zustimmung des nach § 7 zuständigen Organs.

(3) Das nach § 7 zuständige Organ überwacht die Geschäftsgebarung des Nationalverwalters.

(4) Der Nationalverwalter ist verpflichtet, Richtlinien, die ihm das nach § 7 zuständige Organ oder der übergeordnete Landes-Nationalausschuss, in der Slovakei der Slovakische Nationalrat, bzw. bei Unternehmen (Betrieben) mit gesamtstaatlichem Betätigungsfeld das zuständige Ressort-Ministerium erteilt, zu befolgen.

§ 23.

Der Nationalverwalter hat Anspruch auf Ersatz seiner Barauslagen und auf eine Vergütung, deren Höhe das nach § 7 zuständige Organ bestimmtt. Diese Kosten gehen zu Lasten der verwalteten Masse.

§ 24.

(1) Unter nationale Verwaltung genommener Besitz von Arbeitern, Landwirten, Gewerbetreibenden, kleinen und mittleren Unternehmern, Beamten, Angehörigen der freien Berufe und Personen ähnlicher sozialer Stellung, die den Besitz im Zuge nationaler, politischer oder rassischer Verfolgung verloren haben, wird – soweit es sich nicht um in § 4 angeführte Personen handelt, von der nationalen Verwaltung ausgenommen und sofort den ehemaligen Eigentümern bzw. deren Erben zurückzugeben.

(2) Auch die in § 4 Abs. a) genannten Personen können, soweit es sich um Arbeiter, Landwirte, Gewerbetreibende, kleine und mittlere Unternehmer, Beamte, Angehörige der freien Berufe und Personen in ähnlicher sozialer Stellung bzw. deren Erben handelt, Antrag auf Befreiung ihres Besitzes von der nationalen Verwaltung und dessen Rückgabe stellen, wenn sie glaubwürdig nachweisen, daß sie Opfer politischer oder rassischer Verfolgung waren und der demokratisch-republikanischen Staatsgedanken der Tschechoslowakischen Republik treu geblieben sind.

(3) Hierüber entscheidet auf Antrag das nach § 7 zuständige Organ.

(4) Der übrige sichergestellte Besitz verbleibt bis zu einer neuen gesetzlichen Regelung unter nationaler Verwaltung.

§ 25.

(1) Gegen Entscheidungen des Orts-Nationalausschusses ist Berufung an den Kreis-Nationalausschuß zulässig, der endgültig entscheidet.

(2) Gegen die Entscheidungen des Kreis-Nationalausschusses als erste Instanz ist Berufung an den Landes-Nationalausschuß, in der Slovakei zum Slovakischen Nationalrat zulässig.

(3) Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 26.

Wenn es sich nicht um eine strenger zu bestrafende Handlung handelt, so wird als Vergehen mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren und Geldstrafe bis zu 10 Millionen Kronen, eventuell mit gänzlichem oder teilweisen Vermögensverfall bestraft:

a) jeder, der die Bestimmungen dieses Dekrets verletzt oder umgeht, insbesondere wer die Tätigkeit des Nationalverwalters behindert oder unmöglich macht,

b) der Nationalverwalter, der vorsätzlich oder grobfahrlässig irgendeine Pflicht, die ihm durch die vorstehenden Bestimmungen auferlegt ist, verletzt.

§ 27.

Die Regierung wird ermächtigt, die finanziellen Mittel zur Sicherstellung des Betriebs der unter nationaler Verwaltung stehenden Unternehmen (Betriebe), deren Weiterführung im Interesse des wirtschaftlichen Lebens geboten ist, bereitzustellen.

§ 28.

(1) Dieses Dekret wird mit seiner Verkündung wirksam.

(2) Mit seiner Durchführung wird die Regierung beauftragt.

Dr. Edvard Beneš e.h.
Zd. Fierlinger e.h.

Gottwald e.h., Svoboda e.h., Šrámek e.h., Nejedlý e.h., David e.h., V. Kopecký e.h., Ján Ursíny e.h., Gen. Hasal e.h., Široký e.h., Frant. Hála e.h., Václ. Nosek e.h., J. Stránský e.h., Dr. V. Šrobár e.h., V. Majer e.h., Pietor e.h., B. Laušman e.h., Dr. H. Ripka e.h., Dr. V. Clementis e.h., auch für Minister J. Masaryk, J. Ďuriš e.h., Dr. Šoltész e.h., Gen. Dr. Ferjenčík e.h., A. Procházka e.h., J. Lichner e.h.


33. Verfassungsdekret des Präsidenten der Republik vom 2. August 1945[ ]

über die Regelung der Staatsbürgerschaft von Personen deutscher und magyarischer Nationalität.

Auf Antrag der Regierung und in Abstimmung mit dem Slowakischen Nationalrat verordne ich:

§ 1.

(1) Tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer Nationalität, die nach den Vorschriften einer ausländischen Besatzungsmacht die deutsche oder magyarische Staatsangehörigkeit erlangt haben, haben mit dem Tag der Erwerbung dieser Staatsangehörigkeit die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren.

(2) Andere tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer Nationalität verlieren die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft an dem Tag, an dem dieses Dekrets in Kraft tritt.

(3) Dieses Dekret bezieht sich nicht auf Deutsche und Magyaren, die sich zur Zeit der erhöhten Bedrohung der Republik (§ 18 des Dekrets des Präsidenten der Republik vom 19. Juni 1945, Nummer 16 Slg., über die Bestrafung nazistischer Verbrecher, Verräter sowie deren Gehilfen und über außerordentliche Volksgerichte) in amtlicher Meldung als Tschechen oder Slowaken meldeten.

(4) Tschechen, Slowaken oder Angehörige anderer slawischer Nationen, die sich zu dieser Zeit, genötigt durch Druck oder durch besondere berücksichtigungswerte Umstände, als Deutsche oder Magyaren gemeldet habe, werden nach diesem Dekret nicht als Deutsche oder Magyaren angesehen, sofern das Innenministerium die Beglaubigung der nationalen Zuverlässigkeit anerkennt, die der zuständige Kreisnationalausschuss (Kreisverwaltungskommission) nach der Überprüfung der angegebenen Fakten erteilt.

§ 2.

(1) Den Personen, die unter die Bestimmung von §1 fallen und nachweisen, dass sie der Tschechoslowakischen Republik treu waren, sich niemals am tschechischen und slowakischen Volk vergangen haben und sich entweder aktiv am Kampf für ihre Befreiung beteiligten, oder unter den nazistischen oder faschistischen Terror gelitten haben, bleibt die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft erhalten.

(2) Ein Antrag zur Feststellung, dass die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft erhalten bleibt, kann innerhalb von sechs Monate ab dem Zeitpunkt, da dieses Dekret seine Wirksamkeit erlangt, beim zuständigen örtlichen Kreisnationalausschuss (Kreisverwaltungskommission) oder, sofern der der Antragssteller im Ausland wohnt, bei der Auslandsvertretung eingereicht werden. Darüber entscheidet das Innenministerium auf Vorschlag des Landesnationalausschusses, in der Slowakei der Nationalrat. Bis zur Klärung des Antrags sind diese Personen als tschechoslowakische Staatsbürger zu betrachten, sofern ihnen der Kreisnationalausschuss (Kreisverwaltungskommission) oder die Auslandsvertretung eine Bescheinigung zu den Umständen, die in den vorangehenden Absatz angeführt wurden, erteilt hat.

(3) Über den Erhalt der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft von Angehörigen tschechoslowakischer Militäreinheiten, die deutscher oder magyarischer Nationalität sind, entscheidet von Amtswegen in kürzester Zeit das Innenministerium auf Antrag des Ministeriums für Nationale-Verteidigung. Bis zur Entscheidung durch die Behörden sind sie als tschechoslowakische Staatsbürger zu betrachten.

§ 3.

(1) Personen, die nach § 1 die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit verloren haben, können bis zu sechs Monate von dem Tag an, der durch Bekanntmachung des Innenministerium bestimmt und in der Sammlung von Gesetzen und Verordnungen veröffentlicht wird, beim zuständigen örtlichen Kreisnationalausschuss (Kreisverwaltungskommission) oder der Auslandsvertretung ihre Wiedererteilung beantragen. Über einen solchen Antrag befindet nach freiem Ermessen das Innenministerium auf Antrag des Landesnationalausschuss, in der Slowakei der Slowakische Nationalrat; dem darf nicht entsprochen werden, wenn der Antragssteller die Pflichten eines tschechoslowakischen Staatsbürgers verletzt hat. Sofern nicht anders durch eine Regierungsverordnung geregelt, gelten auch in diesen Fällen die allgemeinen Vorschriften für den Erwerb der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft.

§ 4.

(1) Für die Zwecke dieses Dekretes werden Ehefrauen und minderjährige Kinder gesondert beurteilt.

(2) Anträge nach § 3, die Ehefrauen und minderjährige Kinder tschechoslowakischer Staatsbürger stellen, sind wohlwollend zu beurteilen. Bis zur Entscheidung sind die Antragssteller als tschechoslowakische Staatsbürger anzusehen.

§ 5.

Tschechen, Slowaken und Angehörige anderer slawischer Nationen, die sich in der Zeit der erhöhten Bedrohung der Republik, (§ 18 des Dekretes des Präsidenten der Republik Nr. 16/1945 Sog.) ohne dass sie durch Druck oder besondere Umstände dazu gezwungen waren, um die Erteilung der deutschen oder magyarischen Staatsbürgerschaft bemüht haben, büßen an dem Tag, an dem dieses Dekret in Kraft tritt, ihre tschechoslowakische Staatsbürgerschaft ein.

§ 6.

Dieses Dekret tritt mit dem Tag der Verkündung in Kraft; vollstreckt wird es vom Innenministerium in Absprache mit den Ministerien für Auswärtige Angelegenheit und der Nationalen Verteidigung.

Dr. Beneš e.h.
Fierlinger e.h.

Masaryk e.h., Gen. Svoboda e.h., Nosek e.h.

Hier nach: 1.) Sbírka zákonů a nařízení státu Československého, Jg. 1945, Teil 4, herausgegeben am 23. Mai 1945, S. 7–10; Übersetzung: Leo Witrzens; 2.) Sbírka zákonů a nařízení republiky Československé, Jg. 1945, Teil 17, herausgegeben am 10. August 1945, S. 57-58; Übersetzung: Benjamin Müller.


[Русская версия отсутствует]



1.) Sbírka zákonů a nařízení státu Československého, Jg. 1945, Teil 4, herausgegeben am 23. Mai 1945, S. 7–10. 2.) Sbírka zákonů a nařízení republiky Československé, Jg. 1945, Teil 17, herausgegeben am 10. August 1945, S. 57-58. Gemeinfrei (amtliches Werk).

1.) Sbírka zákonů a nařízení státu Československého, 1945, Часть 4, вып. 23 мая 1945 г., с. 7–10. 2.) Sbírka zákonů a nařízení republiky Československé, 1945, Часть 17, вып. 10 августа 1945 г., с. 57-58. Общественное достояние (официальный документ).

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